Konflikt in Bundesregierung über mögliche Steuerentlastungen

In der Bundesregierung deutet sich ein Konflikt über mögliche Steuerentlastungen für Unternehmen an. Zudem schwelt die Kontroverse in der Koalition über eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags weiter.  

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sprachen sich für die Entlastung der Wirtschaft aus, um sie vor einem Abschwung zu bewahren, die SPD lehnte die Vorstöße ab. 

CDU-Politiker fordern Unternehmensteuerreform

Kramp-Karrenbauer sagte der "Welt am Sonntag": "Wir müssen überlegen, wie wir die Binnenkonjunktur und unsere Wettbewerbssituation stärken können, etwa indem wir die Abgabenlast für Betriebe verringern durch eine Unternehmenssteuerreform." Sie verstehe nicht, dass Finanzminister Olaf Scholz Steuerentlastungen erst bei einer konjunkturellen Eintrübung vorsehe. "Es wäre sinnvoller, diese Entlastung von Anfang an zu ermöglichen und nicht erst darauf zu warten, dass die Konjunktur schwächer wird."

Altmaier sieht das genauso. "Unsere Wirtschaft ist jetzt neun Jahre in Folge gesund und nachhaltig gewachsen", sagte der Wirtschaftsminister der "Welt am Sonntag". "Da Herausforderungen wie Brexit, internationale Handelskonflikte und der Digitalisierungsbedarf auch an unserer Volkswirtschaft nicht spurlos vorbeiziehen, müssen wir sinnvoll entlasten und Wachstumsimpulse setzen. Jetzt, nicht erst, wenn ein Abschwung droht", mahnte der CDU-Politiker.

SPD-Politiker reagieren ablehnend

"Wir haben uns mit dieser Regierung bewusst entschieden, in Bildung, Familien und Digitalisierung zu investieren", sagte Klingbeil den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag). "Es ist erstaunlich, dass die Union diesen Weg nun dadurch in Frage stellt, dass sie das Geld lieber in Steuersenkungen für Spitzenverdiener stecken will". Das sei mit der SPD nicht zu machen. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider sagte der "Welt am Sonntag": "Die Wirtschaft hat prächtig verdient." Er halte es für wichtig, die unteren und mittleren Einkommen zu entlasten. "Da tun wir mit dem Abbau des Soli ab 2020 für 90 Prozent der Steuerzahler und der Wiedereinführung der paritätischen Krankenversicherung etwas."

Auch beim Thema Soli gibt es weiter Unstimmigkeiten in der Koalition

Union und SPD planen bislang für 2021 eine Entlastung um 10 Mrd. EUR, die 90 Prozent der Soli-Zahler befreien soll. Die Union hatte auf ihrem Bundesparteitag beschlossen, den Zuschlag vollständig abzubauen. Finanzminister Scholz lehnt das ab.

Kramp-Karrenbauer sprach von einer "Neidkampagne", wenn 10 Prozent der Bevölkerung, die bisher nicht entlastet werden, als superreich bezeichnet werden. Dabei handele es sich aber oft um kleinere und mittlere Unternehmen. Darauf wies auch Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer hin. "Bleibt der Soli für die oberen zehn Prozent der Steuerzahler erhalten, trifft das nicht nur Millionäre, sondern auch massiv Handwerksbetriebe und deren Mitarbeiter, also unsere Leute", sagte Wollseifer der "Rheinischen Post" (Samstag). "Wir werden das verfassungsrechtlich überprüfen lassen, wenn die Bundesregierung an dem Plan festhält, nur 90 Prozent der Steuerzahler beim Soli zu entlasten", kündigte Wollseifer an. Der Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) werde Verfassungsklagen von Betrieben tatkräftig unterstützen.

Die SPD bleibt bei ihrer Haltung

Scholz sagte im "Interview der Woche" von SWR2: "Das Wegfallen des Solis für 90 Prozent derjenigen, die ihn heute zahlen, das sind ja fast alle Steuerpflichtigen, bedeutet eine Mindereinnahme für den Bund, für den Bundeshaushalt, von über 10 Mrd EUR. Die übrigen 10 Prozent wären noch mal so viel, was natürlich daran liegt, dass darunter auch Personen sind, die zum Beispiel Vorstandsvorsitzende großer Dax-Aktiengesellschaften sind, vielleicht 5 Mio- verdienen." Klingbeil machte in der "Passauer Neuen Presse" (Samstag) klar, die Entscheidung, dass die oberen 10 Prozent weiter den Soli zahlen sei im Koalitionsvertrag getroffen und stehe auch nicht mehr zur Diskussion.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) forderte derweil die Erhöhung des Spitzensteuersatzes. "Nur so können wir die Einnahmeverluste beim Soli ausgleichen und verhindern, dass die Schere zwischen arm und reich im Land noch weiter auseinandergeht", sagte Weil der "Augsburger Allgemeinen".

dpa