Ambulante Kranken- und Altenpflege: Einkunftsart

Im Bereich der ambulanten Kranken- und Altenpflege sind unterschiedliche Berufsgruppen tätig, die zudem noch ein breitgefächertes Leistungsspektrum anbieten. Die OFD Frankfurt hat nun dargelegt, unter welchen Voraussetzungen die Einkünfte aus einer solchen Pflegetätigkeit steuerlich als freiberuflich oder gewerblich zu qualifizieren sind.

Die OFD Frankfurt befasst sich in ihrer Verfügung vom 26.7.2019 mit der Frage, wann eine Tätigkeit im Bereich der ambulanten Kranken- oder Altenpflege zu Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) oder Einkünften aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG) führt. Nachfolgend erhalten Sie einen kurzen Überblick zu den wichtigsten Aussagen der Verfügung.

Hinweis: Soweit Einkünfte aus selbstständiger Arbeit anzunehmen sind, löst die Tätigkeit keine Gewerbesteuer aus.

Selbstständige Tätigkeit

Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (= freiberufliche Einkünfte) sind anzunehmen, wenn die ausgeübte Tätigkeit in ihren wesentlichen Merkmalen einem der im Einkommensteuergesetz genannten heilberuflichen Katalogberufe (Arzt, Heilpraktiker und Krankengymnasten) ähnlich ist. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung müssen hierfür insbesondere der Ausbildungsgang und die ausgeübte Tätigkeit vergleichbar sein.

Ausbildungskriterium

Da die heilberuflichen Katalogberufe regelmäßig nur ausgeübt werden dürfen, wenn ein gesetzlich geregelter Ausbildungsgang abgeschlossen und infolgedessen eine staatliche Erlaubnis erlangt worden ist, muss auch eine "ähnliche" heilberufliche Tätigkeit diese Voraussetzungen erfüllen. Liegt keine staatliche Erlaubnis (Abschlussprüfung) vor, kann dennoch eine freiberufliche Tätigkeit anzunehmen sein, wenn die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen eine Zulassung (nach § 124 Abs. 2 SGB V) erteilt haben. Fehlt es auch an dieser Zulassung, kann der Freiberuflerstatus nur noch über ein entsprechendes Gutachten  über die Vergleichbarkeit mit den Erfordernissen des § 124 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB V nachgewiesen werden.

Folgende Berufsgruppen erfüllen nach dem BMF-Schreiben vom 22.10.2004 (BStBl 2004 I, S. 1030) das "Ausbildungserfordernis" für die Annahme einer freiberufliche Tätigkeit:

  • Personen, die die Berufsbezeichnung „Krankenpfleger“ oder „Krankenschwester“ führen dürfen (nach § 2 des Krankenpflegegesetzes)
  • Personen, die die Berufsbezeichnung „Altenpfleger“ führen dürfen (nach § 2 des Altenpflegegesetzes). Hierunter fallen auch Personen, die vor dem Inkrafttreten des Altenpflegegesetzes zum 1.8.2003 nach landesrechtlichen Vorschriften staatlich anerkannte Altenpfleger(innen) sind.

Nicht erfüllt wird das Ausbildungserfordernis hingegen von Krankenpflegehelfern und Altenpflegehelfern.

Tätigkeitskriterium

Sind die Ausbildungs- und Abschlussvoraussetzungen erfüllt, muss für die Annahme einer freiberuflichen Tätigkeit die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit in den Blick genommen werden:

Häusliche Krankenpflege

Werden Leistungen der häuslichen Krankenpflege (§ 37 SGB V) erbracht, liegt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Ausübung eines Heilhilfsberufs vor, die mit der Tätigkeit eines Krankengymnasten vergleichbar ist. Die häusliche Krankenpflege führt somit zu Einkünften aus selbständiger Arbeit.

Die im Rahmen der häuslichen Krankenpflege erbrachte Behandlungspflege prägt die gesamte Pflegeleistung, sodass auch zusätzlich nach § 37 SGB V zu erbringende Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung die Vergleichbarkeit mit anderen Heilhilfsberufen nicht "zu Fall" bringen.

Häusliche Pflegehilfe

Dahingegen stellen Leistungen der häuslichen Pflegehilfe (§ 36 SGB XI) nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine heilhilfsberufliche Tätigkeit dar, da hierbei primär Hilfen im täglichen Leben erbracht werden. Die Gesamtleistung ist nicht von einer medizinischen Versorgung geprägt und führt deshalb zu einer gewerblichen Tätigkeit.

Senioren-Assistenten

Sogenannte Senioren-Assistenten (§ 45a SGB XI) bieten eine begleitende Alltagsunterstützung für Senioren und Menschen mit Hilfebedarf an; sie sollen die Betreuungslücke zwischen Pflege und Hauswirtschaft schließen. Die OFD erklärt, dass diese Tätigkeit zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führt (nach Bund-Länder-Beschluss).

Gemischte Tätigkeiten im Fokus

Bietet ein Pflegedienst sowohl freiberufliche als auch gewerbliche Tätigkeiten an, stellt sich die Frage, ob verschiedene Einkunftsarten vorliegen oder die gesamte Tätigkeit unter eine einheitliche (prägenden) Einkunftsart gefasst werden kann.

Trennung möglich

Die OFD erklärt, dass die Tätigkeiten steuerlich getrennten Einkunftsarten zugeordnet werden können, wenn sie unabhängig voneinander erbracht und vergütet und die Einnahmen getrennt aufgezeichnet werden. Eine Trennung ist auch zulässig, wenn die unterschiedlichen Leistungen (z.B. Leistungen der häuslichen Krankenpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung) nacheinander bei denselben Personen erbracht werden.

Hinweis: Die Trennung zwischen häuslicher Krankenpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung und der entsprechenden Einnahmen ist gewöhnlich leicht möglich, da die Tätigkeiten in verschiedene Zuständigkeitsbereiche (die der Krankenversicherung und der Pflegeversicherung) fallen.

Trennung nicht möglich

Die Tätigkeit eines Pflegedienstes ist einer einheitlichen Einkunftsart zuzuordnen, wenn eine der Tätigkeiten derart überwiegt, dass sich die andere Tätigkeit lediglich als ein Ausfluss der Haupttätigkeit darstellt oder wenn für die Tätigkeiten ein einheitlicher Erfolg geschuldet wird. Welche einheitliche Einkunftsart dann vorliegt, richtet sich nach der prägenden Tätigkeit.

Mithilfe von Personal

Ein Angehöriger eines freien Berufs bleibt auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient; Voraussetzung hierfür ist aber, dass er auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig bleibt (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG).

Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat die in diesem Zusammenhang zentralen Begrifflichkeiten in der Vergangenheit ausgeleuchtet:

  • Unter Mithilfe ist eine Tätigkeit zu verstehen, die die Arbeit des Berufsträgers (Freiberuflers) jedenfalls in Teilbereichen ersetzt und die nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist.
  • Als fachlich vorgebildete Arbeitskräfte im Bereich der Kranken- und Altenpflege werden Krankenpfleger, Krankenpflegehelfer und Altenpfleger anerkannt.
  • Für eine fortbestehende leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit des Berufsträgers reicht es aus, wenn dieser aufgrund seiner Fachkenntnisse durch regelmäßige und eingehende Kontrolle maßgeblich auf die Pflegetätigkeit der Mitarbeiter bei jedem einzelnen Patienten Einfluss nimmt, sodass die Leistung weiterhin den "Stempel seiner eigenen Persönlichkeit" trägt. Dahingegen ist keine leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit mehr anzunehmen (= Wegfall der Freiberuflichkeit), wenn der Berufsträger die Pflege am einzelnen Patienten angesichts des Umfangs der zu erbringenden Leistungen nach einem Erstgespräch weitgehend seinen Mitarbeitern überlässt. Es genügt auch nicht, wenn der Berufsträger lediglich in Urlaubs- oder Krankheitsfällen die Pflegearbeit der Mitarbeiter übernimmt.

Besonderheiten bei Personenvereinigungen

Sofern ein ambulanter Kranken- oder Altenpflegedienst in der Rechtsform einer Personenvereinigung betrieben wird, müssen für die Annahme freiberuflicher Einkünfte sämtliche Gesellschafter die Merkmale eines freien Berufs erfüllen. Jeder Gesellschafter muss also den Vergleich mit einem heilberuflichen Katalogberuf bestehen.

Gemischte Tätigkeiten bei Personenvereinigungen

Übt eine Personenvereinigung neben freiberuflichen Tätigkeiten (Leistungen der häuslichen Krankenpflege) auch gewerbliche Tätigkeiten der häuslichen Pflegehilfe aus, so greift die sogenannte Abfärbetheorie (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG), sodass die Personenvereinigung in vollem Umfang gewerbliche Einkünfte erzielt.

OFD Frankfurt, Verfügung v. 26.7.2019, S 2246 A - 023 - St 21