Steuersatz bei Saunabädern
Die rechtliche Problematik
Der BFH (Urteil vom 12.05.2005 - V R 54/02, BStBl 2007 II S. 283) hatte schon 2005 entschieden, dass die Verabreichung von Saunabädern regelmäßig nicht mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert werden darf. Der BFH stellte dabei grundsätzlich fest, dass die Verabreichung eines Heilbads der Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung und damit dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen muss. Bei der Nutzung einer Sauna in einem Fitnessstudio kommt dies nicht Betracht, da sie regelmäßig lediglich dem allgemeinen Wohlbefinden dient.
Wichtig: Die Entscheidung betraf nicht nur die Kombinationsangebote, bei denen eine Sauna neben anderen Einrichtungen (Schwimmbad, Fitness-Studio) genutzt werden konnte, sondern alle Arten von Saunaangeboten, soweit kein Heilzweck damit verbunden ist.
Nachdem eine gegen die Entscheidung des BFH eingelegte Verfassungsbeschwerde vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen worden war (BVerfG Beschluss vom 04.07.2006 - 1 BvR 1563/05, n.V.), hatte die Finanzverwaltung einen Nichtanwendungserlass (BMF, Scheiben v. 20.3.2007, BStBl 2007 I S. 307) veröffentlicht, da – entgegen der Auffassung des BFH – davon ausgegangen wurde, dass ein Saunabad allgemeinen Heilzwecken dient und damit die Voraussetzungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG erfüllt sind.
Die Finanzverwaltung hat jetzt für alle nach dem 30.6.2015 ausgeführten Umsätze den Nichtanwendungserlass aufgehoben.
Das BMF-Schreiben vom 28.10.2014
Die Verabreichung eines Heilbads, das zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes führen kann, muss der Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung und damit dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen. Dazu muss das Heilbad nach dem Heilmittelkatalog verordnungsfähig sein.
Wichtig: Ist das Heilbad dem Grunde nach verordnungsfähig, kommt es nicht darauf an, ob im Einzelfall tatsächlich eine Verordnung vorliegt.
Nach der Heilmittel-Richtlinie sind z. B. als verordnungsfähig anerkannt:
Peloidbäder und -packungen, Inhalationen, Elektrotherapie, Heilmassage, Heilgymnastik und Unterwasserdruckstrahl-Massagen. Als nicht verordnungsfähig (und damit nicht als Heilbäder ermäßigt besteuert) sind nach Abschn. 12.11 Abs. 3 UStAE die folgenden Leistungen anzusehen:
- Maßnahmen, deren therapeutischer Nutzen nicht nachgewiesen ist (z. B. Höhlentherapie, nicht-invasive Magnetfeldtherapie, Fußreflexzonenmassage);
- Maßnahmen, die der persönlichen Lebensführung zuzuordnen sind (z. B. Ganzkörpermassagen, Teil- und Wannenbäder soweit nicht verordnungsfähig, Sauna, römisch-irische und russisch-römische Bäder, Bodybuilding, Fitness-Training).
Praxis-Tipp: Die Heilmittel-Richtlinie und der Katalog verordnungsfähiger Heilmittel können hier eingesehen werden.
Konsequenzen für die Praxis
Die Finanzverwaltung hat die Regelungen zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes bei Heilbädern neu gefasst. Auch vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH können steuerbegünstigt nur Leistungen der Gesundheitsvorsorge sein. Saunabäder mögen zwar einen positiven Einfluss auf Wohlbefinden und Gesundheit haben, stellen aber im engen Sinne kein Heilbad dar. Insoweit ist die Aufhebung des Nichtanwendungserlasses vertretbar.
Die Grundsätze sind auf alle Umsätze anzuwenden, die nach dem 30.6.2015 ausgeführt werden. Der Praxis bleibt damit genügend Zeit, sich auf die geänderten Rahmenbedingungen einzustellen. Für den Staat ergibt sich aus der Anpassung der positive Nebeneffekt steigender Steuereinnahmen, da es sich bei den Leistungen um klassische Endverbrauchsleistungen handelt, bei denen die Leistungsempfänger nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind (es wird insgesamt von einem Mehraufkommen i. H. v. 150 Mio. EUR ausgegangen, Drucksache 15/5860, Landtag von Baden-Württemberg).
Die Neuregelung erfasst sowohl die klassischen Anbieter von Saunabädern, bei denen das Saunaangebot im Vordergrund steht, aber auch Anbieter, die neben einem Saunaangebot auch noch weitere Leistungen (Schwimmbad, Fitness-Studio o. ä.) anbieten. Zumindest die Betreiber von Schwimmhallen, die auch einen Saunabereich anbieten, sind bezüglich der Behandlung der Eintrittsgelder vor besondere Probleme gestellt. Soweit einheitliche Eintrittspreise verlangt werden, die sowohl den Eintritt in das Schwimmbad wie auch in den Saunabereich ermöglichen, muss eine Aufteilung der Entgelte vorgenommen werden.
Wichtig: Bei der Aufteilung der Entgelte müssen die seit dem 1.7.2014 verbindlichen Grundsätze aus der Rechtsprechung des BFH (Beschluss vom 03.04.2013 - V B 125/12, BFH/NV 2013 S. 1049, Abschn. 10.1 Abs. 11 UStAE) beachtet werden. Soweit für unterschiedlich besteuerte Leistungen ein Gesamtpreis verlangt wird, muss die Aufteilung nach der einfachstmöglichen Aufteilungsmethode erfolgen. Werden die Einzelleistungen auch separat angeboten, ist der Gesamtkaufpreis grundsätzlich nach Maßgabe der Einzelverkaufspreise aufzuteilen.
Beispiel: Der Betreiber eines Sport- und Wellnessbads bietet Eintrittskarten für den Schwimmbadbereich für 6 EUR und Eintrittskarten für den Saunabereich für 9 EUR an. Kunden, die sowohl das Schwimmbad wie auch den Saunabereich nutzen wollen, zahlen für ein Kombiticket 12 EUR.
Der Eintritt in das Schwimmbad unterliegt auch über den 30.6.2015 hinaus dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG, die Zutrittsmöglichkeit zum Saunabereich muss (ab dem 1.7.2015) mit 19 % besteuert werden. Das Kombiticket ist im Verhältnis der Einzelverkaufspreise aufzuteilen (6/15 : 9/15), sodass auf die ermäßigt besteuerte Schwimmbadleistung (12 EUR x 6/15 =) 4,80 EUR und auf das regelbesteuerte Saunaangebot (12 EUR x 9/15 =) 7,20 EUR entfallen. Aus diesen Beträgen ist die jeweilige USt herauszurechnen.
Werden für die einzelnen Leistungen keine Einzelpreise angeboten, muss die Aufteilung der Entgelte im Rahmen einer sachgerechten Schätzung vorgenommen werden. Hier wird es vermutlich in der Folgezeit in Betriebsprüfungen zu Diskussionen kommen. Grundsätzlich sollte ausreichend dokumentiert werden, nach welchen Aufteilungsgrundsätzen verfahren wird, um Nachforderungen in einer Betriebsprüfung Argumente entgegenstellen zu können.
Soweit in meist älteren kommunalen Schwimmbädern neben der Schwimmhalle auch noch eine einfache Saunakabine bereitgehalten wird, der kein eigenständiger Nutzen zuzurechnen ist und die insbesondere meist nicht als Einzelangebot buchbar ist, stellt sich die Frage, ob es sich hier auch um eine Nebenleistung zu der Hauptleistung Schwimmbad handeln kann. Dies kann wohl immer nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Regelmäßig wird aber davon auszugehen sein, dass doch ein Teil des Entgelts auf dieses Leistungsangebot entfällt.
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