Grenzüberschreitende Personenbeförderung im Luftverkehr
Reisebüros können den Verkauf von Einzelflugscheinen für grenzüberschreitende Flüge an Reisende nach Abschn. 4.5.2 Abs. 1 UStAE als eine steuerfreie Vermittlungsleistung behandeln, sofern sie dabei für den Leistungsträger, mithin das die Beförderungsleistung erbringende Luftverkehrsunternehmen, z. B. im Rahmen eines Vermittlungsauftrags, tätig sind.
Nach der Einführung des sog. Nullprovisionsmodells, das die bisherigen Vergütungsregelungen in den Agenturverträgen in der Regel ab dem 1.9.2004 ersetzte, haben die Reisebüros beim Verkauf von Flugscheinen keinen garantierten Provisionsanspruch mehr gegenüber dem Luftverkehrsunternehmen; z. T. ist eine Vermittlungstätigkeit für das Luftverkehrsunternehmen ausdrücklich ausgeschlossen.
Vereinbarung des sog. Nullprovisionsmodells
Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Leistungen von Reisebüros bei Vereinbarung des sog. Nullprovisionsmodells wurde im BMF-Schreiben vom 30.3.2006 festgehalten, dass Reisebüros beim Verkauf von Flugscheinen die Vermittlungsleistungen somit gegenüber den Reisenden erbringen und gegenüber diesen hierfür regelmäßig als Gebühren bezeichnete Beträge (z. B. die sog. Service-Fee) erheben. Erhält ein Reisebüro gleichwohl eine Zahlung von einem Luftverkehrsunternehmen, ohne von diesem ausdrücklich zur Vermittlung beauftragt zu sein, ist diese Zahlung regelmäßig Entgelt von dritter Seite für die gegenüber dem Reisenden erbrachte Vermittlungsleistung. Nach den Umständen des Einzelfalls (z. B. auf der Grundlage eines gesonderten Dienstleistungsvertrags) kann allerdings ein Entgelt für eine gesonderte Leistung des Reisebüros an das Luftverkehrsunternehmen, die nicht in der steuerfreien Vermittlung einer Personenbeförderungsleistung besteht, oder in besonders gelagerten Ausnahmefällen ein nicht steuerbarer Zuschuss gegeben sein. Diese Grundsätze des BMF-Schreibens vom 30.3.2006, wurden Inhalt der Abschn. 4.5.2 Abs. 6 und 10.1 Abs. 9 UStAE.
Die bisherige Annahme, dass eine Zahlung von einem Luftverkehrsunternehmen an ein Reisebüro, ohne von diesem ausdrücklich zur Vermittlung beauftragt zu sein, regelmäßig Entgelt von dritter Seite für die gegenüber dem Reisenden erbrachte Vermittlungsleistung darstellt, trägt den seit Einführung des sog. Nullprovisionsmodells festgestellten Sachverhalten nicht hinreichend Rechnung. Zudem wurden Zusatzvereinbarungen zum 1.1.2013 durch Mustervereinbarungen dahingehend angepasst, dass durch das Luftverkehrsunternehmen gegenüber dem Reisebüro sog. Incentives (z. B. Reisebüro-Boni, Marketingzuschüsse o. ä.) als Entgelt für besondere Vertriebsleistungen gewährt werden, wenn es die Erbringung von Leistungen des Luftverkehrsunternehmens in besonderem Maß fördert und bei Kundenberatungsgesprächen bevorzugt anbietet.
In jedem Einzelfall ist auf Basis der vertraglichen Vereinbarungen zu prüfen, welche Leistungen mit der Zahlung vergütet werden
Erhält ein Reisebüro aufgrund vertraglicher Vereinbarungen von einem Luftverkehrsunternehmen Zahlungen, so liegt einer solchen Entgeltzahlung regelmäßig eine im Rahmen eines Leistungsaustauschverhältnisses erbrachte Leistung des Reisebüros an das Luftverkehrsunternehmen zugrunde. Im Fall der seit 1.1.2013 gezahlten Incentives ist dies eine (Vertriebs-)Leistung eigener Art, die in der Bevorzugung des Luftverkehrsunternehmens gegenüber Mitbewerbern besteht und nicht nach § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b UStG steuerfrei ist. Liegt der Zahlung in anderen Fällen eine Vermittlungsleistung zugrunde, steht es der Anwendung der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b UStG nicht entgegen, wenn das sog. Nullprovisionsmodell vereinbart oder eine Vermittlungstätigkeit für das Luftverkehrsunternehmen anderweitig ausgeschlossen worden ist. Denn der Inhalt von schuldrechtlichen Vertragsbeziehungen ist durch Auslegung der abgegebenen Willenserklärungen, bei der auch der Empfängerhorizont zu berücksichtigen ist, zu bestimmen (vgl. BFH Urteil vom 03.11.2011 - V R 16/09, BStBl 2012 II S. 378). Daher kann allein die Bezeichnung einer Vereinbarung (hier: sog. Nullprovisionsmodell) oder der anderweitige vertragliche Ausschluss einer Vermittlungstätigkeit das Vorliegen einer Vermittlungsleistung an den Luftverkehrsunternehmer nicht generell ausschließen. Dafür, dass eine nach § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b UStG steuerfreie Vermittlungsleistung vorliegt, trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast.
Die Abschnitte 4.5.2, 4.5.3 und 10.1 UStAE werden entsprechend geändert.
Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für vor dem 1.4.2014 erbrachte Dienstleistungen eines Reisebüros im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Personenbeförderungen im Luftverkehr wird es - auch für die Zwecke des Vorsteuerabzugs - nicht beanstandet, wenn Zahlungen der Luftverkehrsunternehmen ohne Prüfung im Einzelfall als Leistungsentgelte, als Entgelt von dritter Seite für die gegenüber dem Reisenden erbrachte Vermittlungsleistung oder in besonders gelagerten Ausnahmefällen als nicht steuerbarer Zuschuss behandelt werden.
Für vor dem 1.7.2006 erbrachte Vermittlungsleistungen eines Reisebüros im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Personenbeförderungen im Luftverkehr gegenüber einem Reisenden wird zudem in Fortführung der Übergangsregelung in Tz. 7 des BMF-Schreibens vom 30.3.2006, die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b UStG nicht beanstandet.
Dieses Schreiben tritt an die Stelle des BMF-Schreibens vom 30.3.2006.
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