Finanzverwaltung bezieht Stellung zur Anwendung des Sanierungserlasses
Bis 1997 war die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen im damaligen § 3 Nr. 66 EStG geregelt. Nach dessen Aufhebung hat die Finanzverwaltung die Steuerfreiheit im Erlasswege verfügt, dem sog. Sanierungserlass (BMF, Schreiben v. 27.3.2003, BStBl 2003 I S. 240, Haufe Index 921683, ergänzt durch das BMF, Schreiben v. 22.12.2009, BStBl 2010 I S. 18, Haufe Index 2279412).
Im Beschluss des Großen Senats (GrS des BFH, Beschluss v. 28.11.2016, GrS 1/15, Haufe Index 10222594, s. Kommentierung) wurde dem Sanierungserlass wegen einem Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung der Boden entzogen.
Neuer Erlass des BMF
Am 27.4.2017 hat das BMF im Einvernehmen mit den Länderfinanzverwaltungen einen neuen Erlass zur Anwendung des BFH-Beschlusses vorgelegt. Darin wird insbesondere ausgeführt, in welchen nachfolgenden Fallkonstellationen die bisherige Erlasslage aus Vertrauensschutzgründen weiter gelten soll.
Schuldenerlass bis zum 8.2.2017
Zeitlich relevant ist der Tag der Veröffentlichung des Beschlusses des GrS, der 8.2.2017. Wurde ein Forderungsverzicht durch die an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis zu diesem Tag endgültig vollzogen, ist der bisherige Sanierungserlass (BMF, Schreiben v. 27.3.2003 und 22.12.2009) uneingeschränkt weiter anzuwenden. Liegt ein Forderungsverzicht im Rahmen Insolvenzplanes vor, gilt dies entsprechend, sofern der Beschluss des Insolvenzgerichtes über die Bestätigung des Insolvenzplanes vor dem 8.2.2017 rechtskräftig wurde.
Vorliegen einer verbindlichen Auskunft oder Zusage
Wurde eine verbindliche Auskunft (§ 89 Abs. 2 AO) oder verbindliche Zusage (§§ 204 ff. AO) bis zum 8.2.2017 erteilt, ist diese nicht aufzuheben und zurückzunehmen, wenn der Forderungsverzicht bereits ganz oder im Wesentlichen vollzogen wurde. Im Einzelfall können auch andere Vertrauensschutzgründe für ein Weitergelten sprechen, z. B. der Vollzug eines Sanierungsplans oder ein bereits angelaufener Forderungsverzicht der Gläubiger.
Wurde die verbindliche Auskunft oder Zusage hingegen nach dem 8.2.2017 erteilt, ist diese i.d.R. nach § 130 Abs. 2 Nr. 4 AO zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Forderungsverzicht der Gläubiger bis zur Rücknahme bereits vollzogen wurde.
Billigkeitsmaßnahmen unter Widerrufsvorbehalt
In allen anderen Fällen wird im Vorgriff auf eine gesetzliche Regelung verfügt, dass abweichende Steuerfestsetzungen (§ 163 Abs. 1 Satz 2 AO) oder Stundungen (§ 222 AO) nur noch unter Widerrufsvorbehalt erfolgen sollen. Diese Billigkeitsmaßnahmen sind zu widerrufen, wenn eine gesetzliche Regelung zur steuerlichen Behandlung von Sanierungserträgen in Kraft tritt oder bis zum 31.12.2018 nicht in Kraft getreten ist. Hingegen ist die Bearbeitung von Erlassanträgen (§ 227 AO) zurückzustellen.
Verbindliche Auskünfte
Aktuell ist die Erteilung verbindlicher Auskünfte in Sanierungsfällen, in denen Billigkeitsmaßnahmen angezeigt sind, grundsätzlich weiterhin möglich.
Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall
Ebenso können Billigkeitsmaßnahmen aus besonderen, außerhalb des sog. Sanierungserlasses liegenden sachlichen oder persönlichen Gründen des Einzelfalls gewährt werden.
Weiterer Ausblick
Wie zu hoffen war, hat sich der Gesetzgeber zügig zu einer gesetzlichen Fixierung der Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen entschlossen; damit wird die Rechtsunsicherheit beseitigt werden. Der Bundestag hat dem Gesetz bereits am 27.4.2017 zugestimmt.
Demnach soll rückwirkend zum 8.2.2017 in einen neuen § 3a EStG die Steuerfreiheit für Erträge aus unternehmensbezogenen Sanierungen geregelt werden. Auch für die Gewerbesteuer wird die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen übernommen (neuer § 7b GewStG). Begünstigt sind sanierungsbedürftige und sanierungsfähige Unternehmen, doch auch die Schuldenbefreiung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens wird steuerbefreit. Wie bisher kommt es zu einer vorrangigen Verrechnung mit negativen Einkünften, noch nicht ausgeglichenen Verlusten und auch mit Verlustvorträgen. Für Körperschaften wird allerdings § 8c KStG dem § 3a EStG vorgehen.
Hinweis: Weitere Details ergeben sich aus dem Beitrag Schädliche Steuerpraktiken bei Rechteüberlassungen.
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