Vorläufige Steuerfestsetzung im Hinblick auf anhängige Musterverfahren
Vorläufigkeitsvermerke in Steuerfestsetzungen
Sind Musterprozesse vor dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem BVerfG oder einem obersten Bundesgericht (z.B. BFH) anhängig, in denen die Vereinbarkeit einer Steuernorm mit höherrangigem Recht auf dem Prüfstand steht, kann die Finanzverwaltung für diese Punkte entsprechende Vorläufigkeitsvermerke in Steuerfestsetzungen aufnehmen (§ 165 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AO).
Hinweis: Durch diesen Schritt soll vermieden werden, dass Steuerzahler massenhaft eigene Einsprüche einlegen, nur um ihre Steuerfestsetzungen im Hinblick auf die Musterverfahren offen zu halten.
Vorläufigkeitskatalog wird regelmäßig angepasst
Da Musterprozesse mit der Zeit kommen und gehen, passt das BMF den Katalog der zu setzenden Vorläufigkeiten kontinuierlich an die Entwicklungen in der Rechtsprechung an.
Die aktuell noch immer gültigen Grundaussagen zu vorläufigen Steuerfestsetzungen bei Musterverfahren und zur Aussetzung von Steuerfestsetzungen ergeben sich aus dem BMF-Schreiben vom 15.1.2018 (BStBl 2018 I S. 2). Diesem Schreiben ist eine Anlage beigefügt, aus der
- die zu setzenden Vorläufigkeitsvermerke (Abschnitt A) und
- Aussagen zum Umfang der Aussetzung von Steuerfestsetzungen (Abschnitt B) hervorgehen.
Hinweis: Die Aussetzung einer Steuerfestsetzung (§ 165 Abs. 1 S. 4 AO) kommt grundsätzlich in Betracht, wenn das BVerfG die weitere Anwendung einer Norm bis zum Inkrafttreten einer geforderten (rückwirkenden) Gesetzesänderung untersagt hat. Die Steuer wird insoweit dann nicht festgesetzt.
Verlustverrechnung bei Körperschaften
Konkret hatte das BMF im vorgenannten Schreiben vom 15.1.2018 die Aussetzung der Steuerfestsetzung für die Anwendung der Verlustabzugsbeschränkung des § 8c (Abs. 1) S. 1 KStG a.F. angeordnet. Zum Hintergrund: Mit Beschluss vom 29.3.2017 (2 BvL 6/11, BGBl. I S. 1289) hatte das BVerfG entschieden, dass
- § 8c S. 1 KStG (in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.8.2007, BGBl 2007 I S. 1912), sowie
- § 8c Abs. 1 S. 1 KStG (in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen vom 12.8.2008, BGBl 2008 I S. 1672, und den nachfolgenden Fassungen bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes zur Weiterentwicklung der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften vom 20.12.2016, BGBl 2016 I S. 2998)
für unmittelbare schädliche Beteiligungserwerbe von Anteilen an Kapitalgesellschaften vor dem 1.1.2016 nicht anzuwenden sind.
Mit ergänzendem Schreiben vom 18.6.2018 (BStBl 2018 I S. 702) hatte das BMF den Vorläufigkeitskatalog schließlich um mehrere Punkte verkleinert, die Aussagen zur Aussetzung der Steuerfestsetzung bei § 8c KStG aber unverändert beibehalten.
Aktuelles BMF-Schreiben
Mit Schreiben vom 10.1.2019 hat das BMF nun die Aussagen zur Aussetzung der Steuerfestsetzung im Zusammenhang mit § 8c KStG aufgehoben. Dieser Schritt erfolgte, weil § 8c S. 1 KStG a.F. und § 8c Abs. 1 S. 1 KStG a.F. mittlerweile rückwirkend ab dem 1.1.2008 ersatzlos gestrichen worden sind (durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018, kurz UStAVermG). Das BMF weist darauf hin, dass mit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes der Grund für die vorläufige Aussetzung der Steuerfestsetzung entfallen ist.
Aktuell gültiger Vorläufigkeitskatalog
Der Katalog der aktuellen Vorläufigkeiten wurde gegenüber dem bisherigen Schreiben vom 18.6.2018 nicht verändert, sodass aktuell folgende Vorläufigkeitsvermerke gelten:
- für Veranlagungszeiträume 2004 bis 2014: Abziehbarkeit der Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder ein Studium als Werbungskosten oder Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG)
- für Veranlagungszeiträume ab 2015: Abziehbarkeit der Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder ein Studium als Werbungskosten oder Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 9, § 9 Abs. 6 EStG)
- Höhe der kindbezogenen Freibeträge nach § 32 Abs. 6 S. 1 und 2 EStG
- Abzug einer zumutbaren Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) bei der Berücksichtigung von Aufwendungen für Krankheit oder Pflege als außergewöhnliche Belastung
Ferner werden von den Finanzämtern für Veranlagungszeiträume ab 2005 weiterhin sämtliche Festsetzungen des Solidaritätszuschlags hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlagsgesetzes 1995 vorläufig vorgenommen.
BMF, Schreiben v. 10.1.2019, IV A 3 - S 0338/17/10007
-
Geänderte Nutzungsdauer von Computerhardware und Software
10.6185
-
1. Neuregelungen ab 2023 und BMF-Schreiben
6.971
-
0,03 %-Regelung für Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte
6.895
-
Steuerbonus für energetische Baumaßnahmen
3.1296
-
Unterhaltsaufwendungen als außergewöhnliche Belastung
2.975
-
Umsatzsteuerliche Behandlung kleiner Photovoltaikanlagen ab 2023
2.657
-
2. Voraussetzungen der Sonderabschreibung
2.405
-
Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 EStG für kleinere Photovoltaikanlagen ab 2022
2.23737
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1. Wachstumschancengesetz verbessert Sonderabschreibung für neue Mietwohnungen
1.543
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