Unwirksame Gerichtsstandsvereinbarung

Eine Gerichtsstandsvereinbarung in einem Handelsvertretervertrag ist unwirksam, wenn dem Handelsvertreter dadurch Ausgleichsansprüche verwehrt bleiben.

Hintergrund

Der Kläger ist ein für die US-amerikanische Beklagte u.a. in Deutschland tätiger Handelsvertreter. Laut Handelsvertretervertrag waren die Gerichte im US-Bundesstaats Virginia ausschließlich für sämtliche Streitigkeiten aus und im Zusammenhang mit dem Handelsvertretervertrag zuständig. Außerdem unterlag der Handelsvertretervertrag dem Recht von Virginia. Der Handelsvertreter klagte nun vor deutschen Gerichten auf Handelsvertreterausgleich. Die Beklagte wandte ein, die deutschen Gerichte seien für diese Klage gar nicht zuständig.

Beschluss des BGH v. 5.9.2012, Az. VII ZR 25/12 3456

Der BGH bejahte eine Zuständigkeit deutscher Gerichte. Die ausschließliche Zuständigkeit der US-Gerichte sei unwirksam, da hierdurch international zwingendes Recht in Form des Ausgleichsanspruches des Handelsvertreters nach § 89b HGB nicht angewendet würde. Und ohne diese Gerichtsstandsklausel konnte der Handelsvertreter vor deutschen Gerichten klagen, weil die Beklagte über Vermögen im Inland verfügte (§ 23 ZPO).

Anmerkung

Durch den vorliegenden Beschluss wird der zu Gunsten des Handelsvertreters bestehende Ausgleichsanspruch abgesichert. Es ist nach dem Urteil des BGH nicht möglich, einen Ausgleichanspruch eines in der EU tätigen Handelsvertreters durch eine Rechtswahlklausel zu umgehen, auch wenn der Unternehmer seinen Sitz in einem außereuropäischen Drittstaat hat. Der an sich zwingende Ausgleichsanspruch kann nach ausländischen Rechten wie auch nach deutschem Recht abbedungen werden, wenn die Tätigkeit nicht in dem Geltungsbereich der jeweiligen Rechtsordnung ausgeübt wird.

Der Beschluss des BGH zeigt aber, dass in diesen Fällen nicht allein die jeweils gewählte Rechtsordnung maßgeblich ist. Auch das am Ort der Handelsvertretertätigkeit anwendbare Recht ist zu berücksichtigen und kann zu einem Ausgleichsanspruch führen. Diese Rechtsfolge besteht nicht nur nach deutschem Recht, sondern auch nach vielen ausländischen Rechtsordnungen.

Eine entsprechende Problematik besteht in einigen Rechtsordnungen auch für eine Kündigung von langlaufenden Handelsverträgen, die in Frankreich als „rupture brutale“ zu einem von französischen Gerichten zu entscheidenden Schadensersatzanspruch führen kann.

Im Fall von internationalen Handelsvertreterverträgen ist daher eine Prüfung auch des Rechts des Staats der Handelsvertretertätigkeit (und nicht nur des vereinbarten Rechts) zu empfehlen, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden und Gestaltungsoptionen zu finden.

Rechtsanwälte Dr. Stefan Lammel, Dr. Jan Henning Martens, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg


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