Ausdruck des elektronischen Fristenkalenders für Fristenkontrolle unerlässlich
Ein Rechtsanwalt hatte für seinen Mandanten gegen eine erstinstanzliche Entscheidung fristgemäß Berufung eingelegt, die Berufungsbegründungsfrist jedoch versäumt. Der Antragsteller beantragte daraufhin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - ohne Erfolg.
Sonst zuverlässige Angestellte hatte Frist nicht im Fristenkalender abgespeichert
Die sonst zuverlässige Angestellte der Kanzlei hatte die Berufungsbegründungsfrist zutreffend mit der Vorfrist in die Handakte des Prozessbevollmächtigten eingetragen und durch Abzeichnung mit Kürzel bestätigt. Die Berufungsbegrünungsfrist und die Vorfrist waren jedoch nicht im elektronischen Fristenkalender abgespeichert gewesen.
Die Mitarbeiterinnen seien dabei angewiesen, die Abzeichnung mit Kürzel auf der Handakte erst dann vorzunehmen, wenn sie sich vergewissert haben, dass die Frist und die Vorfrist ordnungsgemäß im elektronischen Fristenkalender gespeichert seien.
Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen
Das Berufungsgericht hatte den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Auch die Rechtsbeschwerde vor dem BGH hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des BGH lag hier ein anwaltliches Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten vor, welches sich der Antragsteller zurechnen lassen musste.
Fehlender Kalenderausdruck als anwaltliches Organisationsverschulden
Bei der Eingabe von Fristen in einen elektronischen Fristenkalender bestünden spezifische Fehlermöglichkeiten, so der 3. Senat.
- Zum einen gebe es Datenverarbeitungsfehler der EDV,
- zum anderen Eingabefehler der Mitarbeiter, wie z.B. das Vertippen.
- Daher sei der Rechtsanwalt verpflichtet, durch geeignete Organisationsmaßnahmen die Kontrolle der Fristeneingabe zu gewährleisten.
Dies könne durch einen Ausdruck der einzelnen Einzelvorgänge oder eines Fehlerprotokolls erfolgen, so die BGH-Richter. Werde dies versäumt, liege nach der ständigen Rechtsprechung ein anwaltliches Organisationsverschulden vor. Die Fertigung eines Kontrollausdrucks sei erforderlich, um mit geringem Aufwand Datenverarbeitungsfehler sowie Eingabefehler zu erkennen und zu beseitigen.
Ausschließlich EDV-gestützte Fristenkontrolle : im stressigen Kanzleialltag erhöht fehleranfällig
Die von dem Rechtsanwalt praktizierte automatisierte Eingabekontrolle, welche ausschließlich EDV-gestützt sei und nur für kurze Zeit Arbeitsschritte am Bildschirm durchgeführt werden müssten, sei für Fehler und für ein Augenblicksversagen des beauftragten Mitarbeiters erhöht anfällig.
- Die Arbeit der in der Kanzlei tätigen Mitarbeiter sei geprägt durch zahlreiche Arbeitsvorgänge, welche in kurzer Abfolge zu erledigen seien und nicht selten, z.B. durch eingehende Telefonate, unterbrochen werden müssten.
- Dies berge die Gefahr, dass eine Aufgabe, welche begonnen, jedoch unterbrochen wurde, irrig als vollständig erledigt angesehen werde oder in Vergessenheit gerate.
Nur der durch einen Ausdruck hergestellte „Medienbruch“ zwischen Eingabe am Bildschirm und Kontrolle mittels eines Ausdrucks gewährleiste ein hohes Maß an Sicherheit im Hinblick auf eine zutreffende Fristeneingabe und –speicherung.
(BGH, Beschluss v. 28.02.2019, III ZB 96/18).
Hintergrund:
Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung
Einer Partei ist nach § 233 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden verhindert war, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO einzuhalten.
Verschulden des Anwalts ist der Partei wie ihr wie eigenes zuzurechnen. Lediglich Verschulden des Büropersonals, welches nicht auf einem Organisationsverschulden des Anwalts beruht, hat die Partei nicht zu vertreten.
Der Wiedereinsetzungsantrag bedarf einer Begründung dergestalt, dass den mitgeteilten Tatsachen die unverschuldete Verhinderung des Betroffenen und Antragstellers an der Fristversäumung entnommen werden kann.
Aufgrund der verfassungsrechtlich verankerten Garantie des Betroffenen auf Gewährung rechtlichen Gehörs dürfen die Anforderungen zur Erlangung der Wiedereinsetzung jedoch nicht überspannt werden (BVerfGE 26, 315).
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