"Die Rechtsbeschwerde war zur Sicherung einer einheitlichen Rspr. zuzulassen. Zwar gilt nach § 80 Abs. 3 OWiG, dass grds. im Rechtsbeschwerdeverfahren nur solche Verfahrenshindernisse relevant sind, die nach Erlass des angefochtenen Urteils eingetreten sind. Die Verfolgungsverjährung ist jedoch im Zulassungsverfahren dann zu prüfen, wenn es wegen dieser Frage geboten ist, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (vgl. dazu Göhler-Seitz, 16. Aufl., § 80 Rn 24). Dies ist hier der Fall. Die vom AG vertretene Auffassung widerspricht der höchstrichterlichen Rspr. zur Frage der Verlängerung der Verjährung gem. § 26 Abs. 3 Hs. 2 StVG. Zwar rechtfertigt allein eine Fehlentscheidung eine Zulassung der Rspr. zur Sicherung einer einheitlichen Rspr. nicht, sondern nur dann, wenn eine Wiederholungsgefahr besteht (vgl. dazu Göhler-Seitz, a.a.O., § 80 Rn 5 ff.; OLG Oldenburg DAR 2012, 93). Von einer solchen Wiederholungsgefahr ist hier auszugehen, da die maßgebliche Rechtsfrage bereits höchstrichterlich entschieden worden ist (vgl. dazu grundlegend BGHSt 46, 261 sowie nachfolgend etwa OLG Bamberg, Beschl. v. 12.12.2005 – 3 Ss (OWi) 1354/05), diese Rspr. dem AG aufgrund des vorherigen Hinweises durch den Verteidiger bekannt war und der Amtsrichter trotzdem von dieser Entscheidung abgewichen ist. Ein Sicherungsbedürfnis ist daher in diesem Ausnahmefall zu bejahen (vgl. auch KK-Senge, OWiG, 4. Aufl., § 80 Rn 15)."
Nach § 80a Abs. 3 S. 1 OWiG war das Verfahren daher zugleich dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern zu übertragen. Auf die zugelassene Rechtsbeschwerde war das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren einzustellen.
Bereits vor Urteilsverkündung war Verfolgungsverjährung gem. § 31 Abs. 1 S. 1 OWiG eingetreten. Die Verjährungsfrist betrug für den verfahrensgegenständlichen Verstoß drei Monate gem. § 26 Abs. 3 Hs. 1 StVG. Zu einer Verlängerung der Verjährungszeit auf sechs Monate ist es nicht gekommen, denn der Bußgeldbescheid ist nicht innerhalb von zwei Wochen ab Erlass wirksam zugestellt worden. Sowohl für die Verlängerung der Frist auf sechs Monate gem. § 26 Abs. 3 Hs. 2 StVG als auch für die Unterbrechung der Verjährung nach § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG ist nicht nur ein wirksamer Bußgeldbescheid, sondern auch dessen wirksame Zustellung erforderlich (vgl. dazu BGHSt 45, 261: OLG Celle NZV 2012, 46; OLG Bamberg a.a.O.; Göhler-Gürtler, a.a.O., § 33 Rn 35a; a.A.: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl,, § 26 StVG Rn 7). Eine wirksame Zustellung des Bußgeldbescheides liegt hier nicht vor. Nach dem Vortrag der Betroffenen und nach der Auskunft des Einwohnermeldeamtes Y sowie der Stadt X vom 7.8.2014 wohnte die Betroffene ab dem 30.4.2014 in X.
Der Zustellungsmangel ist durch das Faxen des Bescheides von der Mutter der Betroffenen an den Verteidiger auch nicht gem. § 51 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 8 VwZG durch einen nachträglichen tatsächlichen Zugang beim Empfangsberechtigten geheilt worden. Es entspricht st. Rspr. der hiesigen Bußgeldsenate, das eine wirksame Zustellung an den Verteidiger jedenfalls voraussetzt, dass der Bußgeldbescheid erkennbar an ihn adressiert ist (vgl. OLG Celle, a.a.O.). Hier war der Bußgeldbescheid jedoch an die Betroffene adressiert. Nach Aktenlage hat die Betroffene selbst den Bußgeldbescheid zu keinem Zeitpunkt erhalten. Es ist auch nicht erkennbar, dass weitere Aufklärungsmaßnahmen dazu Erfolg versprechen würden Damit ist es nicht zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist auf sechs Monate gekommen.
Anders als die Verteidigung meint, ist Verjährung damit allerdings nicht schon drei Monate nach dem Datum der Anhörung am 16.4.2014 eingetreten. Denn die weiteren Unterbrechungstatbestände des § 33 Abs. 1 OWiG entfalten ihre Wirkung unabhängig davon, ob die Zustellung des Bußgeldbescheides wirksam war. So ist auch das OLG Bamberg in der von der Verteidigung zitierten Entscheidung davon ausgegangen, dass durch den Eingang der Akten beim AG gem. § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 10 OWiG, sofern diese innerhalb der Dreimonatsfrist erfolgt, die Verjährung – erneut – wirksam unterbrochen wird. Eine solche Verjährungsunterbrechung durch Eingang der Akten beim AG ist auch hier erfolgt. Der Eingang der Akten beim AG war am 8.7.2014, mithin innerhalb der Dreimonatsfrist seit dem 16.4.2014. Eine weitere Verjährungsunterbrechung kann durch eine nachfolgende Terminanberaumung erfolgen, vgl. OLG Bamberg, a.a.O. Auch dies ist geschehen, nämlich durch die Terminierung am 11.8.2014. Die nächste Unterbrechungshandlung, nämlich die nächste Anberaumung einer Hauptverhandlung gem. § 33 Abs. 1 Nr. 11 OWiG erfolgte dann jedoch erst am 22.12.2014, mithin zu einem Zeitpunkt, als die Dreimonatsfrist seit dem 11.8.2014 bereits abgelaufen war. Die Verjährungsfrist endete daher am 10.11.2014.
Wegen dieses Verfahrenshindernisses war das Verfahren daher gem. § 46 OWiG i.V.m. § 260 Abs. 3 StPO einzustellen. Gemäß § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG i.V.m. § 354 Abs. 1 StPO konnte die Einstellung des Verfahrens durch den Senat selbst ausgesprochen werd...