Eine Dauererkrankung berechtigt nicht zum Prüfungsrücktritt
In einem vom VG Koblenz entschiedenen Fall litt ein Student des Studienganges „Mittelstandsmanagement“ über Jahre an einer psychosomatischen Erkrankung. Im Verlauf des Studienganges trat der Student unter Hinweis auf seine Erkrankung mehrfach von bereits angemeldeten Prüfungen zurück.
Amtsärztliche Untersuchung am Prüfungstag
Im November 2018 hatte der Student sich für einen letzten Versuch für die Klausur im Studienmodul „Management“ angemeldet. Zur Prüfung erschien er nicht, ließ sich aber am Prüfungstag amtsärztlich untersuchen. Der Amtsarzt stellte Prüfungsunfähigkeit fest und stellte ein entsprechendes Attest aus.
Wegen verspäteter Krankmeldung Prüfung nicht bestanden
Der Student reichte die Krankmeldung vier Tage nach der Prüfung beim Prüfungsausschuss ein. Dieser lehnte anders als in den voran gegangenen Fällen die Feststellung der Prüfungsunfähigkeit ab. Zur Begründung verwies der Ausschuss darauf, eine Krankmeldung müsse spätestens am dritten Tag nach der Prüfung beim Vorsitzenden des Prüfungsausschusses eingereicht werden. Diese Frist sei um zumindest einen Tag überschritten, so dass eine Feststellung der Prüfungsunfähigkeit nicht in Betracht komme. Die Prüfung sei daher mit „nicht bestanden“ zu bewerten.
Student rügt unverhältnismäßige Härte der Entscheidung
Gegen diese Entscheidung legte der Student erfolglos Widerspruch ein. Gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid klagte er vor dem VG. Zur Begründung seiner Klage verwies er auf
- seine äußerst schlechte gesundheitliche Verfassung
- und rügte, dass der Prüfungsausschuss dies nicht hinreichend berücksichtigt habe.
- Die Ablehnung der Feststellung der Prüfungsunfähigkeit mit der Begründung der Fristversäumnis um einen Tag sei unverhältnismäßig
- und angesichts der Schwere seiner Erkrankung nicht gerechtfertigt.
- Seine psychische und körperliche Angeschlagenheit seien der Grund dafür gewesen, dass er das Attest nicht früher habe einreichen können.
- Außerdem habe er angenommen, dass der Amtsarzt das Attest von sich aus an den Prüfungsausschuss übersenden werde.
Dauerhafte Erkrankung ist kein Rücktrittsgrund
Das VG Koblenz wies die Klage des Studenten ab. Auf die Fristversäumnis bei der Krankmeldung kam es nach Auffassung des VG hierbei nicht an. Der Kläger habe nämlich keinen triftigen Grund für die Prüfungsunfähigkeit dargetan.
- Ein triftiger Grund im Sinne des Gesetzes liege nur dann vor, wenn der Prüfling durch eine Krankheit in seiner Leistungsfähigkeit vorübergehend eingeschränkt
- und er deshalb nicht imstande sei, sich der psychischen und physischen Belastung einer Prüfung zu unterziehen.
- Eine nicht nur vorübergehende Einschränkung der Leistungsfähigkeit infolge einer dauerhaften Erkrankung sei demgegenüber kein triftiger Grund.
- Eine Dauererkrankung präge das Leistungsbild des Prüflings nämlich dauerhaft und nicht nur vorübergehend, so dass die Leistungsfähigkeit des Prüflings nicht nur für die Zeit der Prüfung sondern dauerhaft eingeschränkt sei
- und die Erkrankung während des Prüfungszeitraums damit keine Sondersituation darstelle, die zum Zweck der Wahrung der Chancengleichheit die Feststellung der Prüfungsunfähigkeit erfordere.
Gesundung des Klägers nicht absehbar
Diese Grundsätze gelten nach der Entscheidung des Gerichts jedenfalls immer dann, wenn eine Heilung des Leidens in absehbarer Zeit nicht erwartbar ist.
- Der Kläger sei seit dem Jahre 2014 dauerhaft psychisch erkrankt
- und habe sich in der Vergangenheit bei einer großen Zahl von Prüfungen wegen dieser Krankheit abgemeldet.
- Eine Heilung dieser psychosomatischen Erkrankung sei nicht absehbar,
- zumal aus den vorgelegten Attesten ersichtlich sei, dass die Ärzte eher von einer schleichenden Verschlechterung des Krankheitsbildes ausgingen.
Ein triftiger Grund, für die Nichtteilnahme an der Prüfung sei daher nicht ersichtlich. Der Prüfungsausschuss habe die Prüfung im Ergebnis zu Recht als nicht bestanden bewertet.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig
(VG Koblenz, Urteil v. 13.6.2019, 4 K 84/19.KO)
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