BGH kassiert Sparkassen-AGB zur Kontokündigung wegen Intransparenz
Banken, Sparkassen und ihre AGB - dies scheint eine nicht endende Leidensgeschichte zu sein. Nach den AGB zu den Kontoführungsgebühren und den Kostenpauschalen für Kreditverträge waren und die Kündigungsvorschriften dran. Die von den meisten Sparkassen in Deutschland verwendeten AGB-Bestimmungen zur Kündigung von Girokonten hat der BGH nun gekippt und ihre Verwendung untersagt.
Sparkassen räumen sich umfassendes Kündigungsrecht ein
Der Verbraucherschutzverband „Schutzgemeinschaft für Bankkunden“ (SfB) hat gegenüber einer bayerischen Sparkasse die Formulierung in ihren AGB zur Kündigung der Girokonten von Privatkunden gerügt.
Die Sparkasse Nürnberg formulierte in ihren AGB,
- dass sowohl der Kunde als auch die Sparkasse
- die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszweige
- jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen können,
- „soweit keine zwingenden Vorschriften entgegenstehen“.
Die Sparkasse wurde nach den AGB lediglich allgemein verpflichtet, die Interessen des Kunden zu berücksichtigen und „nicht zur Unzeit“ zu kündigen.
Sparkassen kündigen willkürlich die Bankverbindung
Der SfB nahm die Sparkasse in 3 Instanzen bis zum BGH gerichtlich erfolgreich auf Unterlassung in Anspruch.
- Der SfB bemängelte, dass Sparkassen die Kündigungsklausel häufig dazu nutzen, Geschäftsverbindungen mit ihnen nicht genehmen Kunden nach Gutdünken zu beenden.
- Eine geplatzte Lastschrift oder eine Kontopfändung verursachen für die Sparkassen Mehraufwand und veranlassen diese schon mal zu einer vorzeitigen Beendigung der Geschäftsverbindung.
Dieser Praxis wollte der SfB ein Ende setzen.
Recht des Kunden auf Kontoführung
Der BGH zeigte Verständnis für das Vorbringen des SfB, Sparkassen seien meist als öffentlich-rechtliche Kreditinstitute konstruiert. Hierdurch hätten sie einen öffentlichen Auftrag und seien nach ständiger Rechtsprechung unmittelbar an die Grundrechte gebunden (BGH, Urteil v. 11.3.2003, XI ZR 403/01).
- Nach Art. 3 GG seien sie verpflichtet, alle Kunden gleich zu behandeln.
- Ohne besonderen sachlichen Grund, dürften sie keinem Kunden die Führung eines Girokontos auf Guthabenbasis verweigern, und zwar unabhängig von dessen Kreditwürdigkeit.
Dies gehe in einigen Bundesländern auch bereits unmittelbar aus dem SparkassenG hervor. Eine Kündigung ohne einen solchen sachlichen Grund sei daher gesetzeswidrig und damit gemäß § 134 BGB nichtig.
AGB sind unklar und intransparent - Rechtslage wird verschleiert
Aus diesen Grundsätzen folgerte der BGH, dass eine AGB, die auf diese Kontoführungspflicht nicht hinweise oder die Rechtslage verschleiere, rechtlich unzulässig sei. Der Hinweis in den von der Sparkasse Nürnberg verwendeten AGB, eine Kündigung sei jederzeit möglich, soweit keine zwingenden Vorschriften entgegenstehen, reiche nicht aus, um dem juristisch ungebildeten Laien deutlich zu machen, dass die Sparkasse ohne einen besonderen sachlichen Grund eine Kündigung nicht erklären dürfe.
- Auf die Auffassung eines vernünftigen Durchschnittskunden komme es aber an.
- Die verwendete Formulierung vermittle dem Laien die Vorstellung, die Sparkasse könne jederzeit ohne besondere Begründung die Bankverbindung beenden.
Aus diesem Grund ist die AGB nach Meinung der BGH-Richter unklar formuliert. Sie verschleiere die rechtlichen Voraussetzungen für eine Kündigung und verstoße damit gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Über 300 Sparkassen Filialen müssen ihre AGB ändern
In Deutschland existieren ca. 400 Sparkassen-Filialen. Nach Schätzung des SfB verwenden noch ca. 300 Filialen die vom BGH nun beanstandete Kündigungsklausel. Die Sparkassen- Juristen haben also mal wieder nachzubessern.
(BGH, Urteil v. 5.5.2015, XI ZR 214/14).
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