Ist eine nasse Fahrbahn gleichzusetzen mit schlechten Wetterverhältnissen?
Ein Motorradfahrer kam nachts auf nasser Straße in einer Kurve von der Fahrbahn ab. Er rutschte mit seinem Motorrad gegen ein am Straßenrand stehendes Schild und beschädigte dieses. Er selbst erlitt einen Beckenbruch.
Das AG verhängte eine Geldstrafe wegen nicht angepasster Geschwindigkeit
Das Amtsgericht hatte den Motorradfahrer wegen Fahrens mit nicht angepasster Geschwindigkeit bei schlechten Sicht- und Wetterverhältnissen zu einer Geldstrafe von 145 EUR verurteilt. Das OLG Zweibrücken kam zu einer anderen Einschätzung.
Damit das Tatbestandsmerkmal unangepasste Geschwindigkeit vorliege, wäre es erforderlich näher darzustellen, wie die Straßen-, Sicht- und Wetterverhältnisse zum Unfallzeitpunkt waren, und warum diese es nicht gestatteten, die fragliche Stelle mit der höchstzugelassenen Geschwindigkeit zu befahren, so das OLG. Zudem müssten die konkreten Sicht- und Wetterbedingungen möglichst genau rekonstruiert werden.
Bußgeldkatalogverordnung spricht von schlechten Wetterverhältnissen
Das Gericht wies darauf hin, dass § 3 Abs. 1 StVO nur von „Wetterverhältnissen“ spreche, an die der Fahrer seine Geschwindigkeit anpassen müsse. Für den Fall, dass die Sicht wetterbedingt durch Nebel, Schneefall oder Regen beeinträchtigt ist (Sichtweite unter 50 Meter) gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Die Bußgeldkatalog-Verordnung spreche hingegen von „schlechten Wetterverhältnissen“ und ergänze beispielhaft Nebel und Glatteis.
Durch die Wendung „z. B.“ werde deutlich, dass nicht nur bei Nebel und Glatteis von schlechten Wetterverhältnissen auszugehen sei. Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals dürfe die Wortlautgrenze allerdings nicht überschritten werden.
Schlechte Wetterverhältnisse sind beispielshaft Nebel oder Glatteis, Aquaplaning oder Starkregen
Das bedeute konkret, dass die Wettersituation zum einen von ihrer offensichtlichen Gefährlichkeit für ein sicheres Fahren mit den sein müsse. Zum anderen müsse sich auch gemeinhin unter den Begriff der schlechten Wetterverhältnisse fallen. In Frage kommen könnten da etwa Aquaplaning oder starker Regen mit Sichtbehinderung und Lichtreflexen. Ein solchermaßen vergleichbares Wettergeschehen habe das Amtsgericht aber nicht festgestellt. Das Amtsgericht müsse unter der Berücksichtigung dieser Vorgaben neue Feststellungen dazu treffen, ob und wenn ja welche schlechten Wetterverhältnisse im Tatzeitpunkt vorlagen.
Fazit: Eine feuchte Fahrbahn allein reicht nicht aus, um vom Tatbestandsmerkmal "schlechte Wetterverhältnisse" gemäß der Bußgeldkatalog-Verordnung auszugehen.
(OLG Zweibrücken, Beschluss v. 24.11.2020, 1 OWi 2 Ss Rs 107/20)
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