Ländererlass Kommentierung: Neue Anweisung für die ErbSt

Mit gleichlautenden Ländererlassen vom 21.6.2012 wurde die Weisungslage im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer überarbeitet. Die Erlasse bieten einen strukturierten Überblick über das Ermittlungs-, Festsetzung- und Erhebungsverfahren und die Überwachung von Steuerfällen.

Mit gleichlautenden Ländererlassen vom 21.6.2012 wurde die Allgemeine Verwaltungsanweisung für die Erbschaft- und Schenkungsteuer (ErbStVA) aktualisiert. Danach gilt:

Ermittlungsverfahren

Den Erbschaftsteuerfinanzämtern werden Erwerbe von Todes wegen und Zweckzuwendungen von Todes wegen über folgende Wege bekannt:

  • Anzeigen der Erwerber

  • Anzeigen der Vermögensverwahrer und -verwalter, sowie der Versicherungsunternehmen

  • Anzeigen der Standesämter

  • Anzeigen der diplomatischen Vertreter und Konsularbeamten der BRD über Auslandssterbefälle und Zuwendungen ausländischer Erblasser

  • Beschlüsse über Todeserklärungen und Todesfeststellungen der Amtsgerichte

  • übrige Anzeigen der Gerichte, Behörden, Beamten und Notare

Anzeigen der Standesämter

Die Standesämter sind verpflichtet, den Erbschaftsteuerfinanzämtern turnusmäßig Sterbefälle mitzuteilen (§ 4 ErbStDV). Um den pünktlichen Eingang der Anzeigen zu überwachen, sollen die Finanzämter entsprechende Verzeichnisse führen, in denen u.a. der Eingang der Anzeige zu vermerken ist. Sofern die Standesämter ihrer Anzeigepflicht elektronisch nachkommen, ist eine solche Liste entbehrlich. In diesen Fällen müssen die Finanzämter die ordnungsgemäße Abwicklung des Verfahrens aber über ein elektronisches Verfahren sicherstellen.

Über Schenkungen und Zweckzuwendungen unter Lebenden erlangen die Erbschaftsteuerfinanzämter über folgende „Kanäle“ Kenntnis:

  • Anzeigen von Erwerbern und Personen, aus deren Vermögen der Erwerb stammt

  • Anzeigen von Versicherungsunternehmen

  • Anzeigen von Gerichten, Notaren, sonstigen Urkundspersonen und der Genehmigungsbehörden

  • Anzeigen der diplomatischen Vertreter und Konsularbeamten der BRD über Zuwendungen ausländischer Schenker

  • Kontrollmitteilungen und Anzeigen anderer Finanzämter

Frühere Erwerbe werden erfasst

Da Vermögensvorteile zusammengerechnet werden, die innerhalb von 10 Jahren von derselben Person anfallen (§ 14 ErbStG), müssen die Finanzämter Informationen über Zuwendungen von Personen speichern, die nicht ihr gesamtes Vermögen übertragen haben, sodass noch die Möglichkeit weiterer unentgeltlicher Zuwendungen besteht. In dieser Liste, die automatisiert oder manuell geführt werden kann, müssen neben dem Namen des Schenkers (samt Identifikationsnummer) u.a. auch der Name des Bedachten (samt Identifikationsnummer), sowie der Zeitpunkt und der Wert der Zuwendung festgehalten werden.

Zusammenarbeit der Finanzämter

Neben Fragen zum Ermittlungsverfahren befasst sich die Anweisung detailliert mit der Zusammenarbeit zwischen den Finanzämtern. Danach gilt:

Pflichten der Wohnsitzfinanzämter

Die Wohnsitzfinanzämter des Erblassers, Schenkers bzw. Erwerbers müssen zahlreiche Mitteilungspflichten gegenüber dem Erbschaftsteuerfinanzamt beachten. So müssen sie z.B. die ihnen bekannt gewordenen Vermögensanfälle unter Lebenden mitteilen, die nicht von einem inländischen Gericht oder Notar beurkundet worden sind. Das Erbschaftsteuerfinanzamt muss ferner über Verträge informiert werden, die eine gemischte oder verdeckte Schenkung beinhalten könnten.

Hinweis: Die Verwaltungsanweisung führt insgesamt 13 Fallkonstellationen auf, in denen das Wohnsitzfinanzamt eine Mitteilung an das Erbschaftsteuerfinanzamt anfertigen muss.

Pflichten der Feststellungsfinanzämter

Der Erlassgeber erklärt ferner, welche Pflichten die Lagefinanzämter und Betriebsfinanzämter im Rahmen des Feststellungsverfahrens treffen - insbesondere in Zusammenhang mit der Überwachung der Verschonungsvoraussetzungen der §§ 13a ff. ErbStG (Steuerbefreiung für Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftliche Betriebe und Anteile an Kapitalgesellschaften) und des § 19a ErbStG (entsprechende Tarifbegrenzung).

Pflichten der Erbschaftsteuerfinanzämter

Auch die Erbschaftsteuerfinanzämter müssen Kontrollmitteilungen an die Wohnsitzfinanzämter des Erblassers bzw. des Erwerber versenden. Dies gilt in folgenden Fällen:

  • Übersteigt der Reinwert des Nachlasses 250.000 EUR (oder das zum Nachlass gehörende Kapitalvermögen 50.000 EUR), ist eine Kontrollmitteilung an das Finanzamt des Erblassers anzufertigen.

  • Übersteigt der erbschaftsteuerliche Bruttowert 250.000 EUR (oder das zum Erwerb gehörende Kapitalvermögen 50.000 EUR), ist eine Kontrollmitteilung an das Finanzamt des Erwerbers zu versenden.

Hinweis: Seit dem Veranlagungszeitraum 2009 existiert im EStG eine Steuerermäßigung, die bei der Belastung mit Erbschaftsteuer eingreift (§ 35b EStG). Nach dem Erlass müssen die Erbschaftsteuerfinanzämter auf Nachfrage die notwendigen Angaben zur Ermittlung der Steuerermäßigung an die Wohnsitzfinanzämter weiterleiten. 

Weiterer Verfahrensablauf

Sofern das Erbschaftsteuerfinanzamt aus den ihm zugeleiteten Unterlagen (z.B. Kontrollmitteilungen) auf eine Steuerpflicht schließt oder eine endgültige Entscheidung über Steuerpflicht bzw. Steuerfreihit noch nicht treffen kann, muss es dem Erwerber (oder einer sonst in Betracht kommenden Person) die Vordrucke zur Erbschaft- bzw. Schenkungsteuererklärung zuschicken.

Der Erlass führt in diesem Zusammenhang die Fälle auf, in denen eine vereinfachte Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen möglich ist.

Verfahrensweise bei Kunstgegenständen

Das Erbschaftsteuergesetz sieht u.a. für Kunstgegenstände, wissenschaftliche Sammlungen und Bibliotheken eine anteilige oder komplette Steuerbefreiung vor (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Sofern diese Steuerbefreiung für bewegliche Gegenstände in Anspruch genommen wird, deren Erhaltung wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte und Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt, muss das Finanzamt ein Verzeichnis über diese Gegenstände (mit Wertangaben) anfordern.

Festsetzungsverfahren

Die Finanzämter erteilen jedem Steuerschuldner einen Steuerbescheid über die Festsetzung der Steuer. In Schenkungsfällen muss ein Steuerbescheid pro Erwerb erteilt werden. Sofern eine Steuer noch nicht endgültig festgesetzt werden kann, ist sie (insbesondere bei höheren Steuerbeträgen) möglichst schnell unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) oder mit Vorläufigkeit (§ 165 AO) festzusetzen.

Erhebungsverfahren

Zum Thema Erhebungsverfahren ist dem Erlass lediglich zu entnehmen, dass die oberste Finanzbehörde eines Landes (oder die von ihnen beauftrage Stelle) hierzu nähere Anordnungen treffen kann.

Überwachung der Steuerfälle

Das Erbschaftsteuerrecht macht in vielen Fällen eine Überwachung von Steuerfällen notwendig. Der Erlass zählt in diesem Zusammenhang 10 Fallgestaltungen auf, u.a. die Überwachung des Eintritts einer Nacherbfolge oder der Fälligkeit eines Nachvermächtnisses im Fall des § 6 Abs. 3 ErbStG.

Bagatellgrenze: Sofern die später zu erhebende Steuer voraussichtlich nicht mehr als 1.000 EUR (pro Beteiligter) beträgt, kann i.d.R. von einer Überwachung abgesehen werden.

Abschließend enthält der Erlass verfahrensrechtliche Hinweise zur Überwachung von Steuerfällen, z.B. zum Verfassen einer Überwachungsanordnung und zur turnusmäßigen Überprüfung der überwachten Fälle.

Anwendung der neuen Grundsätze

Die neue Anweisung ist auf alle Erwerbe anzuwenden, die nach dem Erbschaftsteuergesetz der Besteuerung unterliegen. Die bisher ergangenen ErbStVA werden aufgehoben.

Allgemeine Verwaltungsanweisung für die Erbschaft- und Schenkungsteuer; Gleichlautende Ländererlasse vom 21.6.2012; ohne Aktenzeichen

Schlagworte zum Thema:  Erbschaftsteuer, Finanzamt, Schenkungssteuer