Anlegerprozess gegen Porsche stockt wegen Diesel-Musterverfahren

Nicht nur Käufer, auch Anleger sind Opfer des Abgasskandals: Die Porsche SE ist kapitalmarktrechtlich genauso in die Dieselfolgen verwickelt wie VW. Vom Landgericht Stuttgart wurde sie zur Zahlung von 47 Mio. Euro verurteilt, weil sie Publizitätspflichten verletzt hat. Das OLG hat das Verfahren jetzt pausiert, weil sich der Sachverhalt mit dem der anhängigen Diesel-Musterprozesse beim OLG-Braunschweig deckt.

Die Porsche Automobil Holding SE ist seit Juni 2007 eine Aktiengesellschaft europäischen Rechts. Nach Auslagerung des operativen Geschäfts fungiert sie nur noch als reine Holdinggesellschaft. Als solche ist sie mit über 50 % der Stimmrechte an der VW AG beteiligt. Deren verbaute Dieselmotorentypen EA 189 waren mit der manipulativen Abgasschalteinrichtung versehen, die den Konzern so sehr in Verruf geraten ließ.

Insider-Informationen, die Börsenkurs beeinflussen, sind sofort publik zu machen

Sowohl die Porsche SE als auch VW müssen sich als Musterbeklagte in den Kapitalanleger-Prozessen in Braunschweig und Stuttgart dem Vorwurf verspäteter ad-hoc-Mitteilungen stellen. 

Emittenten von Finanzinstrumenten sind verpflichtet, Insiderinformationen, die den Börsenkurs erheblich beeinflussen könnten, unverzüglich zu veröffentlichen. Tun sie dies verspätet oder falsch, machen sie sich schadensersatzpflichtig (§ 37 WpHG).

Zu späte Ad-hoc-Mitteilung zur Abgasmanipulation

Die VW AG und die Porsche SE veröffentlichten am 22.9.2015 jeweils eine ad-hoc-Mitteilung, wonach weltweit rund 11 Mio. Fahrzeuge mit Dieselmotoren des Tys 189 Auffälligkeiten bezüglich ihres Stickoxidausstoßes aufwiesen, weshalb Rückstellungen gebildet werden sollten. Bereits ab Mitte September 2015 brachen die Aktienkurse der Stamm- und Vorzugsaktien beider Unternehmensriesen massiv ein.

Klagewelle gegen Porsche SE und VW

Seit dem Aktieneinbruch wurden unzählige Schadensersatzklagen wegen verspäteter Ad-hoc-Mitteilungen eingereicht und in den unteren Instanzen teilweise durchentschieden, seit Einführung der Musterfeststellungsklage zum 1.11.2018 zu Musterfeststellungsverfahren zusammengefasst oder im Hinblick auf andere Verfahren ausgesetzt.

Große Musterfeststellungsprozesse laufen beim OLG Stuttgart (20 Kap 2/17) und beim OLG Braunschweig (3 Kap 1/16). Die Rechtsbeschwerde zum BGH ist hier zugelassen; dieser soll den Umfang der Sperrwirkung höchstrichterlich klären.

Aussetzung von Amts wegen bei gleichen Feststellungszielen

Das Gesetz schreibt vor, dass von Amts wegen alle bereits anhängigen oder noch anhängig werdenden Verfahren auszusetzen sind, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt (§ 8 KapMuG). Im Ergebnis sollen divergierende Entscheidungen bei gleichen Sachverhalten und Rechtsfragen verhindert werden.

Ergebnis der Musterprozesse ist abzuwarten

Die Klagen, die das vorgehende LG Stuttgart zugunsten der Kläger entschieden hatte, indem es die Porsche SE zur Zahlung von rund 47 Mio. Euro Schadensersatz verurteilte, sind nach Ansicht des OLG Stuttgart genau so ein Fall.

Wie in dem am OLG Braunschweig anhängigen Musterprozess der Dieselkäufer gehe es auch hier darum, dass Insiderinformationen im Zusammenhang mit der Abgasmanipulation zu spät veröffentlicht wurden. Eine eigene Entscheidung wäre insoweit vorgreiflich.

(OLG Stuttgart, Aussetzungsbeschlüsse v. 29.10.2019, 1 U 204/18 und 1 U 205/18).

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