Besteuerung des digitalen EU-Binnenmarktes
Bedeutung des digitalen Binnenmarkts
Der digitale Binnenmarkt ist ein Markt, der sich an mehr als 500 Mio. Verbraucher wendet und hat ein Potenzial von ca. 415 Mrd. EUR. Er gehört deshalb zu den 10 zentralen politischen Prioritäten der EU-Kommission. Ein zeitgemäßer digitaler EU-Binnenmarkt erfordert ein modernes und stabiles Steuerrecht, das eine faire und wirksame Besteuerung zum Ziel haben muss.
Aktuelle Lage
Derzeit weisen die internationalen Steuervorschriften Schwächen auf. Die Regelungen sind nicht mehr zeitgemäß und bedürfen einer Anpassung an den grenzüberschreitenden elektronischen Handel. In einer zunehmend globalisierten und digital vernetzten Welt bietet sich andernfalls immer mehr Raum für eine Steuerumgehung, was nicht nur zu geringeren Steuereinnahmen führt, sondern auch die Wettbewerbsbedingungen verzerrt.
- Online-Händler-Modelle, bei denen über Online-Plattformen Waren verkauft oder Verbindungen zwischen Verkäufern und Käufern hergestellt werden. Dazu zählen z.B. Amazon, Zalando, Alibaba.
- Social-Media-Modelle, über welche der Besitzer eines Netzwerks Werbeeinnahmen erzielt. Dazu zählen z.B. Facebook, Xing, Qzone.
- Abonnementen-Modelle, welche Abonnement-Gebühren für den ständigen Zugang zu einer digitalen Dienstleistung erheben. Dazu zählen z.B. Netflix, Spotify, iQiyi.
- Kooperationsplattformen, die eine Verbindung zwischen freien Kapazitäten und Nachfragen herstellen. Dazu zählen z.B. Airbnb, Blablacar, Didi Chuxing.
Derartige Geschäftsmodelle unterliegen nach einer Erhebung einem effektiven Steuersatz von nur 8,5 % und zahlen damit deutlich weniger Steuern als herkömmliche Unternehmen.
Lösungswege für Ort und Gegenstand der Besteuerung
Es müssen Lösungen für den Ort der Besteuerung (Nexus) und für den Gegenstand der Besteuerung (Wertschöpfung) gefunden werden. Dies kann nur mit einem umfassenden, modernen Konzept für die Besteuerung der digitalen Wirtschaft erreicht werden. Dies muss zugleich folgenden Zielen gerecht werden:
- Gerechtigkeit,
- Wettbewerbsfähigkeit,
- Integrität des Binnenmarkts,
- Nachhaltigkeit.
Die Lösung liegt in der Einbindung der Besteuerung der digitalen Wirtschaft in das allgemeine System der internationalen Unternehmensbesteuerung. Dies erfordert eine grundlegende Reform der derzeit geltenden internationalen Unternehmenssteuervorschriften.
Konkrete Lösungsansätze erhofft sich die EU-Kommission von dem Zwischenbericht der OECD über die Besteuerung der digitalen Wirtschaft, der im April 2018 vorgestellt werden soll. Neben dem Ort der Wertschöpfung und deren Wertansatz werden hierbei auch die internationalen Steuervorschriften zu einer Betriebsstätte, der Verrechnungspreisgestaltung und der Gewinnzurechnung eine grundlegende Rolle spielen. Auch die gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) stellt hierbei einen ehrgeizigen Ansatz dar. Allen Überlegungen ist gemeinsam, dass diese wohl noch viel Zeit bis zu einer Umsetzung in Anspruch nehmen werden.
Kurzfristige Lösungen
Bis dahin sollen andere alternative Wege für eine kurzfristige Lösung gefunden werden. Dies könnte sein:
- eine sog. Umsatzausgleichsteuer für digitale Unternehmen,
- eine Quellensteuer auf digitale Umsätze,
- oder Abgaben auf Einnahmen aus digitalen Dienstleistungen bzw. Werbeeinahmen.
Diese kurzfristigen Optionen haben nicht nur Vor-, sondern auch Nachteile. Auch sie erfordern daher noch weitere Detailarbeiten um eine gute Zwischenlösung für den Binnenmarkt darstellen zu können.
Stellungnahme des Bundesrats
Hierzu hat der Bundesrat in seiner Sitzung am 15.11.2017 wie folgt Stellung bezogen:
- Die Arbeiten der EU-Kommission werden vom Bundesrat unterstützt, denn auch Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen müssen angemessen besteuert werden.
- Eine Lösung des Problems ist drängend, sonst kommt es vermehrt zu Verzerrungen im freien Wettbewerb und zu Steuerumgehungen.
- Alle in der EU tätigen Unternehmen sollten ihre Steuern am Ort der Wertschöpfung zahlen.
- Die Besteuerung der digitalen Geschäftsmodelle sollte nicht nur EU-einheitlich, sondern möglichst global gelöst werden.
- Zustimmend wird zur Kenntnis genommen, dass eine abgestimmte Lösung mit der OECD angestrebt wird.
- Eine Abgrenzung zwischen Unternehmen der digitalen Wirtschaft und "althergebrachten" Unternehmen wird kritisch gesehen. Ggf. könnten für alle Unternehmen geltende Maßnahmen die bessere Lösung sein.
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