Neue Regeln für den grauen Kapitalmarkt
Die neuen Regeln zu Prospekten, Informationsblättern und zur Haftung bringen aus Anlegersicht einige Verbesserungen, insbesondere in Verjährungsfragen. Das Grundproblem von geschlossenen Beteiligungen lösen sie aber nicht.
Was wird von der Neuregelung erfasst? Graue Kapitalmarkt – was ist das?
Beim Grauen Kapitalmarkt handelt es sich um das Geldanlagensegment, das anders als der „Weiße Kapitalmarkt“ der staatlichen Finanzaufsicht oder ähnlichen Regulierungen unterliegt, sich aber noch diesseits des illegal existierenden und agierenden „Schwarzen Kapitalmarkts“ befindet. Für Produkte des sogenannten grauen Kapitalmarkts definiert das neue Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) seit dem 1. 6. 2012 neue Regeln.
Wer ist wann von den neuen Pflichten betroffen?
In der Pflicht sind im 1. Schritt seit dem 1. 6. 2012 nur die Berater von Banken und Sparkassen. Für bankenunabhängige Berater gelten die neuen Regelungen ab dem 1. 1. 2013.
Die Zielsetzung der neuen gesetzlichen Regelungen ist klar: Die Verbraucher sollen besser vor irreführenden oder falschen Informationen von provisionsgetriebenen Initiatoren und Verkäufern geschützt werden. Denn viel zu oft werden Beteiligungen an Immobilien-, Schiffs-, Windenergie- oder Private Equity-Fonds mit unseriösen Versprechungen verkauft.
BaFin prüft Verkaufsprospekte genauer, aber weiter keine inhaltliche Prüfung
Neuerungen gibt es unter anderem bei der Überprüfung der Verkaufsprospekte. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) muss jetzt prüfen, ob die Angaben in den Prospekten
• widerspruchsfrei (kohärent)
• und aus sich heraus verständlich sind (§ 8 Abs. 1 VermAnlG).
Bisher kontrollierte die BaFin lediglich, ob der Prospekt formal vollständig war. Der Nutzen für Anleger ist dennoch begrenzt. Denn die entscheidende Frage, nämlich ob die Inhalte stimmen, prüft die Aufsichtsbehörde nach wie vor nicht.
Neues Kurzinformationsblatt für die schnelle Übersicht
Neu ist auch, dass Anbieter auf maximal drei Seiten kompakt die Chancen und Risiken der Vermögensanlage erläutern müssen. In dem Vermögensanlagen-Informationsblatt (§ 13 VermAnlG) sollen potenzielle Kunden vor allem Angaben zu den wesentlichen Risiken, zu Kosten und Provisionen finden. Bei offenen Investmentfonds und anderen Kapitalanlagen gibt es eine vergleichbare Regel bereits seit dem 1.7. 2011.
Diese Details muss das Informationsblatt enthalten:
1. die Art der Vermögensanlage,
2. die Anlagestrategie, Anlagepolitik und Anlageobjekte,
3. die mit der Vermögensanlage verbundenen Risiken,
4. die Aussichten für die Kapitalrückzahlung und Erträge unter verschiedenen Marktbedingungen und
5. die mit der Vermögensanlage verbundenen Kosten und Provisionen
Unabhängig von ihrer Größe sind Emittenten von Vermögensanlagen zukünftig auch verpflichtet, einen Jahresabschluss zu erstellen und prüfen zu lassen.
Verschärfte Prospekthaftung
Wichtigste Verbesserung: Eine echte Verbesserung für Anleger, die mit ihrer Anlage Schiffbruch erlitten haben, bringen die neuen Regelungen zur Verjährung. Es gelten jetzt nämlich die allgemeinen Verjährungsregeln des BGB (§§ 195, 199). Die Verjährungsfrist beträgt demnach drei Jahre und beginnt erst am Ende des Jahres zu laufen, in dem der Anleger von der Unrichtigkeit des Prospekts Kenntnis erlangt hat.
Bislang konnten Haftungsansprüche eines Anlegers wegen fehlerhafter oder fehlender Prospekte bereits nach einem Jahr verjähren.
Übergangsregelungen – was gilt für alte Verkaufsprospekte?
Das Verkaufsprospektgesetz wurde durch Art. 2 des Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts aufgehoben (§ 32 Abs. 1 VermAnlG).
Nach der Übergangsregelung des § 32 VermAnlG ist es jedoch für bestimmte Fallgestaltungen weiterhin anwendbar. Das gilt
- für Verkaufsprospekte, die vor dem 1. Juni 2012 bei der BaFin zur Gestattung ihrer Veröffentlichung eingereicht wurden (§ 32 Abs. 1 VermAnlG) und
- für Ansprüche wegen fehlerhafter Verkaufsprospekte, die vor dem 1. Juni 2012 im Inland veröffentlicht worden sind (§32 Abs. 2 VermAnlG)
Wie sich die neuen Vorschriften des Vermögensanlagengesetzes in der Praxis bewähren, wird man sehen. Grundsätzlich bleibt die Problematik der Produkte und vor allem der Vertriebsform bestehen. Denn so lange Initiatoren und Vermittler mit dem Verkauf derartiger Produkte exorbitante Gewinne erzielen können – zweistellige Provisionen sind die Regel – so lange bleibt der Anreiz bestehen, möglichst viel Absatz zu machen, auf Kosten der Kunden.
Weiterhin hohe Nachfrage nach geschlossenen Beteiligungen
Dass ein Informations- und Regelungsbedarf für Produkte des grauen Kapitalmarktes besteht, untermauern die aktuellen Verkaufszahlen. In den ersten drei Monaten des Jahres 2012 wurden 919,4 Millionen Euro Eigenkapital in geschlossene Fonds investiert. Das sind 18 % mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Laut dem Branchenverband Geschlossene Fonds ist das das beste Quartalsergebnis der letzten vier Jahre.
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