Sachmangel im b2b-Bereich

Im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern haftet der Verkäufer einer mangelhaften Sache grundsätzlich nur dann für die zusätzlich zur Nachlieferung selbst anfallenden Aus- und Einbaukosten, wenn er den Mangel zu vertreten hat.

Hintergrund

Der Europäische Gerichtshof hatte in einem vielbeachteten Urteil vom 16.6.2011 (Az. C-65/09, C-87/09) entschieden, dass ein Verbraucher, der von einem Unternehmer eine Sache gekauft hat (sog. „Verbrauchsgüterkauf“), bei Auftreten eines Mangels im Rahmen der Nachlieferung auch den Ausbau der ursprünglich gelieferten mangelhaften Sache und den Einbau der nachgelieferten mangelfreien Sache verlangen kann. Verweigert der Unternehmer den Aus- und Einbau, so kann der Verbraucher Ersatz der hierfür erforderlichen Kosten verlangen, soweit diese nicht unverhältnismäßig hoch sind. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte diese Entscheidung mit Urteil vom 21.12.2011 (Az. VIII ZR 70/08) bestätigt.

Unsicherheit bestand jedoch in der Frage, ob dies auch gelten solle, wenn kein Verbrauchsgüterkauf (b2c) gegeben ist, sondern der Kaufvertrag zwischen Unternehmern (b2b) oder allein zwischen Verbrauchern (c2c) geschlossen wird. Hierzu hatte der BGH mangels Entscheidungserheblichkeit nicht Stellung genommen.

Urteil des BGH v. 17.10.2012, Az. VIII ZR 226/11

Klarheit bringt nun das hier näher betrachtete Urteil: Im b2b-Bereich (und ebenso im c2c-Bereich) sind die Aus- und Einbaukosten nicht vom modifizierten Erfüllungsanspruch des Käufers auf „Lieferung einer mangelfreien Sache“ (§ 439 Abs. 1 BGB) umfasst. Dies hat zur Folge, dass der Käufer seine für den Ausbau der mangelhaften und den Einbau der mangelfreien Sache anfallenden Kosten nur dann ersetzt verlangen kann, wenn der Verkäufer die mangelhafte Lieferung zu vertreten hat. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn er von der Mangelhaftigkeit der Kaufsache wusste oder den Mangel hätte erkennen können.

Der Hintergrund ist folgender: Im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufs kann der Käufer die bei ihm für den Aus- und Einbau angefallenen Kosten als Schadensersatz aufgrund unberechtigter Verweigerung des Aus- und Einbaus verlangen. Dies scheidet im unternehmerischen Geschäftsverkehr aus: Nach dem BGH hat der Käufer hier bereits keinen Anspruch auf den Aus- und Einbau, so dass der Verkäufer diese Leistungen grundsätzlich auch mit Recht verweigern kann. Soweit der Verkäufer allerdings bereits die Lieferung der mangelhaften Sache an sich zu vertreten hat, haftet er aufgrund dieser (von der bloßen Nacherfüllungsverweigerung zu unterscheidenden) Pflichtverletzung. Dann hat der Verkäufer auch im b2b-Bereich die Aus- und Einbaukosten zu tragen.

Anmerkung

Der BGH hat klargestellt, dass bei Kaufverträgen zwischen Unternehmern (b2b) oder zwischen Verbrauchern (c2c) der Ausbau der mangelhaften Sache und der Einbau der Ersatzsache von der Nacherfüllungsvariante "Lieferung einer mangelfreien Sache" (§ 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB) nicht erfasst wird.

Diese Entscheidung ist zu begrüßen. Eine andere Handhabung hätte erhebliche wirtschaftliche Risiken für Lieferanten zur Folge gehabt, denn vielfach treten Konstellationen zu Tage, in denen der eigentliche Nacherfüllungsaufwand eher begrenzt ist, während die zusätzlichen Kosten für den erforderlichen Ausbau des mangelhaften Produkts und den Wiedereinbau eines mangelfreien Produkts - etwa aufgrund zwischenzeitlicher Weiterverarbeitungstatbestände - ganz erheblich sind. Gerade bei den Aus- und Einbaukosten spielt also oftmals „die Musik". Dies gilt in besonderer Weise für Zwischenhändler, die – da selbst nicht Hersteller der von ihnen verkauften Produkte – den Mangel oft nicht zu vertreten haben und daher nicht vom Erwerber auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden können.

Rechtsanwälte Dr. Frank Jungfleisch, Dr. Nils Wurch, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg


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