Wer eine Kreuzfahrt bucht, der bucht in der Regel eine Pauschalreise mit einem breit gefächerten Leistungsangebot. Für Abweichungen von den vertraglich vorgesehenen Leistungen haftet in der Regel der Reiseveranstalter. Allerdings muss auch der Reisende einige Regeln beachten, um seine Ansprüche auch durchsetzen zu können.
Beengte Kabinenverhältnisse sind auf Kreuzfahrtschiffen die Regel
Die Haftung des Veranstalters setzt gemäß § 651 i BGB zunächst einen Mangel der Reise, d.h. eine nicht den vertraglichen Vereinbarungen entsprechende Reisdurchführung voraus. Aber nicht alles, was ein Passagier als Mangel empfindet, wird auch von den Gerichten so eingestuft. So hatte eine Klägerin beim AG Frankfurt für sich und ihren Ehemann die Kreuzfahrt „Lebenstraum Hurtigruten“ gebucht und zahlte dabei einen Aufpreis von 700 Euro für die Außenkabine:
„Superior … mit malerischem Meerblick … und einem Fenster für das Genießen privater Nordlandmomente…“
Nach Antritt der Kreuzfahrt stellte sich heraus, dass der malerische Meerblick durch eine breite Reling vor dem Kabinenfenster deutlich eingeschränkt war. Das Bett der Luxuskabine war extrem beengt und sehr hoch eingebaut und am Fußende nur 25 cm von der Kabinenwand entfernt. Das AG Frankfurt bewertete diese Eigenschaften der Kabine nicht als Mangel, da die Ausführung der Passagierkabine für ein Kreuzfahrtschiff typisch sei. Dies gelte sowohl für die beengten Platzverhältnisse in der Kabine als auch für den durch eine Reling eingeschränkten Meerblick (AG Frankfurt, Urteil v. 4.7.2018, 29 C 404/18).
Weicht die Größe der Kabine mehr als 10 % von den Prospektangaben ab, so ist dies allerdings ein Mangel. Abweichungen bis 10 % sind demgegenüber hinzunehmen (AG Hamburg, Urteil v. 6.9.2017, 17a C 54/17).
Beispiele für Mängel auf Kreuzfahrtreisen
Was ist klaglos hinzunehmen und was senkt vor Gericht den Reisepreis?
- Ständige Geräuschbelästigung durch eine ungewöhnlich laut laufende Klimaanlage (OLG Koblenz, Urteil v. 13.6.2012, 5 U 1501/11), wobei auf einem Kreuzfahrtschiff ein gewisser Geräuschpegel infolge des Schiffsmotors und anderer Gerätschaften hinzunehmen ist (AG München, Urteil v. 18.7. 2007, 242 C16587/07).
- Werden zuvor angegebene Häfen nicht angelaufen und vereinbarte Landgänge nicht ermöglicht, so ist dies ein Mangel (AG München, Urteil v. 1.4.2009, 262 C 1373/09).
- Ähnliches gilt für eine erhebliche Abweichung von der ursprünglich vorgesehenen Reiseroute (LG Bonn, Urteil v. 13.3. 2009,10 O 17/09).
- Ist das gebuchte Motorsegelschiff in Wirklichkeit ein reines Motorschiff ohne jegliche Segelmöglichkeit, so ist die Reise mangelhaft (LG Hamburg, Urteil v. 3.11. 2000, 317 S101/00).
Minderungssumme bei gestrichenem Landausflug ist häufig geringer als erhofft
Fällt ein im Reiseprospekt angekündigter Landausflug aus, so ist dies in der Regel als Mangel der Kreuzfahrt zu werten. Vor dem LG Bonn hatte eine Reiseteilnehmerin wegen mehrerer ausgefallener Ausflüge auf diverse Inseln geklagt. Das LG wertete dies als Mangel, allerdings begrenzt auf die Tage, an denen die vorgesehenen Inselausflüge ausgefallen waren. Die von der Klägerin vorgenommene Minderung des Gesamtreisepreises war nach Auffassung des LG überhöht. Der Minderung dürfe nur der jeweils anteilige Preis für die Tage zu Grunde gelegt werden, an denen jeweils ein Ausflug ausgefallen sei.
Dabei setze das Gericht die Minderungsquote je nach der vertraglich vorgesehenen Länge des jeweiligen Ausflugs mit 15-50 % des jeweiligen Tagespreises der Reise an. Insgesamt kam das Gericht bei der 7.100 Euro teuren Kreuzfahrt auf einen berechtigten Minderungsbetrag von aus Sicht der Klägerin enttäuschenden 567,00 Euro (LG Bonn, Urteil v. 26.8.2008, 8 S 24/08).
Fallen zwei zugesagte Landgänge aus, bei denen die Beobachtung wilder Tiere avisiert wurde, berechtigt dies zu einer Minderung von 60 % des jeweiligen Tagesreisepreises (LG Frankfurt, Urteil v. 8.6. 2016, 2/24 O 298/15).
Wenn die Kreuzfahrt früher endet
Wird die Reise drei Tage vor ihrem planmäßigen Ende wegen einer Kollision des Schiffes mit einer Schleusenwand abgebrochen, so ist eine Minderung von 100 % des Tagesreisepreises für drei Tage angemessen (AG München, Urteil v. 5. Oktober 2016,282 C27854/15).
In einem anderen Fall hatte der BGH allerdings entschieden, dass bei einer Minderung auf den Gesamtpreis und nicht nur auf die mangelhafte Teilleistung abzustellen ist (BGH, Urteil v. 14.5.2013, X ZR 15/11).
Wann fällt neben der Minderung Schadensersatz für den Kreuzfahrer an?
Gemäß § 651 n Abs. 1 BGB kann der Reisende neben der Minderung auch Schadenersatz verlangen. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Reisende den Reisemangel selbst verschuldet hat oder dieser durch unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände verursacht wurde, § 651 n Abs. 1 Ziffer 3 BGB.
Läuft das Schiff einen Hafen wegen schweren Seegangs und der damit verbundenen Gefahren nicht an, entfällt hiernach der Schadensersatzanspruch. Dies gilt allerdings wiederum nicht, wenn der Passagier nach der vertraglichen Vereinbarung das Schiff erst in diesem Hafen betreten sollte und deshalb an der Reise nicht teilnehmen kann (OLG Bremen, Urteil v. 11.9.2001, 1 O 1335/01). In diesem Fall kann der Reisende den Vertrag auch gemäß § 651 l BGB kündigen.
Kreuzfahrtveranstalter haftet nicht für Stürze infolge Wellengangs
Kein Anspruch auf Schadenersatz besteht, wenn der Reisende infolge von Schwankungen des Schiffes bei hohem Wellengang stürzt (AG Rostock, Urteil v. 9.3. 2012, 47 C406/11). Schwankungen eines Schiffes bei besonders hohem Wellengang gehören zum typischen Merkmal einer Schifffahrtsreise. Dies gilt auch dann, wenn der Reisende während starken Seegangs das Fitnessstudio auf dem Schiff benutzt und hierbei Verletzungen erleidet (OLG Koblenz, Beschluss v. 23.5. 2018,5 U351/18) oder der Reiseteilnehmer in seiner Kabine stürzt und die Besatzung durch Lautsprecher auf die Gefahren des starken Seegangs hingewiesen hat (LG Bremen, Urteil v. 5.6. 2003, 7 O124/03).
Wenn die Kreuzfahrt komplett abgesagt wird
Auch im Fall der Stornierung einer Kreuzfahrt durch den Veranstalter, kann der Reisende Anspruch auf Schadenersatz haben. Wird eine bereits ein Jahr im Voraus gebuchte Kreuzfahrt ca. ein halbes Jahr vor Beginn der Reise vom Veranstalter abgesagt, so richtet sich die Höhe des Schadensersatzanspruchs des Reisenden nach dessen Möglichkeiten einer anderen Planung für die von dem Reisenden ausgesuchte Urlaubszeit sowie an seinem konkreten Interesse an Durchführung exakt der gebuchten Reise.
Das AG Wiesbaden hatte in einem solchen Fall dem Reisenden neben dem Anspruch auf Erstattung des bereits angezahlten Reisepreises eine Entschädigung in Höhe von 50 % des Reisepreises zuerkannt wegen der bestehenden Schwierigkeiten, gleichwertigen Ersatz zu finden. Das AG stützte den Anspruch auf die Verpflichtung zur Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit gemäß § 651 n Abs. 2 BGB (AG Wiesbaden, Urteil v. 7.8.2014, 91 C 295/14). Nach einer Entscheidung des OLG Köln kann der Reisende bei Absage einer Kreuzfahrt durch den Veranstalter eine Ersatzreise buchen und die hierfür anfallenden Mehrkosten dem Reiseveranstalter in Rechnung stellen. Voraussetzung ist, dass die Ersatzkreuzfahrt der ursprünglich gebuchten Kreuzfahrt im wesentlichen gleichwertig ist, wobei die Reiseroute aber nicht identisch sein muss (OLG Köln, Urteil v. 19.7.2017, 16 U 31/17).
Mängel immer sofort melden
Wichtig für Reisende ist die gesetzliche Anzeigepflicht gemäß § 651 o BGB. Ist der Reisende der Auffassung, dass eine Kreuzfahrt mangelhaft ist, hat er dies dem Reiseveranstalter unverzüglich anzuzeigen. Er muss dem Reiseveranstalter auf diese Weise die Möglichkeit geben, Abhilfe zu schaffen.
So hat das AG Rostock entschieden, dass der Reiseveranstalter bei der Beschwerde eines Reisenden über den Lärmpegel aus der über der Kabine liegenden Bar dadurch Abhilfe schaffen kann, dass er dem Reisenden eine andere Kabine anbietet (AG Rostock, Urteil v. 12.3.2010, 48 C 303/09). Unterlässt der Reisende die Anzeige schuldhaft, ist ihm die Geltendmachung der Rechte auf Minderung und Schadensersatz versagt, § 651 o Abs. 2 BGB.
Besonderheit: EU-Fahrgastrechte
Zu beachten sind die seit 2012 geltenden besonderen EU-Fahrgastrechte für Schiffe.Diese sind immer dann einschlägig,
- wenn das Kreuzfahrtschiff in einem EU-Land zugelassen ist,
- der Vertrag über die Beförderungsleistungen in einem EU-Land geschlossen wurde,
- das Schiff seine Reise in einem Hafen in der EU antritt und auch in der EU beendet.
Jeder Fahrgast hat hiernach beispielsweise bei einer Annullierung der Kreuzfahrt oder bei einem verspäteten Ablegen des Schiffes von mehr als 90 Minuten konkrete Ansprüche, beispielsweise auf eine kostenlose Rückreise zum ursprünglichen Abfahrtsort oder auf Weiterreise zum Reiseziel unter vergleichbaren Bedingungen ohne Aufpreis. Darüber hinaus ist der Kreuzfahrtanbieter bei einer Verspätung von mehr als 90 Minuten zu kostenfreien Verpflegungsleistungen (kleinere Mahlzeiten und Getränke) verpflichtet. Gegebenenfalls muss der Anbieter auch bis zu drei Übernachtungen bis zu 80 Euro pro Person und Nacht zahlen.
Praxishinweise:
Was gilt, wenn der Veranstalter Abhilfe gem. § 651c Abs. 2 BGB schafft oder anbietet?
Abhilfe bedeutet die Herstellung eines mangelfreien Zustands. Der Veranstalter stellt eine gleichwertige oder höherwertige Leistung zur Verfügung, so dass die Ist-Beschaffenheit der Reise wieder der Soll-Beschaffenheit entspricht.
In der anwaltlichen Praxis spielt die Abhilfe vor allem eine Rolle, wenn es um die Frage geht, ob eine während der Reise durch den Veranstalter zur Verfügung gestellte Abhilfe Minderungsansprüche ausschließt. Besteht etwa ein Minderungsanspruch wegen Mängeln an der Unterbringung, wenn der Reisende ein durch den Veranstalter angebotenes Ersatzhotel ablehnt?
Die Abhilfe ist dann nicht hinreichend, wenn sie nicht kostenfrei ist. Die häufige Taktik des Reiseveranstalters, eine Ersatzleistung nur gegen Aufpreis anzubieten, reicht nicht aus. Ansonsten ist zu prüfen,
- ob die Ersatzleistung den Charakter der Reise unangetastet lässt,
- die Abhilfe für den Reisenden persönlich zumutbar ist
- und der Veranstalter den Reisemangel nicht bewusst wider Treu und Glauben herbeigeführt hat.
Durch diese Voraussetzung wird verhindert, dass der Veranstalter zunächst bewusst eine durch ihn nicht erfüllbare Leistung verspricht, um dann vor Ort auf eine „Rettung“ zu hoffen.
Bei einem Wechsel der Unterkunft sprechen einige Gerichte oder Abteilungen/Kammern stets eine Minderung zu, weil jedweder Unterkunftswechsel ein Mangel sei. Hieran sind Zweifel geboten, der bearbeitende Anwalt sollte in diesem Fall die Rechtsprechung des zuständigen Gerichts prüfen.
Der Einwand des Reiseveranstalters, er habe keine Abhilfe anbieten können, weil der Reisende danach nicht verlangt habe, ist unbeachtlich. Solange der Reisende den Mangel anzeigt, muss er nicht zusätzlich Abhilfe verlangen; es ist Sache des Veranstalters diese für ihn in der Regel günstigere Möglichkeit anzubieten.
Annehmen muss der Reisende nur eine Abhilfe, die zur Mangelfreiheit führt. Verbessert sich der Mangel nur durch die Abhilfe, ohne dass er vollständig beseitigt wird, muss der Reisende dies nicht akzeptieren.