Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer absetzen
Die Frage, ob und in welcher Höhe die Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden können, sorgt immer wieder für Konflikte zwischen Finanzämtern und Steuerbürgern.
Das BMF hatte die Verwaltungssicht auf diese Thematik bereits mit Schreiben vom 2.3.2011 (BStBl 2011 I S. 195) umfassend dargestellt und sich dabei insbesondere zur Definition von häuslichen Arbeitszimmern, zur Ermittlung der Raumkosten, zum Tätigkeitsmittelpunkt und zu Alternativarbeitsplätzen geäußert. Gegenstand des Schreibens waren auch zahlreiche Sonderfälle wie die Nutzung von Arbeitszimmern für mehrere Tätigkeiten oder durch mehrere Personen, sowie die nicht ganzjährige Nutzung der Räume.
Überarbeitetes Schreiben
Mit Schreiben vom 6.10.2017 hat das BMF seine Aussagen nun punktuell überarbeitet und ergänzt. Neben einigen redaktionellen Änderungen wurden in das neue Schreiben in erster Linie die neueren Rechtsprechungsgrundsätze des Bundesfinanzhofs (BFH) aufgenommen. Folgende Aussagen sind neu:
Klarstellung zu Abzugsgrundsätzen (Rz. 1)
Das BMF weist neuerdings klarstellend darauf hin, dass der unbeschränkte Raumkostenabzug, der bei vorhandenem Tätigkeitsmittelpunkt im häuslichen Arbeitszimmer gilt, auch dann bestehen bleibt, wenn dem Steuerbürger in dieser Fallkonstellation zusätzlich ein Alternativarbeitsplatz (= ein "anderer Arbeitsplatz" im Sinne des EStG) zur Verfügung steht.
Der begrenzte Raumkostenabzug von maximal 1.250 EUR pro Jahr kommt nur zum Zuge, wenn der Tätigkeitsmittelpunkt außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers liegt und neben dem Arbeitszimmer kein Alternativarbeitsplatz zur Verfügung steht.
Neuerdings weist das BMF zudem darauf hin, dass der Höchstbetrag von 1.250 EUR bei mehreren häuslichen Arbeitszimmern, die in verschiedenen Haushalten liegen, nur einmal abgezogen werden kann; diese Aussage entstammt dem BFH-Urteil vom 9.5.2017 (VIII R 15/15, Haufe Index 10949883).
Definition des häuslichen Arbeitszimmers (Rz. 3 bis 5)
Schon bisher vertrat das BMF den Standpunkt, dass ein (abziehbares) häusliches Arbeitszimmer nur ein Raum sein kann, der ausschließlich oder nahezu ausschließlich zu betrieblichen und/oder beruflichen Zwecken genutzt wird. Diese Aussage ist auch im neuen Schreiben enthalten. Neu ist allerdings der Verweis auf die zwischenzeitlich ergangene gleichlautende BFH-Rechtsprechung (Urteile vom 22.3.2016, VIII R 10/12, Haufe Index 9707925, VIII R 24/12, Haufe Index 9707926; vom 8.9.2016, III R 62/11, Haufe Index 10083600).
Auch die Aussage, dass eine untergeordnete private Mitnutzung des Arbeitszimmers (< 10 Prozent) für die steuerliche Anerkennung des Raumes unschädlich ist, wurde beibehalten. Hier verweist das BMF nun ergänzend auf den BFH-Beschluss vom 27.7.2015 (GrS 1/14, Haufe Index 8993478).
Neu aufgenommen wurde vom BMF die Aussage, dass Kosten für sogenannte "Arbeitsecken" in privat mitgenutzten Räumen nicht steuerlich abziehbar sind; dies folgt aus dem BFH-Urteil vom 17.2.2016 (X R 32/11, Haufe Index 9483423). Ergänzt hat das BMF seine bisherigen Ausführungen zudem um die Aussage, dass die Kosten für Küche, Bad und Flur in der Privatwohnung auch dann nicht (anteilig) abziehbar sind, wenn in der Wohnung bzw. dem Haus ein steuerlich anerkanntes häusliches Arbeitszimmer existiert (Aussage aus BFH, Urteil v. 17.2.2016, X R 26/13).
Betriebsräume (z. B. Lagerräume) eröffnen selbst dann einen unbeschränkten Raumkostenabzug, wenn sie untergeordnet privat genutzt werden (Aussage aus BFH, Urteil v. 22.3.2016, VIII R 24/12, Haufe Index 9707926).
Abzugsfähige Raumkosten (Rz. 6 bis 8)
In der neuen Rz. 6a hat das BMF nun zur Ermittlung der anteiligen Raumkosten (nach Wohnflächen) Stellung bezogen. Demnach sind die anteilig auf ein Arbeitszimmer entfallenden Kosten einer Wohnung bzw. eines Hauses grundsätzlich nach folgendem Verhältnis zu bestimmen:
Fläche des Arbeitszimmers |
Gesamtwohnfläche der Wohnung einschließlich des Arbeitszimmers |
Die Gesamtwohnfläche muss nach den Regelungen in den §§ 42 bis 44 der Zweiten Berechnungsverordnung oder nach der Wohnflächenverordnung berechnet werden. Einzubeziehen in diese Größe sind die Grundflächen der Räume, die ausschließlich zur Wohnung gehören - nicht jedoch die Flächen der sogenannten Zubehörräume.
Für Arbeitszimmer, die im Keller belegen sind, lässt sich aus den neuen Aussagen des BMF folgende Unterscheidung ableiten:
Arbeitszimmer im Keller zählt als… | Merkmale | Konsequenz |
… Hauptraum der Wohnung | Der Raum
| Die anteiligen Raumkosten ermitteln sich nach dem Verhältnis "Fläche des Arbeitszimmers" zur "reinen Wohnfläche zuzüglich Arbeitszimmer".
Die Fläche der übrigen Kellerräume bleibt bei der Berechnung außen vor. |
… Nebenraum der Wohnung | Die obigen Merkmale sind nicht erfüllt (z.B. Arbeitszimmer ist unbeheizter Kellerraum mit bloßen Kellerfenstern). | Die anteiligen Raumkosten ermitteln sich nach dem Verhältnis der "Fläche der betrieblich/ beruflich genutzten Haupt- und Nebenräume" zur "Gesamtfläche aller Räume des Gebäudes". |
(Nicht-)Vorhandener Alternativarbeitsplatz (Rz. 14 bis 18)
Das BMF ergänzt seine Beispielsammlung um die Aussage, dass der externe Arbeitsplatz eines Selbstständigen (z.B. in dessen Praxis) nicht in hinreichendem Maße "zur Verfügung" steht (= sodass ein beschränkter Raumkostenabzug mit maximal 1.250 EUR pro Jahr möglich ist), wenn er nur eingeschränkt genutzt werden kann, sodass ein (erheblicher) Teil der Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt werden muss. Diese Aussage entstammt dem BFH-Urteil vom 22.2.2017 (III R 9/16, Haufe Index 10602476).
Raumnutzung für mehrere Tätigkeiten (Rz. 19 und 20)
Das neue Schreiben verweist auf das BFH-Urteil vom 25.4.2017 (VIII R 52/13, Haufe Index 10985131), nach dem der Höchstbetrag von 1.250 EUR bei mehreren im Arbeitszimmer ausgeübten Tätigkeiten nicht aufzuteilen ist. Dem BFH lag bei dieser Entscheidung der Fall eines (Vollzeit-)Arbeitnehmers vor, der sein häusliches Arbeitszimmer für seine Angestelltentätigkeit und für seine nebenberufliche schriftstellerische Tätigkeit genutzt hatte. Für die vorliegende Konstellation, in der für die Angestelltentätigkeit kein Raumkostenabzug möglich war (kein Tätigkeitsmittelpunkt und vorhandener Alternativarbeitsplatz) und für die selbstständige Tätigkeit ein beschränkter Raumkostenabzug galt, durfte der Höchstbetrag von 1.250 EUR nach Gerichtsmeinung komplett bei letzterer Tätigkeit beansprucht werden.
Hinweis: Für den Fall, dass für beide Tätigkeiten ein beschränkter Raumkostenabzug gilt, darf der Höchstbetrag von 1.250 EUR allerdings nicht zweifach abgezogen werden.
Nutzung durch mehrere Personen (Rz. 21)
Der BFH hatte in jüngerer Vergangenheit neue Grundsätze für die Arbeitszimmernutzung durch mehrere Personen aufgestellt (Urteile vom 15.12.2016, VI R 53/12, Haufe Index 10310343 und VI R 86/13, Haufe Index 10310344). Das neue Schreiben nimmt diese Rechtsprechungsgrundsätze nun in folgende neue Aussagen auf:
Da die Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer personenbezogen anzuwenden ist, kann jeder Nutzer die von ihm getragenen Aufwendungen entweder unbegrenzt, begrenzt bis zum Höchstbetrag von 1.250 EUR oder überhaupt nicht abziehen. Bei einer Arbeitszimmernutzung durch mehrere Personen (z.B. Ehegatten) müssen die Abzugsvoraussetzung für jede Person geprüft werden. Sofern Miteigentümer eines Hauses oder einer Wohnung ein Arbeitszimmer gemeinsam zur Einkünfteerzielung nutzen, kann jeder die Aufwendungen abziehen, die seinem Anteil entsprechen und von ihm getragen worden sind; dasselbe gilt für Mietzahlungen einer gemeinsam angemieteten Wohnung.
Aus einem abgeänderten Beispiel des BMF ergibt sich nun, dass der Höchstbetrag von 1.250 EUR einer Person in voller Höhe zusteht, wenn ihr kein Alternativarbeitsplatz zur Verfügung steht und der zweite Mitnutzer des Arbeitszimmers seinen Raumkostenanteil unbegrenzt abziehen darf. Bislang hatte das BMF den Standpunkt vertreten, dass der Höchstbetrag in diesem Fall nur einmal mit 625 EUR (50 Prozent) abgezogen werden darf.
Nicht ganzjährige Nutzung des Arbeitszimmers (Rz. 22)
Das BMF stellt klar, dass der Höchstbetrag von 1.250 EUR bei nicht ganzjähriger (betrieblicher/beruflicher) Nutzung des Arbeitszimmers in voller Höhe und nicht zeitanteilig abgezogen werden kann.
Raumnutzung während Nichtbeschäftigung (Rz. 24a)
Neu ist zudem die Aussage des BMF, dass Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers auch in Zeiten der Nichtbeschäftigung (z.B. während Arbeitslosigkeit, Mutterschutz oder Elternzeit) nach den Regeln zu vorweggenommenen Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden dürfen, wenn und soweit dem Steuerbürger ein Kostenabzug bei späterer betrieblicher oder beruflicher Tätigkeit zustehen würde.
Vermietungsmodelle mit Arbeitszimmern (Rz. 24b)
In der Praxis haben sich Vermietungsmodelle herausgebildet, die den steuerlichen Abzug von Arbeitszimmeraufwendungen optimieren sollen. Das BMF weist darauf hin, dass die Grundsätze zur Vermietung eines Büroraums an den Arbeitgeber im BMF-Schreiben vom 13.12.2005 (BStBl 2006 I S. 4, Haufe Index 1464182) dargestellt sind. Zur steuerlichen Behandlung einer Vermietung an den Auftraggeber eines Gewerbetreibenden verweist das Schreiben nun auf das BFH-Urteil vom 13.12.2016 (X R 18/12, Haufe Index 10490226).
Ergänzender Hinweis
Das neue Schreiben ersetzt das bisherige Schreiben vom 2.3.2011 und ist in allen offenen Fällen ab dem Veranlagungszeitraum 2007 anzuwenden. Hervorzuheben ist, dass alle im BMF-Schreiben neu einfügten Urteile und Beschlüsse bereits im Bundessteuerblatt II veröffentlicht worden sind oder noch veröffentlicht werden, sodass deren allgemeine Anwendbarkeit bereits gegeben war.
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