Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und örtliche Zuständigkeit der Behörde
Orientierungssatz
Für die Leistungsgewährung nach dem AsylbLG ist im Falle eines Ausländers, der im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist und aufenthaltsrechtlich keinen räumlichen Beschränkungen unterliegt, gemäß § 10 a Abs. 1 S. 2 AsylbLG die Behörde zuständig, in deren Bereich sich der Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält.
Tenor
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 08. Juli 2009 i. d. F. des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2009, dieser i. d. F. des Bescheides vom 29. Oktober 2009, verurteilt, dem Kläger Leistungen gem. § 3 AsylbLG zu gewähren. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Leistungen gem. § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er lebte zunächst mit seiner Ehefrau in Delmenhorst. Von der Stadt Delmenhorst wurde ihm auch eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) erteilt. Im Juni 2009 trennten sich die Eheleute. Die Ehe wurde durch Urteil des Amtsgerichts Delmenhorst vom 22. Oktober 2009 geschieden, wobei gegenseitige Unterhaltsansprüche mangels Einkommens und Vermögens der Eheleute nicht gestellt wurden.
Nach der Trennung von seiner Ehefrau nahm der Kläger in A-Stadt Wohnung und beantragte bei der Beklagten am 18. Juni 2009 die Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG. Eine Anmeldebestätigung und ein Mietvertrag sind der Beklagten vorgelegt worden. Die Beklagte lehnte den Antrag zunächst mündlich, dann durch Bescheid vom 08. Juli 2009 mit der Begründung ab, dass die örtliche Zuständigkeit für die Leistungsgewährung bei der Stadt Delmenhorst liege.
Auf einen Antrag des Klägers vom 24. Juni 2009 hin wurde die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung durch Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (LSG) vom 29. September 2009 verpflichtet, dem Kläger vorläufig bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens Leistungen gem. § 3 AsylbLG zu gewähren (Az. L 11 AY 101/09 B ER). Dieser Verpflichtung kam die Beklagte durch Bescheid vom 29. Oktober 2009 nach. Das LSG stellte in seinem Beschluss maßgeblich darauf ab, dass der Kläger im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 5 AufenthG und damit weder vollziehbar ausreisepflichtig sei noch einer räumlichen Beschränkung oder Wohnsitzauflage unterliege. Damit lägen die Voraussetzungen des § 10 a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG nicht vor. Die örtliche Zuständigkeit der Beklagten ergebe sich somit aus § 10 a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG, wonach die Behörde zuständig sei, in deren Bereich sich der Leistungsberechtigte tatsächlich aufhalte.
Durch Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2009 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zwar halte der Kläger sich erlaubt in A-Stadt auf, doch habe sie als zuständige Behörde des tatsächlichen Aufenthaltsortes nur Leistungen gem. § 11 Abs. 2 AsylbLG zu erbringen. Im Übrigen liege die Kostenträgerschaft bei dem Bundesland, in dem der befristete Aufenthaltstitel erstmalig erteilt worden sei.
Dagegen richtet sich die am 22. Oktober 2009 erhobene Klage, mit welcher der Kläger seinen Anspruch weiterverfolgt.
Während des Klageverfahrens ist die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung durch Beschluss des Sozialgerichts Bremen (SG) verpflichtet worden, längstens zunächst bis zum 31. Dezember 2009 (im Hinblick auf eine geplante Arbeitsaufnahme) Leistungen gem. § 3 AsylbLG zu gewähren; ein ausführender Bescheid der Beklagten hierzu liegt dem Gericht nicht vor. Das SG hat in seinem Beschluss ausgeführt, dass § 11 Abs. 2 AsylbLG schon seinem Wortlaut nach nicht anwendbar sei, da der Kläger sich nicht widerrechtlich in A-Stadt aufhalte. § 23 Abs. 5 SGB XII aber finde, wie sich aus § 23 Abs. 2 SGB XII ergebe, keine Anwendung auf Personen, die - wie der Kläger - leistungsberechtigt nach dem AsylbLG seien.
Der Kläger hat zum 01. November 2009 ein Arbeitsverhältnis als Bäckereigehilfe aufgenommen; der monatliche Bruttolohn beträgt 120,- EUR.
Der Kläger vertritt die Ansicht, dass die örtliche Zuständigkeit der Beklagten gegeben sei. Seine Aufenthaltserlaubnis enthalte weder eine räumliche Beschränkung noch eine Wohnsitzauflage. Die Ausländerbehörde A-Stadt habe ebenfalls ihre örtliche Zuständigkeit bejaht.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 08. Juli 2009 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2009, dieser i.d.F. des Bescheides vom 29. Oktober 2009, zu verpflichten, ihm Leistungen gem. § 3 AsylbLG zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, bei übergeordneter Betrachtung im Gesamtkontext des AsylbLG, AufenthG und SGB XII stelle § 23 Abs. 5 Satz 2 SGB XII keine Ergänzung des § 11 Abs. 2 AsylbLG dar. Bei Ausländern, die eine räumlich nicht beschränkte Aufenthaltserlaubnis besitzen und sich außer...