Zum Erfordernis einer Veränderungsspalte in einer Gesellschafterliste
Ein Gesellschafter einer GmbH trat seine Geschäftsanteile an der Gesellschaft auf einen neuen Gesellschafter ab. In der Gesellschafterliste, die der Notar daraufhin einreichte, wurde der Name des alten Gesellschafters durch den des neuen Gesellschafters ersetzt. Eine Veränderungsspalte wurde nicht angefügt.
Das Registergericht lehnte die Aufnahme der Gesellschafterliste in den Registerordner ab. Die Gesellschafterliste entspreche nicht den Vorgaben der Gesellschafterlistenverordnung. Danach sei eine Anteilsübertragung zwingend in eine Veränderungsspalte einzutragen. Gegen die Ablehnung des Antrags wandte sich der Notar mit der Beschwerde. Über diese entschied das OLG Frankfurt a.M.
Das Urteil des OLG Frankfurt a.M. v. 16.9.2021 (20 W 225/19)
Die Beschwerde hatte Erfolg. Das Gericht war der Auffassung, dass bei der Einreichung einer neuen Gesellschafterliste nach einer Anteilsübertragung eine Veränderungsspalte zwar im Regelfall sinnvoll und an sich die richtige Entscheidung sei (die Gesellschafterliste spreche an dieser Stelle davon, dass es eine Veränderungsspalte geben „soll“). Eine Veränderungsspalte sei aber nicht verpflichtend und die Gesellschafterliste sei auch beim Fehlen einer Veränderungsspalte in den Registerordner aufzunehmen.
Praxishinweis
Bei GmbHs muss nach jeder Veränderung in den Personen der Gesellschafter (z.B. durch Anteilsübertragung) oder des Umfangs ihrer Beteiligung (z.B. durch Kapitalmaßnahmen) vom Geschäftsführer oder – soweit ein Notar an den Veränderungen mitgewirkt hat – diesem Notar eine aktualisierte Liste der Gesellschafter zum Handelsregister eingereicht werden (§ 40 GmbHG). Aus der Gesellschafterliste soll sich auf diese Weise immer der aktuelle Gesellschafterbestand ergeben, was für die Ausübung der Gesellschafterrechte von entscheidender Bedeutung ist: Denn nur, wer in die Gesellschafterliste eingetragen ist, gilt im Verhältnis zur GmbH als Gesellschafter und kann damit Stimm-, Rede- oder Anfechtungsrechte ausüben (§ 16 GmbHG).
Das Gesetz und die sog. Gesellschafterlistenverordnung (GesLV) legen Mindestangaben für die Gesellschafterliste fest. Sie betreffen zum einen die Person der Gesellschafter. Wenn es sich um natürliche Personen handelt, müssen Vor- und Nachname, Geburtsdatum und Wohnort angegeben sein; bei Gesellschaften als Gesellschaftern sind das zuständige Registergericht, die Registernummer und der Sitz als Identifikationsmerkmale anzugeben. Daneben muss die Gesellschafterliste Angaben zum Umfang der Beteiligung enthalten, d.h. Angaben zu den Nennbeträgen der einzelnen Anteile, der prozentualen Beteiligung am Stammkapital pro Geschäftsanteil und zum Gesamtumfang der Beteiligung jedes Gesellschafters. Die in der Gesellschafterliste ausgewiesenen Geschäftsanteile sind außerdem in bestimmter Weise zu nummerieren. Interessierte (z.B. Geschäftspartner oder potentielle Erwerber) können der Gesellschafterliste so auf einen Blick viele informative Angaben entnehmen.
Aufschlussreich ist zudem die Veränderungsspalte, um die es auch in der Entscheidung des OLG Frankfurt ging. Dort sollen bestimmte Änderungen bei den Gesellschaftern und ihrem Beteiligungsumfang eingetragen werden (u.a. die Entstehung neuer Geschäftsanteile, die Einziehung von Geschäftsanteilen oder Anteilsübertragungen). Der Leser der Gesellschafterliste kann Änderungen auf diese Weise schneller erkennen und historisch besser nachvollziehen.
Praktisch ist die Veränderungsspalte deswegen auf jeden Fall – zwingend erforderlich ist sie hingegen nur in Ausnahmefällen (z.B. bei sog. Bereinigungslisten bei vollkommen unübersichtlich nummerierten Gesellschafterlisten). Deswegen – so zu Recht das OLG Frankfurt, nachdem das KG Berlin und das OLG Hamm ähnlich entschieden hatten – darf das Registergericht eine Gesellschafterliste ohne Veränderungsspalte auch nicht zurückweisen. Um es auf diese Diskussion gar nicht ankommen zu lassen und Nachfragen des Registergerichts vorzubeugen, sollte trotzdem nach Möglichkeit an die Veränderungsspalte in die Gesellschafterliste gedacht werden.
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