Steuerliche Grundsätze zur Bürgschaftsübernahme bei Kommanditisten
Die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen (OFD) stellt mit Verfügung vom 7.7.2014 die steuerlichen Grundsätze dar, die bei Bürgschaftsübernahmen durch Kommanditisten zu beachten sind. Die wichtigsten Aspekte der Weisung hier in der Übersicht:
Allgemeine Grundsätze
Übernimmt ein Kommanditist aus betrieblichen Gründen eine Bürgschaft für Verbindlichkeiten seiner KG, hat dieser Vorgang keinen Einfluss auf die Höhe des laufenden Gewinns bzw. Verlusts der Gesellschaft; auch Sonderbetriebsausgaben des Kommanditisten werden hierdurch nicht ausgelöst.
Sofern die Inanspruchnahme des Kommanditisten aus der Bürgschaft droht oder bereits erfolgt ist, kann er nach der BFH-Rechtsprechung in seiner Sonderbilanz keine Rückstellung bilden bzw. keine Verbindlichkeit einstellen (BFH, Urteil v. 21.6.1989, BStBl 1989 II, S. 881). Zahlungen, die in Erfüllung einer Bürgschaftsverpflichtung geleistet werden, sind einkommensteuerlich als Kapitaleinlage zu beurteilen. Diese Wertung gilt nicht nur, wenn
- die Übernahme der Bürgschaft und die Zahlung der Bürgschaftssumme Beitragsleistungen des Kommanditisten darstellen, die auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhen und während des Bestehens der Gesellschaft keinen Ersatzanspruch des Kommanditisten begründen, sondern auch wenn
- dem Kommanditisten als Folge der Bürgschaftsleistung zivilrechtlich ein selbstständiger, noch nicht erfüllter Ersatzanspruch gegenüber der KG oder den persönlichen haftenden Gesellschafter zusteht.
Verlustzurechnung bei negativem Kapitalkonto und vorzeitige Nachversteuerung
Einem Kommanditisten können Verlustanteile aus der Gesellschaftsbilanz insoweit nicht mehr zugerechnet werden, als nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag feststeht, dass ein Ausgleich des (durch die Verluste aus der Gesellschaftsbilanz entstehenden oder sich erhöhenden) negativen Kapitalkontos mit künftigen Gewinnanteilen des Kommanditisten nicht mehr in Betracht kommt (BFH, Beschluss v. 10.11.1980, BStBl 1981 II, S. 164). Sofern diese Voraussetzungen erfüllt sind, können dem Kommanditisten laufende Verlustanteile aus der Gesellschaftsbilanz (einschließlich Ergebnisse aus Ergänzungsbilanz) selbst dann nicht mehr zugerechnet werden, wenn sich der Kommanditist für Verbindlichkeiten der KG verbürgt hat.
Bei Verlusten einer KG muss daher zunächst stets entschieden werden, ob einem Kommanditisten hiernach Verlustanteile aus der Gesellschaftsbilanz überhaupt noch zugerechnet werden können. Soweit eine Verlustzurechnung in Betracht kommt, ist die Anwendung des § 15a EStG zu prüfen.
Ist ein Ausgleich des negativen Kapitalkontos mit künftigen Gewinnanteilen des Kommanditisten nicht mehr möglich, ergibt sich bereits zu diesem Zeitpunkt ein laufender nicht begünstigter Gewinn in Höhe des negativen Kapitalkontos. Eine Begünstigung des Gewinns nach §§ 16, 34 EStG ist jedoch eröffnet, wenn in dem Veranlagungszeitraum, in dem die vorzeitige Nachversteuerung des negativen Kapitalkontos erfolgt, die Voraussetzungen des § 52 Abs. 19 Satz 4 EStG erfüllt sind. Diese Vorschrift ist auch anzuwenden, wenn eine KG aufgelöst wird und der Kommanditist sein negatives Kapitalkonto nicht ausgleichen muss. Der vorzeitigen „Nachversteuerung“ unterliegt das durch Verlustanteile entstandene negative Kapitalkonto der Gesellschaftsbilanz einschließlich Ergänzungsbilanz.
Ist ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten auf Entnahmen zurückzuführen, scheidet die vorzeitige Nachversteuerung insoweit aus. In Höhe dieser Entnahmen entsteht jedoch ein Gewinn im Zeitpunkt der Auflösung der KG (bzw. des Ausscheidens des Kommanditisten, soweit dieser nicht zu Ausgleichszahlungen verpflichtet ist).
Die OFD weist weiter darauf hin, dass ein positives Kapitalkonto in der Sonderbilanz des Kommanditisten nicht das vorzeitig „nachzuversteuernde“ negative Kapitalkonto mindert. Auch Bürgschaftszahlungen eines Kommanditisten, die zivilrechtlich keine Beitragsleistungen darstellen, die auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhen, können sich nicht auf die Höhe des vorzeitig nachzuversteuernden negativen Kapitalkontos auswirken. Denn Ersatzansprüche des Kommanditisten gegenüber der KG oder den persönlich haftenden Gesellschaftern, die aufgrund der Bürgschaftsinanspruchnahme entstehen, stellen Sonderbetriebsvermögen dar. Erst mit Beendigung der KG ist die Wertlosigkeit dieser Kapitalkontenteile steuerlich zu berücksichtigen; dementsprechend können bei der vorzeitigen Nachversteuerung auch drohende Bürgschaftsinanspruchnahmen nicht berücksichtigt werden.
Wegfall des negativen Kapitalkontos
Sofern ein negatives Kapitalkonto eines Kommanditisten bei Betriebsveräußerung oder -aufgabe wegfällt oder ein Kommanditist gegen Übernahme eines negativen Kapitalkontos durch den Erwerber aus der Gesellschaft ausscheidet, entsteht grundsätzlich (zu diesem Zeitpunkt) ein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn in Höhe des negativen Kapitalkontos. Dieser Gewinn muss regelmäßig auch dann versteuert werden, wenn der Kommanditist im Außenverhältnis aufgrund einer Bürgschaftsverpflichtung weiterhin für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet.
Der Veräußerungsgewinn mindert sich jedoch durch einen Verlust im Sonderbetriebsvermögen, wenn der Kommanditist
- aus der Bürgschaft bereits in Anspruch genommen wurde, er jedoch noch nicht gezahlt hat oder
- mit der Inanspruchnahme durch die Gesellschaftsgläubiger ernsthaft rechnen muss und keine realisierbaren Ausgleichs- und Rückgriffsansprüche hat.
Denn in diesen Fällen muss eine Verbindlichkeit bzw. Rückstellung in die Sonderbilanz eingestellt werden.
Ebenfalls gewinnmindernd wirken sich Bürgschaftszahlungen aus, die der Kommanditist während des Bestehens der Gesellschaft bzw. vor seinem Ausscheiden geleistet hat (soweit kein realisierbarer Ersatzanspruch besteht).
OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung v. 7.7.2014, S 2241 - 2014/0015 - St 113
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