Zeitliche Zuordnung von Umsatzsteuer-Vorauszahlungen
Einnahmen-Überschussrechner müssen für die zeitliche Zuordnung ihrer Betriebsausgaben das sog. Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 EStG beachten: Nach Satz 1 dieser Vorschrift müssen Ausgaben in dem Kalenderjahr abgesetzt werden, in dem sie geleistet worden sind.
10-Tage-Regelung bei Umsatzsteuer-Vorauszahlung
Für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben wie Umsatzsteuer-Vorauszahlungen sieht das Gesetz allerdings eine Ausnahmeregelung vor: Diese Ausgaben müssen im Jahr ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit abgezogen werden, selbst wenn sie beim Unternehmer schon kurze Zeit vor Beginn oder erst kurze Zeit nach Beendigung dieses Jahres abfließen (§ 11 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 EStG).
Hinweis: Als „kurze Zeit“ definiert die Rechtsprechung des BFH einen Zeitraum von bis zu 10 Tagen vor bzw. nach dem Jahreswechsel (somit vom 22. Dezember bis zum 10. Januar).
OFD beantwortet Sonderfragen zur Abflussfiktion
Mit aktualisierter Kurzinfo vom 29.4.2016 hat die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen (OFD) nun einige Sonderfragen aufgegriffen, die sich bei der zeitlichen Zuordnung von Umsatzsteuer-Vorauszahlungen stellen. Folgende Punkte dieser Weisung sind hervorzuheben:
Regelmäßig wiederkehrende Ausgaben: Fälligkeit und Zahlung müssen in 10-Tages-Zeitraum fallen
Damit abweichend geleistete Zahlungen im Jahr ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit abgezogen werden dürfen, müssen sie innerhalb des 10-Tages-Zeitraums fällig und geleistet worden sein – beide Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Die Abflussfiktion des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt daher nicht, wenn nur die Zahlung innerhalb der „kurzen Zeit“ nach dem Ende des Kalenderjahres erfolgt ist, der Fälligkeitszeitpunkt aber außerhalb dieses Zeitraums liegt. Die OFD nennt hierfür folgende Fallbeispiele:
- Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für Dezember 2012, die zwar am 7.1.2013 gezahlt werden, jedoch erst am 10.2.2013 fällig waren.
- Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für das III. Quartal 2012, die zwar am 7.1.2013 gezahlt werden, jedoch bereits am 10.11.2012 fällig waren.
In beiden Fällen müssen die Vorauszahlungen also im Zahlungsjahr 2013 abgesetzt werden.
„SaSoFei“-Regelung verlängert 10-Tages-Zeitraum nicht
Unternehmer müssen ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen bis zum 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums abgeben. Die Zahlung wird auch am 10. Tag fällig (§ 18 Abs. 1 Satz 1, 4 UStG). Die Zahlungsfrist verlängert sich jedoch bis zum folgenden Werktag, wenn das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt (§ 108 Abs. 3 AO). Aufgrund dieser sog. „SaSoFei“-Regelung kann sich die Fälligkeit einer regulär am 10. Januar zu leistenden Vorauszahlung nach hinten verschieben. Die OFD weist darauf hin, dass Zahlungen in dieser Fallkonstellation aus dem 10-Tages-Zeitraum herausfallen und für sie somit nicht mehr die Abflussfiktion gilt. Der steuerliche Abzug muss somit im Abflussjahr erfolgen.
Hinweis: Die Fälligkeitsverschiebung nach der „SaSoFei“-Regelung trat für Umsatzsteuer-Vorauszahlungen zuletzt zu den folgenden Terminen ein:
- 10.1.2009 (Samstag)
- 10.01.2010 (Sonntag)
- 10.1.2015 (Samstag)
- 10.01.2016 (Sonntag)
Diese Umsatzsteuer-Vorauszahlungen dürfen aufgrund ihrer späteren Fälligkeit somit nicht mehr dem Jahr ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit zugerechnet werden, sondern müssen im späteren Zahlungsjahr abgezogen werden. Die OFD verweist insoweit auf das BFH-Urteil vom 11.11.2014 (Az. VIII R 34/12), nach dem die „SaSoFei“-Regelung lediglich die Zahlungsfrist verlängert, nicht jedoch den 10-Tages-Zeitraum der Abflussfiktion.
Hinweis: Im zugrundeliegenden Verfahren hatte ein Rechtsanwalt aus Niedersachsen vergeblich versucht, seine am 11.1.2010 (Montag) geleistete Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das vierte Quartal 2009 noch als Betriebsausgabe des Jahres 2009 abzuziehen.
Hinweis: Die OFD weist ihre Finanzämter an, ruhende Einsprüche zum vorgenannten Revisionsverfahren wieder aufgreifen und entsprechend zu erledigen. Einspruchsführer müssen also damit rechnen, dass Einsprüche, mit denen sie Zahlungen nach dem 10. Januar noch im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit berücksichtigt wissen wollen, von den Finanzämtern als unbegründet zurückgewiesen werden.
10-Tage Regelung bei Lastschrifteinzug
Hat der Unternehmer seinem Finanzamt eine Lastschrifteinzugsermächtigung erteilt, gilt eine Umsatzsteuer-Vorauszahlung (bei einem hinreichend gedeckten Konto) im Zeitpunkt der Fälligkeit als abgeflossen, selbst wenn das Finanzamt den Betrag tatsächlich erst später einzieht. In diesem Fällen muss der Unternehmer also eine am 10. Januar fällige, aber später eingezogene Umsatzsteuer-Vorauszahlung regelmäßig noch im vorangegangenen Kalenderjahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit als Betriebsausgabe verbuchen (Anwendung der Abflussfiktion).
Hinweis: Das FG Düsseldorf hat diese Sichtweise mit Urteil vom 28.4.2015 (Az. 11 K 397/15 E) bestätigt und dabei nun Rückendeckung vom BFH erhalten, der die Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 8.3.2016 (Az. VIII B 58/15) als unbegründet zurückgewiesen hat. Die OFD weist ihre Finanzämter in der Kurzinfo daher an, ruhende Einspruchsverfahren zu dieser Thematik wieder aufzugreifen und entsprechend abzuwickeln. Einspruchsführer müssen also damit rechnen, dass ihnen bei nach dem 10. Januar eingezogenen Vorauszahlungen der Abzug im Zahlungsjahr verwehrt wird. Ein Abzug kommt dann – sofern verfahrensrechtlich überhaupt noch möglich – nur im vorherigen Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit in Betracht.
OFD Nordrhein-Westfalen, Kurzinfo ESt 9/2014 v. 29.4.2016
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