Zulässige Einwilligung in Werbung über viele Kommunikationswege durch einen Klick?
Eine Vereinigung, die sich dem Verbraucherschutz verschrieben hat, findet die Art und Weise wie ein marktführender Telekommunikationsdienstleister Werbung anbietet nicht zulässig und sieht eine unzumutbarer Belästigung der Kunden durch Werbung.
Verbraucherschutzverband beanstandet Einwilligungserklärung
Der Verbraucherschutzverein wollte folgende Passage nicht mehr verwendet wissen, die Vertragskunden des Unternehmens zum Anklicken angeboten wurde:
„Ich möchte künftig über neue Angebote und Services der T-GmbH per E-Mail, Telefon, SMS oder MMS persönlich informiert und beraten werden.
Ich bin damit einverstanden, dass meine Vertragsdaten aus meinen Verträgen mit der T-GmbH von dieser bis zum Ende des Kalenderjahres, das auf die Beendigung des jeweiligen Vertrages folgt, zur individuellen Kundenberatung verwendet werden. Meine Vertragsdaten sind die bei der T-GmbH zur Vertragserfüllung (Vertragsabschluss, -änderung, -beendigung, Abrechnung von Entgelten) erforderlichen und freiwillig abgegebener Daten.“
Anschließend wird der Kunde noch darauf hingewiesen, dass der seine Einwilligung jederzeit widerrufen kann.
Marktführende Position und bundesweite Verwendung führten zum BGH
Geklagt wurde in Köln. Das Landgericht wies die Klage ab, das OLG gab dem Unterlassungsverlangen statt.
- Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen,
- weil die in Streit stehende Klausel bundesweit verwendet wird
- und die T-GmbH Marktführer im Bereich der Telekommunikation ist.
So kam es, dass der BGH sich mit der Sache beschäftigte und die Entscheidung in letzter Instanz zu Gunsten der T-GmbH drehte.
Werbepost-Einwilligungen in AGB im Grundsatz erlaubt
Alle Gerichte unterstellten die in Streit stehende Formulierung der AGB-Kontrolle (§§ 305 ff. BGB). Die Einseitigkeit der Erklärung hinderte diese Prüfung nicht, weil die Einwilligung im Zusammenhang mit einer kostenpflichtigen Bestellung eines Produkts oder einer Leistung der T-GmbH gegeben wird und somit eine Sonderverbindung zwischen den Parteien bestand.
Ebenso waren sich alle drei Gerichte einig, dass Einwilligungserklärungen in Werbung grundsätzlich in AGB platziert werden können. Bei der Bewertung der Zulässigkeit der konkreten Klauseln gingen die Meinungen dann aber auseinander.
BGH formuliert Vorgaben an eine wirksame Einwilligung
Die BGH-Richter unterzogen die Formulierungen der Inhaltskontrolle (§ 307 BGB) mit Blick auf einen Wettbewerbsverstoß wegen unzumutbarer Belästigung der Kunden durch Werbung (§ 7 Abs. 2 S. 2, 3 UWG bei richtlinienkonformer Auslegung, Art. 13 der Richtlinie 2002/58/EG).
Sie betonten, dass die drei Sätze der Einwilligungserklärung nicht einzeln für sich, sondern in ihrem Bezug zueinander bewertet werden müssten. Die Prüfung der Klauseln dröselten sie so auf:
Eine Einwilligung muss der Verbraucher in Kenntnis der Sachlage und für den konkreten Fall erteilen, damit sie wirksam ist. |
Eine Einwilligung wird in Kenntnis der Sachlage erteilt, wenn
- der Verbraucher weiß, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt und
- worauf sie sich bezieht.
Die Einwilligung erfolgt für den konkreten Fall, wenn
- klar wird,
- welche Produkte oder Dienstleistungen
- welcher Unternehmen
- sie konkret erfasst.
Maßstab für eine zulässige Einwilligung in Werbung
Maßstab ist ein rechtlich nicht vorgebildeter, verständiger und redlicher Durchschnittskunde. Einem solchen traute der BGH bei der konkreten Klausel zu, dass er anhand der Formulierung erkennt,
- dass er sich damit einverstanden erklärt, aktiv beworben und beraten zu werden,
- dass die Werbung Produkte und Dienstleistungen der T-GmbH betrifft und
- welche konkrete Art von Werbung er zu erwarten hat, weil ihm die Produktpalette der T-GmbH als bestehender bzw. ehemaliger Vertragskunde bekannt ist.
Zulässige Zusammenfassung der Werbewege in eine Einwilligungserklärung
Die Tatsache, dass der Kunde nur gebündelt für alle Infokanäle der Werbung zustimmen kann,
- führt nicht dazu, dass die Klauseln unspezifisch oder intransparent sind.
- Der Verbraucherschutz würde durch eine separate Einwilligung nicht gestärkt.
- Die Kumulation hält wahrscheinlich mehr Kunden davon ab, den Einwilligungsklick zu tätigen, als wenn sie die Wahl hätten, aber das sei das Problem der T-GmbH und keine Benachteiligung des Kunden.
Schließlich fanden die BGH-Richter auch die bis zu 2 Jahre nach Vertragsbeendigung andauernde Bewerbung des Kunden für nicht zu lang.
(BGH, Urteil v. 1.2.2018, III ZR 196/17).
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