Entscheidungsstichwort (Thema)
Familienversicherung. Einkommen. Kapitalerträge. Sparerfreibetrag
Leitsatz (redaktionell)
Auf der Grundlage des Steuerrechts ist seit 01.01.1995 die in § 2 Abs. 3 EStG definierte “Summe der Einkünfte” unter Abzug des Sparerfreibetrags zu berechnen, da seither der Begriff des Arbeitseinkommens dem steuerlichen Gewinn voll angepasst ist.
Normenkette
SGB V § 10 Abs. 1 Nr. 5; SGB IV §§ 16, 18
Beteiligte
Kaufmännische Krankenkasse |
Verfahrensgang
SG Gießen (Urteil vom 04.02.1998; Aktenzeichen S 9 KR 1023/97) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 4. Februar 1998 und der Bescheid der Beklagten vom 22. Januar 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 1997 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet gewesen ist, den Kläger für den Zeitraum vom 1. Dezember 1996 bis zum 31. August 1998 als Familienversicherten aufzunehmen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Tatbestand:
Der Kläger begehrt für den zurückliegenden Zeitraum vom 1. Dezember 1996 bis zum 31. August 1998 die Feststellung, dass er von der Beklagten in die Familienversicherung hätte aufgenommen werden müssen.
Die Ehefrau des Klägers ist in dem streitigen Zeitraum als freiwilliges Mitglied bei der Beklagten versichert gewesen. Im Dezember 1996 beantragte der Kläger die Aufnahme als Familienversicherter und machte unter Vorlage des Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 1995 geltend, dass er nur über Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 11.112,00 DM verfüge. Nach Abzug der Werbungskosten (1.856,00 DM) und des Sparerfreibetrages (9.256,00 DM) ergebe sich steuerlich rechtlich ein Einkommen von Null. Hilfsweise beantragte der Kläger die Aufnahme als freiwilliges Mitglied in der Gruppe N (Nichtversicherungspflichtige) Klasse 751.
Mit Bescheid vom 22. Januar 1997 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Aufnahme in die Familienversicherung ab. Eine Familienversicherung sei nur dann möglich, sofern der Ehegatte nicht über ein Gesamteinkommen verfüge, das regelmäßig monatlich 1/7 der monatlichen Bezugsgröße überschreite. Letzteres sei vorliegend indes der Fall. Die Einkünfte des Klägers aus Kapitalvermögen betrügen nach Abzug der Werbungskosten monatlich 771,33 DM und damit mehr als 1/7 der monatlichen Bezugsgröße. Der Sparerfreibetrag könne entgegen der Auffassung des Klägers bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht abgesetzt werden. Dem Hilfsantrag auf Aufnahme als freiwilliges Mitglied entsprach die Beklagte mit ihren Bescheiden vom 12. Februar 1997 und vom 13. Februar 1997.
Mit seinem Widerspruch gegen den Bescheid vom 22. Januar 1997 (Eingang bei der Beklagten am 4. Februar 1997) verfolgte der Kläger sein vorangiges Ziel auf Aufnahme in die Familienversicherung weiter und machte geltend, § 16 Sozialgesetzbuch 4, Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) verweise ohne Einschränkung auf das Einkommenssteuerrecht und enthalte keine dem früheren § 15 Satz 2 SGB IV entsprechende Ausnahmeregelung. Sämtliche im Einkommenssteuerrecht vorgesehenen Vergünstigungen wie der Sparerfreibetrag seien daher einkommensmindernd zu berücksichtigen. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 1997 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück; der Sparerfreibetrag könne als ein rein steuerlich relevanter Vorgang bei der Ermittlung des Gesamteinkommens nach § 16 SGB IV keine Beachtung finden.
Der Kläger hat am 3. Juni 1997 Klage beim Sozialgericht Gießen erhoben und sein Begehren auf Aufnahme in die Familienversicherung weiterverfolgt.
Mit Urteil vom 4. Februar 1998 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Aufnahme in die Familienversicherung, da sein monatliches Gesamteinkommen 1/7 der monatlichen Bezugsgröße überschreite, die 1996 bei 590,00 DM und 1997 bei 610,00 DM gelegen habe. Einkünfte im steuerrechtlichen Sinne seien bei Einkünften aus Kapitalvermögen der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs. 2 Ziff. 2 EStG), diese seien folglich abzusetzen. Nicht abzusetzen sei der Sparerfreibetrag gemäß § 20 Abs. 4 EStG. Dies ergebe sich bereits eindeutig aus der Definition des Einkommens in § 2 Abs. 2 Ziff. 2 EStG. Die das Gesamteinkommen bestimmende Summe der Einkünfte seien nicht identisch mit den steuerrechtlichen Begriffen. Die zur Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte, des Einkommens und des zu versteuernden Einkommens abzuziehenden Beträge beeinflussten das Gesamteinkommen nicht. Hierzu gehöre auch der Sparerfreibetrag gemäß § 20 Abs. 4 EStG.
Gegen das ihm am 24. Februar 1998 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. März 1998 Berufung beim Hessischen Landessozialgerich...