Betragen die Nebeneinkünfte eines Arbeitnehmers mehr als 410 Euro, kann er zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet sein. Die OFD Frankfurt befasst sich in einer aktuellen Verfügung mit diesem Fall der Pflichtveranlagung und beleuchtet zugleich die Frist für Antragsveranlagungen.

Die OFD Frankfurt weist darauf hin, dass sich die 410-Euro-Grenze bei der Pflichtveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG auf die positive Summe der steuerpflichtigen Einkünfte bzw. der Progressionseinkünfte bezieht. Hintergrund: Nachdem der BFH mit Urteil vom 21.9.2006 (VI R 52/04) entschieden hatte, dass auch eine negative Summe der Einkünfte von mehr als 410 Euro zu einer Pflichtveranlagung führt, reagierte der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2007 und schrieb in § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG n. F. fest, dass nur positive Summen über 410 Euro eine Pflichtveranlagung auslösen. Diese Klarstellung war auch rückwirkend für Veranlagungszeiträume vor 2006 anzuwenden.

Zudem weist die OFD auf das BFH-Urteil vom 22.5.2006 (VI R 50/04) hin, wonach die frühere Mindestbesteuerung des § 2 Abs. 3 EStG a. F. auch bei der Ermittlung der 410-Euro-Grenze zu beachten ist.

Hinweis: Die Mindestbesteuerung galt von 1999 bis 2003 und schränkte den Verlustausgleich über eine komplexe Verrechnungsbeschränkung ein.

Frist zur Antragsveranlagung

Seit dem Jahressteuergesetz 2008 ist die freiwillige Abgabe einer Steuererklärung (Antragsveranlagung) innerhalb der regulären 4-jährigen Festsetzungsfrist möglich; vormals galt eine verkürzte 2-Jahresfrist. Die Gesetzesänderung griff bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2005, war aber auch für ältere Jahre anwendbar, sofern über den Antrag auf Veranlagung am 28.12.2007 (Tag der Gesetzesverkündung) noch nicht bestandskräftig entschieden war. Für Veranlagungszeiträume vor 2005, für die ein Antrag auf Veranlagung erst nach dem 28.12.2007 einging, war daher noch die 2-Jahresfrist zu beachten. Nachdem der BFH bereits mit Urteil vom 12.11.2009 (VI R 1/09) einen ­nach dem 28.12.2007 eingegangenen Antrag akzeptiert hatte, schließt sich die OFD Frankfurt dieser gelockerten Sichtweise an und weist ihre Finanzämter an, eine Veranlagung auch aufgrund solch später Anträge durchzuführen.

Anlaufhemmung bei Antragsveranlagungen

Durch die sog. Anlaufhemmung (§ 170 Abs. 2 Nr. 1 AO) verzögert sich der Beginn der Festsetzungsfrist um bis zu 3 Jahre; zusammen mit der 4-jährigen Festsetzungsfrist kann sich also im Ergebnis eine 7-jährige Antragsfrist ergeben.

Die OFD Frankfurt erklärt, dass die Anlaufhemmung bei Antragsveranlagungen nicht anwendbar ist und stützt sich dabei auf die Erörterung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder.

Hinweis: Der Standpunkt der Verwaltung ist mittlerweile in den Anwendungserlass zur Abgabenordnung eingegangen (vgl. AEAO zu § 170 AO), er steht in Einklang mit der aktuellen BFH-Rechtsprechung (vgl. BFH, Beschluss v. 8.3.2010, VIII B 15/09).

Einsprüche bei Antragsveranlagung

Da zur Anlaufhemmung bei Antragsveranlagung noch etliche Verfahren vor dem BFH anhängig sind (VI R 68/10, VI R 77/10, VI R 16/11, VI R 17/11), weist die OFD ihre Finanzämter an, entsprechende Einsprüche zunächst weiterhin zurückzustellen.

OFD Frankfurt, Verfügung v. 28.7.2011, S 2270 A – 11 – St 216