Ausschluss eines Gesellschafters aus einer zweigliedrigen GmbH

Bei einer zweigliedrigen GmbH kann ein Gesellschafter den anderen durch Gesellschafterbeschluss ausschließen, wenn in der Person des Auszuschließenden ein wichtiger Grund vorliegt. Haben beide Seiten Pflichtverletzungen begangen, ist eine Gesamtbewertung des Verhaltens beider Gesellschafter erforderlich.

Hintergrund

An der klagenden GmbH waren zwei Gesellschafter-Geschäftsführer, nämlich ein Mehrheitsgesellschafter mit 75% und ein Minderheitsgesellschafter mit 25 % beteiligt. Der Mehrheitsgesellschafter berief zunächst den Minderheitsgesellschafter als Geschäftsführer ab und weigerte sich außerdem, noch offene Forderungen des Minderheitsgesellschafters aus dessen Amtstätigkeit zu bezahlen. Der Minderheitsgesellschafter versuchte daraufhin, seine Beteiligung an Dritte zu veräußern, ohne diese – wie es der Gesellschaftsvertrag vorsah – seinem Mitgesellschafter zuvor zum Kauf anzubieten. Der Gesellschaftsvertrag sah neben diesem Vorkaufsrecht auch einen Zustimmungsvorbehalt (sog. Vinkulierungsklausel) vor. Der Mehrheitsgesellschafter nutzte dies und verweigerte die Zustimmung zur Übertragung, übte aber zugleich sein Vorkaufsrecht nicht aus. Als der Minderheitsgesellschafter anschließend erfolglos beantragte, die Geschäftsanteile des Mehrheitsgesellschafters einzuziehen bzw. an ihn zu übertragen, fasste der Mehrheitsgesellschafter seinerseits in einer Gesellschafterversammlung des Beschluss, den Minderheitsgesellschafter aus der Gesellschaft gegen Zahlung einer Abfindung auszuschließen.

Brandenburgischen OLG, Urteil v. 28.1.2015, 7 U 170/13

Das Brandenburgische OLG erklärte den Ausschluss des Minderheitsgesellschafters aus der GmbH mangels eines zur Ausschließung berechtigenden Grundes für unwirksam. Zwar könne in einer Zwei-Personen-GmbH die vollständige Zerrüttung des persönlichen Verhältnisses der Gesellschafter untereinander ein wichtiger Grund für eine Ausschließung sein. Entscheidend sei aber eine Gesamtbewertung des Verhaltens beider Gesellschafter. Das Zerwürfnis müsse also nicht nur von dem betroffenen Gesellschafter ganz oder überwiegend verursacht worden sein. Voraussetzung sei außerdem, dass nicht zugleich auch in der Person des die Ausschließung betreibenden Gesellschafters ein Ausschließungsgrund vorliege. Wenn dessen Verhalten für eine Ausschließung nicht ausreiche, so könne es jedoch die Umstände, aufgrund derer die Ausschließung betrieben wird, in einem milderen Licht erscheinen lassen, so dass sie eine Ausschließung nicht mehr rechtfertigten.

Das Brandenburgische OLG würdigte in diesem Sinne auch das Verhalten des Mehrheitsgesellschafters. Dessen Strategie sei offenbar gewesen, den Minderheitsgesellschafter finanziell „auszuhungern“. Demgegenüber erscheine dessen Versuch seine Anteile unter Verstoß gegen das Vorkaufsrecht an einen Dritten zu übertragen in einem milderen Licht. Eine Ausschließung des Minderheitsgesellschafters sei daher nicht gerechtfertigt.

Anmerkung

Zumeist liegen den Gesellschaftern in der Gründungssituation Gedanken an eine spätere Beendigung der gemeinsamen Zusammenarbeit fern. Nicht selten werden daher Regelungen, die auch und gerade in der zweigliedrigen Gesellschaft von hoher Wichtigkeit sind, entweder ohne nähere Prüfung aus Vertragsmustern oder Formularbüchern entnommen oder überhaupt nicht getroffen.

Das vorliegende Urteil, das ganz auf der Linie der Rechtsprechung des BGH und anderer Obergerichte liegt, verdeutlicht aber erneut, wie wichtig eine sorgfältige Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages ist, da die Gerichte besonders hohe Anforderungen an die Annahme eines wichtigen Grundes zur Ausschließung aus der Gesellschaft stellen. So können im Gesellschaftsvertrag einzelne spezifische Gründe definiert werden, die einen Ausschluss rechtfertigen, z.B. der Vermögensverfall eines Gesellschafters oder die Pfändung seiner Anteile.

Praxishinweis

Soll ein Gesellschafter wegen eines „unspezifischen“ wichtigen Grundes (wie eines tiefgreifenden Zerwürfnisses) aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, ist die Gesamtsituation vor der Beschlussfassung besonders sorgfältig zu prüfen. Denn wer das Zerwürfnis überwiegend verursacht hat, ist häufig nur schwer festzustellen und eine erfolgreich angefochtene (also rechtswidrige) Ausschließung kann ihrerseits ein Grund für eine Ausschließung sein.

Rechtsanwälte Dr. Stefan Lammel, Dr. Oliver Wasmeier; Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg

Vgl. zu dem Thema auch:

Zwingende Schlichtungsverfahren im Gesellschaftsvertrag

Ausschluss der Abfindung bei grobem Pflichtverstoß sittenwidrig

Wirksamkeit einer Russian-Roulette-Klausel im Gesellschaftsvertrag einer Zwei-Personen-Gesellschaft

Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg