Wiederzulassung eines Anwalts nach der Begehung von Straftaten kann lang dauern
Das hat der Bundesgerichtshof in einer neuen Entscheidung bestätigt. Ein Anwalt, der seit Dezember 1982 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen war, hatte in den Jahren 1995 bis 2002 Vermögensstraftaten zum Nachteil von Mandanten begangen.
Der lange Weg zurück
Im Jahre 1998 wurde gegen ihn wegen Untreue ein Strafbefehl über 6.000 EUR erlassen. 2003 wurde er wegen Untreue in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zwei weitere Ermittlungsverfahren wurden nach § 154 StPO eingestellt. 2003 widerrief die Kammer die Zulassung des Klägers wegen Vermögensverfalls. Mitte 2006 wurde die Gesamtfreiheitsstrafe nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen.
Zulassung wegen Unwürdigkeit abgelehnt
Der Anwalt beantragte im Sommer 2007, wieder zur Anwaltschaft zugelassen zu werden. Der Antrag wurde im Februar 2009 wegen Unwürdigkeit sowie deshalb abgelehnt, weil das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers noch nicht abgeschlossen war.
Im Herbst 2011 beantragte der Kläger erneut die Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft. Die beklagte Rechtsanwaltskammer lehnte auch diesen Antrag wegen Unwürdigkeit ab. Die Klage gegen diesen Bescheid ist erfolglos geblieben. Nunmehr beantragt der Kläger die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs sowie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines jetzigen Prozessbevollmächtigten.
Straftaten im Kernbereich der beruflichen Tätigkeit
Nach § 7 Nr. 5 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen, wenn sich der Bewerber eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das ihn unwürdig erscheinen lässt, den Beruf des Rechtsanwalts auszuüben. Diese Voraussetzungen sind erfüllt,
wenn der Bewerber ein Verhalten gezeigt hat, das ihn bei Abwägung dieses Verhaltens
und aller erheblichen Umstände wie Zeitablauf und zwischenzeitliche Führung
nach seiner Gesamtpersönlichkeit für den Anwaltsberuf nicht tragbar erscheinen lässt.
Feste Fristen gibt es nicht
„Auch ein schwerwiegendes berufsunwürdiges Verhalten kann nach einer mehr oder minder langen Zeit durch Wohlverhalten oder andere Umstände so sehr an Bedeutung verlieren, dass es die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht mehr hindert. Feste Fristen gibt es nicht; vielmehr sind alle für und gegen den jeweiligen Bewerber sprechenden Umstände einzelfallbezogen zu gewichten“, so die Karlsruher Richter.
Aber bei gravierenden Straftaten sind in der Regel 15 bis 20 Jahren erforderlich
Allerdings: Bei gravierenden Straftaten im Kernbereich der beruflichen Tätigkeit des Rechtsanwalts, insbesondere bei Untreue und Betrug zum Nachteil von Mandanten, hält der Senat in ständiger Rechtsprechung einen zeitlichen Abstand zwischen der die Unwürdigkeit begründenden Straftat des Bewerbers und dessen Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft von in der Regel 15 bis 20 Jahren für erforderlich.
Im Hinblick auf die mit der Versagung der Zulassung verbundene Einschränkung der Berufswahlfreiheit bei der im jeweiligen Einzelfall zu treffenden Entscheidung nach § 7 Nr. 5 BRAO müsse der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit strikt beachtet und gewahrt werden.
Insolvenztabelle legt weitere Veruntreuungen offen
Das Gericht wertete zugunsten des Klägers, dass seit dem Zeitpunkt der letzten Straftat mehr als 11 Jahre vergangen sind und er den von ihm angerichteten Schaden im Rahmen seiner Möglichkeiten teilweise ausgeglichen hat. Außerdem ist er seit der letzten Straftat nicht erneut straffällig geworden. Im April 2013 trat zudem Tilgungsreife im Bundeszentralregister ein.
Hinzu kommt, dass er sich auch in den ersten Jahren seiner anwaltlichen Tätigkeit, nämlich von 1983 bis 1994, straffrei geführt hat. Auch das Alter des Anwalts, er ist 62 Jahre alt, würdigte der BGH: er werde den Rechtsanwaltsberuf nicht mehr lange ausüben können, falls er wieder zugelassen werden sollte.
„Gleichwohl überwiegen (noch) die gegen eine Wiederzulassung sprechenden Umstände. Die Straftaten, welche der Kläger begangen hat, betrafen den Kernbereich der anwaltlichen Tätigkeit, und nicht einmal der Strafbefehl im Jahre 1998 hat den Kläger auf Dauer davon abgehalten, sich an den ihm anvertrauten Geldern zu vergreifen.
Wiederholte Zugriffe auf Mandantengelder
Über einen Zeitraum von sieben Jahren hat er immer wieder Fremdgeld für eigene Zwecke verwandt. Das zeigt auch der im angefochtenen Urteil wiedergegebene Auszug aus der Insolvenztabelle, die sieben angemeldete und festgestellte Forderungen wegen veruntreuter Mandantengelder, Fremdgeld, überzahlten Gerichtskosten oder Unterschlagungen ausweist. Wie sich aus den Namen der Forderungsinhaber ergibt, handelte es sich nicht um diejenigen Vorgänge, die Gegenstand der Strafverfahren waren. Angesichts dessen kann die vom Senat in ständiger Rechtsprechung angenommene Sperrfrist im Fall des Klägers nicht wesentlich unterschritten werden“, stellte das Gericht klar.
(BGH, Beschluss v. 28.3.2013, AnwZ (Brfg) 40/12).
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