Leistungsort bei Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück
Auf Unionsebene hat eine Abstimmung zur gemeinsamen Auslegung von Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück stattgefunden. Die Finanzverwaltung übernimmt diese Abgrenzungen und ergänzt den UStAE.
Die rechtliche Problematik
Ob eine sonstige Leistung im Inland steuerbar ist oder nicht, hängt vorrangig vom Ort der sonstigen Leistung ab, nur bei einer im Inland ausgeführten Leistung kann es zu einem steuerbaren Umsatz kommen. Bei einer Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück ist die Leistung immer dort ausgeführt, wo das Grundstück sich befindet (sog. „Belegenheitsprinzip“). In diesen Fällen ist es unerheblich, ob der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist oder nicht. Insbesondere in den Fällen, in denen der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der die Leistung für sein Unternehmen bezieht und sich – soweit keine Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück vorliegen würde – der Ort der sonstigen Leistung damit nach dem Sitz des Leistungsempfängers richten würde, kommt es auf die Abgrenzung bei den grundstücksbezogenen Leistungen an.
Keine Abgrenzungsprobleme ergeben sich bei typischen grundstücksbezogenen Leistungen (z. B. Vermietungsleistungen). Soweit es sich aber um Leistungen handelt, die sich nicht unmittelbar auf ein Grundstück beziehen, muss nach der Rechtsprechung des EuGH überprüft werden, ob ein hinreichend enger Zusammenhang mit einem bestimmten Grundstück besteht (EuGH, Urteil v. 7.9.2006, C-166/05 (Heger GmbH), UR 2006 S. 632; EuGH, Urteil v. 3.9.2009, C-37/08 (RCI Europe), BFH/NV 2009 S. 1762).
Zur Definition des „Grundstücks“ hatte die Finanzverwaltung bisher vornehmlich auf nationale, dem Zivilrecht entlehnte Begriffe Bezug genommen (Vgl. Abschn. 3a.3 Abs. 2 UStAE in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung). Allerdings war schon lange bekannt, dass der Grundstücksbegriff in der Europäischen Union einheitlich ausgelegt werden muss (EuGH, Urteil v. 16.1.2003, C-315/00 (Rudolf Maierhofer), BFH/NV Beilage 2003 S. 104). Jetzt haben sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf eine gemeinsame Auslegung des Grundstücksbegriffs geeinigt.
Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen
Das BMF-Schreiben ändert Abschn. 3a.3 und 3a.4 UStAE.
Die Finanzverwaltung passt die Verwaltungsanweisungen zur Abgrenzung der mit einem Grundstück verbundenen sonstigen Leistungen für alle ab dem 01.01.2013 ausgeführten Leistungen an.
Wichtig
Der Grundstücksbegriff ist ein eigenständiger Begriff des Unionsrechts, er richtet sich nicht nach dem zivilrechtlichen Begriff des Grundstücks.
Danach sind als Grundstück i. S. d. 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG zu verstehen (Vgl. Abschn. 3a.3 Abs. 2 UStAE in der ab dem 01.01.2013 geltenden Fassung):
ein bestimmter über- oder unterirdischer Teil der Erdoberfläche, an dem Eigentum und Besitz begründet werden kann,
jedes mit oder in dem Boden über oder unter dem Meeresspiegel befestigte Gebäude oder jedes derartige Bauwerk, das nicht leicht abgebaut oder bewegt werden kann,
jede Sache, die einen wesentlichen Bestandteil eines Gebäudes oder eines Bauwerks bildet, ohne die das Gebäude oder das Bauwerk unvollständig ist , wie z. B. Türen, Fenster, Dächer, Treppenhäuser und Aufzüge,
Sachen, Ausstattungsgegenstände oder Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder einem Bauwerk installiert sind, und die nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder das Bauwerk zu zerstören oder zu verändern.
Insbesondere strukturiert die Finanzverwaltung die Anweisungen bezüglich der Leistungen neu, die als Erschließungsleistungen von Grundstücken dienen, sowie der als in einem engen Zusammenhang mit einem Grundstück stehenden Leistungen.
Praxis-Tipp
Neu aufgenommen in die Liste der als eng mit einem Grundstück im Zusammenhang stehenden Leistungen wurden insbesondere: Lagerung von Gegenständen, wenn zur Lagerung ausschließlich ein ganz bestimmtes Grundstück oder ein Grundstücksteil festgelegt worden ist, die Reinigung von Gebäuden oder Gebäudeteilen, Wartung und Überwachung von auf Dauer angelegten Konstruktionen (z. B. Gas-, Wasser- oder Abwasserleitungen) oder von Maschinen oder Ausrüstungsgegenständen, soweit sie wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind, sowie grundstücksbezogene Sicherheitsleistungen.
Auch die Aufzählung der Leistungen, die nach der einheitlichen Auslegung nicht als Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück angesehen werden, wurde ausgeweitet. Insbesondere wurde in die Aufzählung der nicht mit einem Grundstück zusammenhängenden Leistungen aufgenommen (Abschn. 3a.3 Abs. 10 UStAE in der ab dem 01.01.12013 geltenden Fassung):
Erstellung von Bauplänen für Gebäude und Gebäudeteile, die keinem bestimmten Grundstück oder Grundstücksteil zugeordnet werden können,
Installation oder Montage, Arbeiten an sowie Kontrolle und Überwachung von Maschinen oder Ausstattungsgegenständen, die kein wesentlicher Bestandteil eines Grundstücks sind bzw. werden,
sonstige Leistungen einschließlich Beratungsleistungen, die die Vertragsbedingungen eines Grundstücksvertrags, die Durchsetzung eines solchen Vertrags oder den Nachweis betreffen, dass ein solcher Vertrag besteht, sofern diese Leistungen nicht mit der Übertragung von Rechten an Grundstücken zusammenhängen, z. B. die Rechts- und Steuerberatung in Grundstückssachen,
Werbeleistungen, selbst wenn sie die Nutzung eines Grundstücks einschließen,
Zurverfügungstellen von Gegenständen oder Vorrichtungen, mit oder ohne Personal für deren Betrieb, mit denen der Leistungsempfänger Arbeiten im Zusammenhang mit einem Grundstück durchführt (z. B. Vermietung eines Baugerüsts), wenn der leistende Unternehmer mit dem Zurverfügungstellen keinerlei Verantwortung für die Durchführung der genannten Arbeiten übernimmt.
Angepasst werden auch die bisher in Abschn. 3a.4 UStAE enthaltenen Vorgaben zur Ausführung von einzelnen sonstigen Leistungen, die im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen erbracht werden. Während bisher die Herstellung von Anschlüssen für Strom, Gas, Wasser, Telefon o.ä., die Standbetreuung und Standbewachung, die Reinigung von Ständen und die Überlassung von Garderoben und Schließfächern als Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück angesehen wurde, sind ab dem 1.1.2013 diese Leistungen als unter die Grundregelungen des § 3a Abs. 1 oder Abs. 2 UStG fallend anzusehen.
Konsequenzen für die Praxis
Bei grenzüberschreitend ausgeführten Leistungen ist es seit 2010 besonders wichtig, eine Abgrenzung zwischen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück und den unter die Grundregelungen des § 3a Abs. 1 oder Abs. 2 UStG fallenden Leistungen vorzunehmen. Bisher war in Einzelfällen nicht eine einheitliche Auslegung des Begriffs „im Zusammenhang mit einem Grundstück“ in der europäischen Union gewährleistet. Die jetzt erfolgte Angleichung der Auslegungsgrundsätze ist deshalb ein richtiger Schritt zur notwendigen einheitlichen Anwendung der Rechtsvorschriften in der Europäischen Union.
Die Änderungen in den Verwaltungsanweisungen sind auf alle nach dem 31.12.2012 ausgeführten Umsätze anzuwenden.
BMF, Schreiben v. 18.12.2012, IV D 3 – S 7117-a/12/10001
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