Banken haften doch manchmal für Lehman-Anleihen
Der Hoffnungsschimmer, den die neuen BGH-Entscheidungen verbreiten, ist wirklich nur ein kleiner. Beide Urteile des BGH beruhen auf besonderen Vertragskonstellationen.
Produktinformation versprach 100 % Kapitalschutz
In einem Fall hatte die Bethmann-Bank ihrer Kundin für ihren damals minderjährigen Sohn „Lehman Brothers Aktien Kupon Anleihen“ für 30.000 Euro verkauft. Das Produktinformationsblatt versprach „100 % Kapitalschutz am Laufzeitende“.
Rückzahlungsbetrag bei Null
In einem weiteren Prospekt wurde darauf hingewiesen, dass der Bank in bestimmten Fällen ein Sonderkündigungsrecht zusteht und der Rückzahlungsbetrag dann bei Null liegen könne. Die Kundin hatte von diesem Prospekt keine Kenntnis.
Zertifikate für ca. 140.000 Euro - widersprüchliche Prospektangaben der Bank
Ähnlich verhielt er sich im zweiten vom BGH entschiedenen Fall. Dort hatte der Anleger bei der Bethmann-Bank Lehman Zertifikate für ca. 140.000 Euro gekauft.
Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im Jahr 2008 war Lehman-Brothers wegen des Handels mit Wertpapieren aus faulen US-Immobilienkrediten im großen Stil zusammengebrochen. Hierdurch wurden in Deutschland ca. 50.000 Anleger geschädigt.
Mit Lehman vor dem BGH baden gegangen
Viele dieser Anleger sind mit ihren Klagen - auch vor dem BGH – gescheitert, weil sie die Risiken hätten erkennen können oder müssen. Anders in den jetzt entschiedenen Fällen: Nach Auffassung des BGH hätte der jeweilige Berater der Bethmann-Bank die Kunden ungefragt über das Sonderkündigungsrecht aufklären und ausdrücklich darauf hinweisen müssen, dass in diesem Fall das Risiko des Totalverlustes besteht. In der Verletzung dieser Aufklärungspflicht lag nach Auffassung des BGH Senats ein schwerer Beratungsfehler, für den die Bank einzustehen hat.
Entschädigung nicht zu 100 %
In beiden Fällen wurde den Klägern vom BGH keine hundertprozentige Entschädigung zugesprochen. Im ersten Fall musste der Begünstigte einen Abschlag von rund 6.000 Euro hinnehmen und erhielt Schadenersatz in Höhe von 27.000 Euro. Grund für den Abzug: Der Kläger hätte seine Schadensersatzforderung im Insolvenzverfahren von Lehman-Brothers in New York anmelden können. Insoweit hatte er seiner Schadensminderungspflicht nicht genügt. Schadensersatzforderungen bis zu einem Betrag von 50.000 $ wurden dort pauschal mit 17 % vergütet. Im zweiten Verfahren war der Kläger schlauer und hatte aus der Lehman-Insolvenz umgerechnet bereits ca. 52.000 Euro ersetzt bekommen.
Hoffnung nur für eine Minderheit der Anleger
Für rund 50.000 Käufer von Lehman-Zertifikaten in Deutschland sind die Urteile nur ein schwacher Trost. Bereits mehrfach hat der BGH zu Gunsten der Banken entschieden (BGH, Urteil v. 27.9.2011, XI ZR 178/11; BGH, Urteil v. 26.6.2012, XI ZR 316/11). Die jetzigen Entscheidungen betreffen ausschließlich den Sonderfall, dass die vermittelnde Bank einerseits eine Garantie für den 100prozentigen Kapitalerhalt am Ende der Laufzeit abgegeben und im Widerspruch dazu der Bank gleichzeitig ein Sonderkündigungsrecht mit der Möglichkeit des Totalverlustes für den Anleger eingeräumt war.
Allein die mangelnde Aufklärung hierüber war der Anknüpfungspunkt für die vom BGH zuerkannten Schadensersatzsummen. Diese Fallkonstellation betrifft leider nur einen kleinen Teil der Anleger und kommt für einige davon im Hinblick auf eine möglicherweise eingetretene Verjährung wohl auch noch zu spät.
(BGH, Urteile v. 25.11.2014, XI ZR 169/13 u. 480/13).
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