Schädliche Steuerpraktiken bei Rechteüberlassungen
Ausgangslage: IP-Boxen, Lizenzboxen bzw. Patentboxen
Immer mehr Staaten haben besondere Präferenzregelungen geschaffen und sind damit in einen Steuerwettbewerb mit anderen Staaten getreten. Ein besonders häufig anzutreffendes "Spielfeld" sind die sog. IP-Boxen, Lizenzboxen bzw. Patentboxen. Denn immaterielle Wirtschaftsgüter lassen sich besonders einfach auf andere Rechtsträger und auch über Staatsgrenzen hinweg übertragen.
Besonders ärgerlich ist das, wenn staatliche Präferenzregelungen greifen, ohne dass diese an ein Mindestmaß an tatsächlicher Geschäftstätigkeit geknüpft sind. Die Lizenzboxen sehen eine vollständige oder teilweise Steuerbefreiung von Lizenzeinnahmen vor. Teilweise sind diese auch mit besonderen Steuersätzen für Lizenzeinkünfte oder anderen an die Lizenzgebühren anknüpfende Vergünstigungen verbunden. Von multinationalen Konzernen wird solch ein Präferenzregime zur gezielten Gewinnverlagerung genutzt. Die OECD hat dies als schädlich eingestuft (Aktionspunkt 5 des BEPS-Projekts). Darin wird eine substanzielle Geschäftstätigkeit gefordert, der sog. Nexus-Ansatz. Steuern sollen dem Staat zustehen, in dem die der Wertschöpfung zugrunde liegende Aktivität stattfindet.
Geplante Gegenmaßnahmen
Mit dem Gesetz wird die steuerliche Abzugsmöglichkeit der Aufwendungen für Rechteüberlassungen eingeschränkt, wenn die Zahlungen beim Empfänger aufgrund eines als schädlich einzustufenden Präferenzregimes nur einer geringen Besteuerung unterliegen. Dadurch sollen Besteuerungsinkongruenzen verhindert werden. Hierzu ist ein neuer § 4j EStG "Aufwendungen für Rechteüberlassungen" geschaffen worden.
Konkrete Regelung
Die steuerliche Abzugsmöglichkeit für Lizenzzahlungen und andere Aufwendungen für Rechteüberlassungen an nahe stehende Personen wird eingeschränkt, wenn beim Empfänger aufgrund einer "IP-Box, Patentbox oder Lizenzbox" die Belastung durch Ertragsteuern weniger als 25 % beträgt.
Tatbestandsmerkmale sind insbesondere
- ein Näheverhältnis i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG;
- eine fehlende substanzielle Geschäftstätigkeit;
- keine oder eine unter 25 % liegende Steuerlast.
Liegen diese Tatbestandsvoraussetzungen vor, orientiert sich der Betriebsausgabenabzug an der Ertragsteuerbelastung beim Gläubiger der Zahlung. Es wird dadurch der Höhe nach quasi eine korrespondierende Besteuerung vorgenommen. Damit wird der Anreiz, Gewinne zu verlagern, künftig entfallen.
Im Entwurf des Gesetzes war zunächst vorgesehen, den sog. Nexus-Ansatz zu definieren. Auf Anregung des Bundesrates ist in § 4j Abs. 1 Satz 4 EStG anstelle einer Definition nun jedoch ein Verweis auf den Nexus-Ansatz im BEPS-Bericht der OECD enthalten.
Ergänzende Bestimmungen
Diese Abzugsbeschränkung soll unabhängig davon greifen, ob ein DBA mit dem betreffenden Staat besteht oder nicht. Ferner wird ein besonderer Passus eine Umgehung der Regelung durch sog. Zwischenschaltungsfälle verhindern. Hierzu wurde klarstellend noch mit aufgenommen, dass in Zwischenschaltungsfällen stets die niedrigste Belastung maßgeblich ist.
Andererseits soll eine Rückausnahme sicherstellen, dass Steuerpflichtige, die Gegenstände geistigen Eigentums erwerben oder FuE-Aktivitäten bei nahestehenden Dritten in Auftrag geben, nicht zu sehr benachteiligt werden.
Noch mit aufgenommen wurde ein Passus, welcher sicherstellt, dass § 4j EStG auch auf transparent besteuerte Gesellschaften anzuwenden ist. Es wird hierzu ersatzweise auf die Steuerbelastung bei den Gesellschaftern des Gläubigers abgestellt.
Eine Verweisung wird sicherstellen, dass die Regelung des § 4j EStG auch im Bereich der Werbungskosten anzuwenden ist. Ebenso wurde in das AStG eine Verweisung auf § 4j EStG aufgenommen. Diese bewirkt, dass die Abzugsbeschränkung bei der Ermittlung der Einkünfte für den Hinzurechnungsbetrag nach § 10 AStG nicht anzuwenden ist; hierdurch wird eine Doppelbesteuerung vermieden.
Neue zusätzliche Änderungen im EStG
- Änderungsbedarf bestand bei der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 71 EStG. Hintergrund ist eine neue Förderrichtlinie, die Wagniskapital privater Investoren für junge innovative Unternehmen bezuschusst – sog. INVEST-Zuschuss für Wagniskapital. Die bisher bereits bestehende Steuerbefreiung wird ab 2017 erweitert um die verdoppelte Förderung mit 100.000 EUR, die Zulassung von Unternehmergesellschaften (haftungsbeschränkt) und das von 10 auf 7 Jahre herabgesetzte Höchstalter der begünstigten Kapitalgesellschaften. Ebenso wird der neue sog. EXIT-Zuschuss steuerfrei gestellt.
- Erfreulich ist auch eine weitere spontan noch eingefügte Änderung – die Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter wird verbessert. Die bisherige Wertgrenze für eine Sofortabschreibung abnutzbarer beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wurde von 410 EUR auf 800 EUR erhöht. Zudem ist auch die Wertgrenze für die Bildung eines Sammelpostens von 150 EUR auf künftig 250 EUR angehoben worden. Die Anpassungen in § 6 Abs. 2 bzw. Abs. 2a EStG gelten jeweils für Anschaffungen bzw. Herstellungen nach dem 31.12.2017.
- Bei der Thesaurierungsbegünstigung werden zwei "Klarstellungen" eingefügt (§ 34a Abs. 6 und 7 EStG). Erfolgt eine unentgeltliche Übertragung eines ganzen Betriebs oder eines Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG, hat der Rechtsnachfolger den nachversteuerungspflichtigen Betrag fortzuführen und damit die spätere Nachversteuerung zu tragen. Erfolgt eine unentgeltliche Übertragung auf eine Körperschaft, führt dieser Wechsel des Besteuerungsregimes zur sofortigen Nachversteuerung.
- Positiv ist, dass sich der Gesetzgeber zu einer gesetzlichen Fixierung der Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen durchringen konnte. Seit der Entscheidung des BFH (GrS des BFH, Beschluss v. 28.11.2016, GrS 1/15, Haufe Index 10222594) bestand Rechtsunsicherheit, ob die bisherige Verwaltungsregelung (BMF, Schreiben v. 27.3.2003, BStBl 2003 I S. 240, Haufe Index 921683) weiter anzuwenden ist. Die Steuerfreiheit für Erträge aus unternehmensbezogenen Sanierungen ist in einen neuen § 3a EStG aufgenommen worden. Auch ins Gewerbesteuerrecht wird die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen übernommen (neuer § 7b GewStG). Anders hingegen für Körperschaften – hier geht § 8c KStG dem § 3a EStG vor. Eine modifizierte Übernahme erfolgt nur für BgA bzw. Eigengesellschaften (§ 8 Abs. 8 und 9 KStG) bzw. bei Organgesellschaften (§ 15 KStG). Begünstigt ist neben einem Ertrag aus der Sanierung eines sanierungsbedürftigen und sanierungsfähigen Unternehmens insbesondere auch die Schuldenbefreiung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens. Wie bisher kommt es zu einer vorrangigen Verrechnung mit negativen Einkünften, bisher nicht ausgeglichenen Verlusten und auch mit Verlustvorträgen. Das Gesetz enthält eine umfassende Reihenfolge der vorzunehmenden Abzüge. Gestaltungen werden durch eine Übertragung der Regelung auf §§ 4 f bzw. 4 h EStG, sowie auf Einbringungsfälle unterbunden. In § 3c Abs. 4 EStG wird ergänzend ein Abzug damit zusammenhängender Aufwendungen ausgeschlossen. Es kommt zu einer rückwirkenden Anwendung auf Sanierungserträge nach dem 8.2.2017 (Tag der Veröffentlichung des BFH-Beschlusses).
Nicht umgesetzte Punkte
Erfolglos blieb der Bundesrat mit der Bitte, die sog. Lizenzschranke bereits für Aufwendungen nach dem 31.12.2016 und damit 1 Jahr früher anzuwenden. Das gilt gleichfalls für den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Regelung bereits ab Juli 2017 einzuführen.
Auch die Anregung der Bundesländer, eine Steuerbefreiung oder Tarifermäßigung für Deutschkurse einzuführen, die Arbeitgeber zur beruflichen Integration von bei ihnen beschäftigten Flüchtlingen anbieten, wurde nicht in das Gesetz aufgenommen.
Zeitplan
Das Gesetz wird grundsätzlich am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Die Lizenzschranke gilt damit erstmals für Aufwendungen, die nach dem 31.12.2017 den Gewinn mindern.
Die Steuerfreiheit der Sanierungserträge im Bereich des EStG, KStG und GewStG ist als staatliche Subventionierung einzustufen. Diese Änderungen stehen deshalb unter dem Vorbehalt der Europäischen Kommission, dass diese Maßnahmen keine schädliche Beihilfe darstellen. Die rückwirkenden Änderungen treten damit erst am Tag des Beschlusses der Europäischen Kommission in Kraft.
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