Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer


Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach der WEG-Reform

Am 1.12.2020 ist das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) in Kraft getreten. Zahlreiche Bereiche des Wohnungseigentumsrechts wurden grundlegend neu gestaltet. Dieses Top-Thema gibt einen Überblick über die wesentlichen Kernpunkte der WEG-Reform.

Vorbemerkung: Soweit nicht anders vermerkt, handelt es sich bei den in diesem und den nachfolgenden Kapiteln genannten WEG-Vorschriften um solche des WEG in der nach Inkrafttreten der WEG-Reform am 1.12.2020 geltenden Fassung. Vorschriften aus der bis dahin geltenden Fassung des Gesetzes werden mit dem Zusatz "WEG a.F." zitiert.

Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

Der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kommt künftig eine zentrale Rolle zu, da sie nicht mehr nur als „Vehikel“ zur Umsetzung von Verwaltungsmaßnahmen dient. Vielmehr obliegt ihr die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums.

Die Gemeinschaft entsteht künftig auch im Fall des § 8 WEG mit dem Anlegen der Wohnungsgrundbücher. Die „werdende“ Wohnungseigentümergemeinschaft wird es also nicht mehr geben. Im Zuge mehr oder weniger allumfassender Zuständigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verlieren Wohnungseigentümer nicht nur Individualansprüche gegen den Verwalter, sondern auch solche gegenüber anderen Wohnungseigentümern. 

Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wird unumschränkt rechtsfähig sein, ihr obliegt künftig auch die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums.

Verwalter ist Vertretungs- und Ausführungsorgan

Der Verwalter fungiert als Vertretungs- und Ausführungsorgan. Soweit ihm gesetzliche Pflichten auferlegt sind, handelt es sich also um solche der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Deshalb können entsprechende Individualansprüche der Wohnungseigentümer nicht mehr gegen den Verwalter gerichtet werden, sondern sind gegen die Gemeinschaft zu richten. Insbesondere betroffen hiervon sind die Ansprüche auf Einberufung von Eigentümerversammlungen, die Erstellung von Wirtschaftsplan, Jahresabrechnung und Vermögensbericht, die Zustimmung zur Erteilung einer vereinbarten Veräußerungszustimmung sowie das Recht zur Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen, das erstmals in § 18 Abs. 4 WEG gesetzlich verankert ist.

Anfechtungsklage gegen die Gemeinschaft

Konsequenterweise sind Beschlussanfechtungsklagen künftig nicht mehr gegen die übrigen Wohnungseigentümer, sondern gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten.

Entziehung des Wohnungseigentums

Auch in Zweiergemeinschaften wird die materiell-rechtliche Ausübungsbefugnis des Rechts der Entziehung des Wohnungseigentums nach § 17 WEG der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer obliegen.

Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entsteht künftig auch im Fall der praxisrelevanten Teilung nach § 8 WEG mit dem Anlegen der Wohnungsgrundbücher. Der teilende Eigentümer stellt insoweit also zunächst eine Ein-Personen-Gemeinschaft dar mit der Möglichkeit, Ein-Personen-Beschlüsse zu fassen. Er ist also insbesondere in der Lage, bereits Verträge für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu schließen. Die Schutzmechanismen der §§ 305 ff. BGB werden auch bei derartigen Verträgen greifen, soweit die Gemeinschaft auf den Eintritt auch nur eines Verbrauchers gerichtet ist, da die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer dann als Verbraucherin i.S.v. § 13 BGB gilt.

Werdende Eigentümergemeinschaft gesetzlich geregelt

Da die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer künftig mit dem Anlegen der Wohnungsgrundbücher entsteht, wird das Rechtsinstitut der „werdenden Eigentümergemeinschaft“ obsolet. Insoweit regelt § 8 Abs. 3 WEG, dass Ersterwerber gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und den übrigen Wohnungseigentümern dann als Eigentümer gelten, wenn sie einen Anspruch auf Übertragung von Wohnungseigentum gegen den teilenden Eigentümer haben, zu ihren Gunsten einen Vormerkung im Grundbuch eingetragen ist und ihnen der Besitz an den zum Sondereigentum gehörenden Räumen übergeben wurde.

Diese Fiktion gilt aber nur im Innenverhältnis zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und anderen Wohnungseigentümern, nicht jedoch im Außenverhältnis. So können beispielsweise Gläubiger der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Erwerber nicht etwa mit Blick auf die in § 9a Abs. 4 WEG geregelte Außen- bzw. Teilhaftung in Anspruch nehmen. Dies kann erst dann erfolgen, wenn diese als Eigentümer im Grundbuch eingetragen sind.

Ausübungsbefugnisse

Das WEG unterscheidet künftig nicht mehr nach „geborenen“ und „gekorenen“ Ausübungsbefugnissen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Nach § 9a Abs. 2 WEG übt die Gemeinschaft die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte sowie solche Rechte der Wohnungseigentümer aus, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern, und nimmt die entsprechenden Pflichten der Wohnungseigentümer wahr.

Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums

Da die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer obliegt, hat auch lediglich sie Ansprüche im Fall der Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums. Dies betrifft insbesondere ungenehmigte bauliche Veränderungen. Entsprechende Rückbauansprüche konnten nach bisherigem Recht auch von einzelnen Wohnungseigentümern als Individualansprüche durchgesetzt werden. Diese Individualansprüche konnten auch über die Bestimmung des § 10 Abs. 6 Satz 3 HS 2 WEG a.F. zur Ausübung beschlussweise der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer übertragen werden. Diese Möglichkeit besteht künftig nicht mehr. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist vielmehr qua Gesetz Anspruchsinhaberin.

Nachtrag: Einzelne Wohnungseigentümer, die sich aus dem Gemeinschaftseigentum ergebende Rechte einklagen, können Prozesse, die vor Inkrafttreten der WEG-Reform begonnenen wurden, auch nach der Reform zu Ende führen , solange die Eigentümergemeinschaft keinen anderen Willen äußert. Das hat der BGH mit Urteil v. 7.5.2021 klargestellt.

Zweckwidrige Nutzung des Sondereigentums

§ 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG verpflichtet die einzelnen Wohnungseigentümer gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur Einhaltung der Beschlüsse, Vereinbarungen und gesetzlichen Regelungen. Besondere Bedeutung hat dies für die Fälle zweckbestimmungswidrig genutzter Sondereigentumseinheiten. Da der Zweckbestimmung von Sondereigentum Vereinbarungscharakter zukommt und somit im Fall der Fälle gerade gegen eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer verstoßen wird, haben die Wohnungseigentümer selbst keine Möglichkeit mehr, gegen diese Nutzung individuell vorzugehen. Auch entsprechende Unterlassungsansprüche sind vielmehr durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend zu machen.

Sind Wohnungseigentümer allerdings konkret in ihrem Sondereigentum von Beeinträchtigungen betroffen, können auch sie individuell gegen diese konkreten Störungen vorgehen.

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