Die gemeinnützige Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)
Hintergrund: Eintragung gemeinnütziger Unternehmergesellschaft als „gUG“?
Eine gemeinnützige Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) begehrte ihre Eintragung in das Handelsregister. Sie wollte dabei mit dem abgekürzten Rechtsformzusatz „gUG“ firmieren. Das Registergericht lehnte die Eintragung jedoch ab, woraufhin die Gesellschaft Beschwerde einlegte.
Das Urteil BGH vom 28.04.2020, Az. II ZB 13/19
Nach mehreren Instanzen entschied zuletzt der BGH, dass die Firmierung als „gUG (haftungsbeschränkt)“ zulässig sei und klärte damit eine bislang umstrittene Rechtsfrage. Zwar sieht das Gesetz – anders als bei der gemeinnützigen GmbH (§ 4 GmbHG) – die Möglichkeit, die Gemeinnützigkeit der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) durch ein dem Rechtsformzusatz vorangestelltes “g“ zu kennzeichnen, nicht ausdrücklich vor. Dabei handele es sich jedoch, so der BGH, um ein Versehen des Gesetzgebers.
Wichtig sei lediglich, dass die begrenzte Haftung im Rechtsverkehr durch den Rechtsformzusatz „UG (haftungsbeschränkt)“ bzw. „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ klargestellt werde. Wenn diesem zwingend erforderlichen Zusatz wie bei der GmbH (der „großen Schwester“ der Unternehmergesellschaft) ein „g“ vorangestellt werde, schade dies nicht.
Anmerkung: Gemeinnützige Kapitalgesellschaften – eine gute Gestaltungsoption?
Wer an gemeinnützige Institutionen denkt, hat vielfach zunächst Vereine und Stiftungen im Sinn. Aber auch gemeinnützige Kapitalgesellschaften finden sich immer häufiger. Dabei handelt es sich um Kapitalgesellschaften, deren Gewinne für gemeinnützige Zwecke verwendet werden und nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden dürfen (außer diese sind selbst gemeinnützige Institutionen). Im Gegenzug erhalten gemeinnützige Kapitalgesellschaften weitreichende steuerliche Vorteile, u.a. durch die Befreiung von der Pflicht zur Zahlung von Körperschafts- und Gewerbesteuer sowie erbschaft- und schenkungssteuerliche Vorteile. Gemeinnützige Kapitalgesellschaften sind dabei sowohl allein – also als Alternative zu den „klassischen“ gemeinnützigen Institutionen wie Stiftung und Verein – als auch in Kombination mit diesen denkbar. Vielfach übernimmt beispielsweise die gemeinnützige Kapitalgesellschaft das operative Geschäft und die gemeinnützige Stiftung / der gemeinnützige Verein die Rolle des Gesellschafters.
Besonders beliebt bei den gemeinnützigen Kapitalgesellschaften ist die gemeinnützige GmbH (gGmbH). Ebenso wie die Stiftung kann sie bereits von einer einzigen Person errichtet werden; anders als bei Vereinen müssen sich folglich nicht mindestens sieben Mitglieder zusammenfinden. Der wesentliche Vorteil der gGmbH liegt in der großen Flexibilität. So besteht bei der Satzung weitgehende Gestaltungsfreiheit und können beispielsweise zusätzliche Gremien neben der Geschäftsführung angepasst auf die Bedürfnisse im Einzelfall eingerichtet werden (z.B. Beiräte oder Kuratorien).
Auch bei der Vermögensaufbringung kann die gGmbH Vorteile gegenüber einer gemeinnützigen (rechtsfähigen) Stiftung haben, denn sie kann bereits mit einem Stammkapital von 25.000 EUR gegründet werden, während die Stiftungsaufsichtsbehörden die Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung im Regelfall frühestens ab einem (Bar-)Vermögen von 50.000 EUR zulassen. Ein besonderer Vermögensschutz / Vermögenserhaltungsgrundsatz gilt in beiden Fällen: bei der gGmbH ist nach allgemeinen Grundsätzen das Stammkapital zu erhalten (§§ 30, 31 GmbHG), bei der Stiftung das sog. Grundstockvermögen / Stiftungskapital. Ein wesentlicher Unterschied ist allerdings, dass die Vermögenserhaltung bei der rechtsfähigen Stiftung von der Stiftungsaufsichtsbehörde kontrolliert wird. Dies kann die Tätigkeit der Stiftung durchaus einschränken, zumal die Stiftungsaufsicht auch über andere grundlegende Fragen wie Zweckänderungen oder die Auflösung der Stiftung mitentscheidet. Bei einer gGmbH bestehen derartige Einschränkungen nicht. Gerade wenn besondere Flexibilität gewünscht ist, kann eine gGmbH deswegen eine sinnvolle Alternative oder Ergänzung zu Stiftung oder Verein sein.
Andere Formen gemeinnütziger Kapitalgesellschaften finden sich eher selten. So sind gemeinnützige Aktiengesellschaften zwar möglich, aufgrund der strikten aktienrechtlichen Vorschriften jedoch sehr unflexibel und auch unter Publizitätsgesichtspunkten selten gewünscht – sie sind daher in der Praxis so gut wie nie anzutreffen. Gemeinnützige Unternehmergesellschaften (haftungsbeschränkt) – also die „kleine Schwestern der GmbH“ – gibt es bislang ebenfalls nur vereinzelt, was allerdings unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass es diese erst seit knapp 10 Jahren gibt. Gerade für kleine Vermögen, die für eine GmbH-Gründung und damit für eine Stiftungserrichtung erst recht (noch) nicht ausreichen, kann eine gemeinnützige Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) aber in Betracht kommen, zumal sie alle Gestaltungs- und Flexibilitätsvorteile einer gGmbH hat.
Auch wenn erst einmal erprobt werden soll, ob der gewünschte gemeinnützige Zweck überhaupt sinnvoll begleitet werden kann, kann an eine gemeinnützige Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – als eine „Mini-Stiftung auf Probe“ – gedacht werden. Sie kann auch im Laufe der Zeit zu einer gGmbH erstarken, wenn sie entsprechende Rücklagen bildet; dies ist nämlich auch bei der gemeinnützigen Form der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) möglich, ohne die Gemeinnützigkeit zu gefährden. Für die bislang umstrittene Firmierung einer solchen gemeinnützigen Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) hat das jüngste Urteil des BGH nun Klarheit gebracht: die Firmierung als „gUG (haftungsbeschränkt)“ ist unbedenklich. Dies ist ein Grund mehr, gemeinnützige Kapitalgesellschaften (auch in Form der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)) zukünftig als Ergänzung oder Alternative zu gemeinnützigen Stiftungen und Vereinen in Betracht zu ziehen.
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