Umwandlungsgesetz-Änderung soll Limiteds den beim Brexit nötigen Rechtsformwechsel erleichtern
In Deutschland ist die englische Limited (Companies Limited by Shares / Ltd.) auch nach der Einführung der Unternehmergesellschaft noch eine beliebte Gesellschaftsform. Obwohl ihre Attraktivität mit Einführung der gründungsfreundlichen Unternehmergesellschaft (UG) deutlich nachgelassen hat, gibt es immerhin ca. 8.000 bis 10.000 englische Limiteds mit Verwaltungssitz in Deutschland.
Warum die Limited in Deutschland beliebt wurde
Das hat vor allem folgende Gründe:
- Eine UK Limited ist wesentlich schneller und mit weniger Kostenaufwand gegründet als vergleichbare deutsche Kapitalgesellschaften (GmbH, UG).
- Sie unterliegt nicht dem relativ komplizierten und streng formellen GmbH-Recht.
- Die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer in dieser Rechtsform nicht so streng sind wie bei den Kapitalgesellschaften deutschen Rechts.
- Es gibt kein gesetzlich vorgeschriebenes Mindestkapital.
- Die persönliche Haftung ist trotzdem beschränkt.
Karriere hat diese Rechtsform, insbesondere vor Einführung der Unternehmergesellschaft, gemacht, weil europäischen Grundfreiheiten, insbesondere die Niederlassungsfreiheit, ihre Anerkennung in Deutschland ermöglicht.
Mit dem Brexit droht in der Ltd. unbeschränkte persönliche Haftung
Mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU entfällt die Niederlassungsfreiheit für UK Limiteds. Hierzulande gilt die sog. Sitztheorie.
- Das Landesrecht, an dem eine juristische Person ihren Verwaltungssitz hat, wird angewandt.
- Im Fall der UK Limiteds mit Verwaltungssitz in Deutschland ist also – ohne die Brücke der Niederlassungsfreiheit und der europäischen Auslegung – deutsches Recht anzuwenden.
- Das deutsche Gesellschaftsrecht aber ist streng und formell. Eine im Ausland gegründete Kapitalgesellschaft, wie die Ltd. eine ist, genügt dessen Anforderungen nicht.
Sie wird in der Konsequenz als OHG (wenn ein Handelsgewerbe betrieben wird), GbR oder Einzelkaufmann behandelt, also eine Personengesellschaft, bei der die Gesellschafter persönlich haften.
Im Handelsregister eingetragene Zweigniederlassung hilft nicht
Dieses Schicksal droht sowohl
- den Limiteds, die nach dem Brexit ihren Verwaltungssitz nach Deutschland verlegen als auch
- den Limiteds, die ihre Zweigniederlassung und ihr Hauptgeschäft bereits in Deutschland haben.
Das deutsche Recht interpretiert in ein Auseinanderfallen des satzungsmäßigen Sitzes im UK und dem tatsächlichen Verwaltungssitz an der deutschen Zweigniederlassung eine Sitzverlegung nach Deutschland. Dabei macht es keinen Unterschied, dass die Zweigniederlassung bereits im deutschen Handelsregister eingetragen ist, denn dieser Eintrag gibt nicht die ganze Ltd. wieder.
Limiteds müssen mit Blick auf den Brexit (voraussichtlich 29.3.2019) handeln
Was tun? Der Austritt des Vereinigten Königreichs wird voraussichtlich am 29. März 2019 wirksam. Für UK Limiteds in Deutschland, die ihren Geschäftsbetrieb bei beschränkter Haftung aufrechterhalten möchten, ist das das magische Datum, bis zu dem eine Umwandlung und Anpassung an das deutsche Recht abgeschlossen sein müsste. Nach derzeitiger Rechtslage sind die Umgestaltungsmöglichkeiten begrenzt und mit erheblichen Unsicherheiten, Kosten und formellem Aufwand verbunden. Zudem garantieren sie, insbesondere unter dem zeitlichen Aspekt kein Gelingen.
Probleme bei der Umwandlung der Ltd. nach aktuellem Recht
Genannt seien von den Herausvorderungen einer rechtzeitigen Umwandlung nur stichwortartig,
- die notwendige Beachtung sowohl britischen als auch deutschen Rechts,
- der notariell zu beurkundende Verschmelzungsplan, der Verschmelzungsbericht und die Verschmelzungsprüfung,
- die Anmeldung der Verschmelzung sowohl beim britischen als auch beim deutschen Handelsregister,
- die Weigerungshaltung des englischen Companies House, grenzüberschreitende Formwechsel umzusetzen,
- Fristen, die im Wettrennen mit dem Brexit laufen.
Neues Gesetz soll die Umstellung erleichtern
Bei all diesen Unwägbarkeiten kommt nun der neue Gesetzesentwurf ins Spiel, der die Misere der Limiteds mit deutschem Verwaltungssitz aufgreift und ihnen helfen soll.
- Das Vierte Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes (4. Änderung UmwG-E)
- soll v. a. das UmwG in den §§ 122a ff. um Vorschriften über die Hineinverschmelzung
- von Kapitalgesellschaften auf Personenhandelsgesellschaften
- ergänzen.
Den betroffenen Unternehmen würde hiermit eine Umwandlung beispielsweise in eine Kommanditgesellschaft ermöglicht, an der sich entweder eine GmbH (25.000 Euro Mindestkapital) oder eine haftungsbeschränkte UG (Mindestkapital 1 Euro) als persönlich haftender Gesellschafter beteiligen könnte.
Übergangsregelung soll Zeitdruck verminden
Außerdem werden, um den zeitlichen Druck etwas zu verringern, Übergangsregelungen für alle zum Zeitpunkt des Brexits bereits begonnenen Verschmelzungsvorgänge geschaffen. Das Gesetz soll für alle grenzüberschreitenden Verschmelzungen im Gebiet der EU/des EWR-Abkommens gelten.
Grenzüberschreitende Verschmelzung auf Personenhandelsgesellschaften ermöglicht
Der Referentenentwurf des BMJV v. 3.9.2018 sieht konkret vor, dass künftig auch Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG, GmbH & Co. KG, UG & Co. KG) als Zielgesellschaft an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligt sein können, und zwar sowohl durch Aufnahme als auch durch Neugründung (§ 122b Abs. 1 UmwG-E). Wird dieser Weg gewählt, muss der Verschmelzungsplan für jeden Anteilsinhaber der alten Gesellschaft darüber informieren,
- ob er in der neuen Konstellation als persönlich haftender Gesellschafter oder Kommanditist auftritt und
- wie hoch die Einlage jedes Gesellschafters ist (§ 122c Nr.13 UmwG-E).
Vereinfachtes Verschmelzungsverfahren
Das Verschmelzungsverfahren kann erheblich verkürzt werden, wenn
- alle Anteilseigner einhellige Verzichtserklärungen abgeben oder
- wenn sich alle Anteile der übertragenden Rechtsträgers in der Hand des übernehmenden Rechtsträgers befinden.
Ersparen kann man sich in diesen Situationen
- den Verschmelzungsbericht (§ 122e UmwG-E) und/oder
- die Prüfung Verschmelzungsvertrags(-entwurfs) durch einen Sachverständigen (§ 122f UmwG-E).
Die Verzichtserklärungen müssen jeweils notariell beurkundet werden. Das sorgt für Schutz vor Übereilung oder Fehlinformation.
Verschmelzung kann auch nach Austritt des UK aus der EU abgeschlossen werden
Vom Zeitfaktor her sieht der Gesetzesentwurf eine Übergangsregelung vor (§ 122 m UmwG).
- Die betroffenen Limiteds müssten nach derzeitiger Rechtslage die Verschmelzung noch vor dem Brexit abgeschlossen haben. Der Verschmelzungsvorgang kann sich jedoch lange hinziehen.
- Mit der Neuregelung wird den betreffenden Gesellschaften hinreichend Zeit gegeben, begonnene Verschmelzungen auch nach erfolgtem Brexit abzuschließen.
Zügiges Handeln ist dennoch geboten, denn die Anerkennung der Verschmelzung nach erfolgtem Brexit ist an Bedingungen geknüpft.
Welche Bedingungen müssen für eine Verschmelzung nach dem Brexit erfüllt werden?
- Der Verschmelzungsplan muss vor dem Brexit oder vor dem Ablauf einer - noch zu bestimmenden - Übergangsfrist notariell beurkundet worden sein und
- die Verschmelzung muss unverzüglich, spätestens innerhalb von 2 Jahren mit den erforderlichen Unterlagen (§ 122 l UmwG) beim Handelsregister angemeldet werden.
Verschmelzung kostet Geld und Zeit
Nichts ist umsonst. So bringt auch die Verschmelzung einer Limited in das deutsche Rechtssystem Kosten- und Zeitaufwand mit sich. Im Wesentlichen sind das Gebühren für eine sicherlich erforderliche Rechtsberatung in Großbritannien und/oder Deutschland. Daneben können Gerichts- und Verwaltungskosten entstehen, die zumindest hierzulande moderat sind.
Der Gesetzesentwurf wird derzeit diskutiert. Der deutsche Notarverein beispielsweise reagiert sehr kritisch. Es bleibt daher abzuwarten, ob die Version des BMJV tatsächlich so umgesetzt wird.
(Referentenentwurf des BMJV für ein „Viertes Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes“ v. 3.9.2018).
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Zur Bedeutung von Brexit für Anwälte
Hintergrund:
Allerdings war nach einer Phase der Limited-Euphorie der Zenit dieser Rechtsform schon vor dem Brexit-Thema überschritten. denn bereits vor der Einführung der Unternehmergesellschaft waren im praktischen Einsatz die Nachteile dieser Gesellschaftsform in den Vordergrund getreten:
- Die gleichzeitige Anwendung des deutschen und englischen Rechts können zu einer unübersichtlichen Rechtslage führen,
- und im Streitfall ein hohes Risiko und hohe Kosten verursachen,
- insbesondere gilt dies bei dem Thema Geschäftsführerhaftung.
Auch die laufenden Kosten lassen die zuvor kostengünstige Gründung bald in den Hintergrund treten. Später wurde dann durch die Modernisierung des GmbH-Rechts die GmbH im Vergleich zur Limited wieder attraktiver, nicht zuletzt im Hinblick auf das Mindestkapital.
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