Die Brexit-Einigung ist da
The Deal is done!
Das Votum der Bürger des vereinigten Königreiches (UK) im Jahre 2016 hat eine Phase großer Unsicherheit eröffnet, die nicht zuletzt die Unternehmen getroffen hat. Diese Unsicherheit hat rd. 5 Jahre gedauert und ist erst durch das am 24.12.2020 unterzeichnete "EU-UK Trade and Cooperation Agreement" beendet worden, das die Beziehungen zwischen der EU und UK ab dem 1.1.2021 regelt. Damit ist der lange Zeit befürchtete "harte" Brexit vermieden worden. Der Vertrag v. 24.12.2020 hat aber auch die Hoffnung zerstört, es könne zu einem "weichen" Brexit kommen, bei dem UK im Binnenmarkt und in der Zollunion verblieben wäre.
Was bedeutet nun der Brexit?
UK scheidet mit dem 1.1.2021 aus dem Gemeinsamen Markt aus. Es entstehen also zwei getrennte, jeweils selbständige Märkte, nämlich EU und UK. Ab diesem Stichtag erhält UK den Status eines Drittlandes, so dass nur noch die Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 63 AEUV, dagegen nicht mehr die Arbeitnehmer-Freizügigkeit, Art. 45 AEUV, die Niederlassungsfreiheit, Art. 49 AEUV, und die Dienstleistungsfreiheit, Art. 56 AEUV Anwendung finden. Die Freizügigkeit einschließlich der allgemeinen Freizügigkeit, Art. 21 AEUV ist daher im Verhältnis zu UK beseitigt.
In dem Vertrag v. 24.12.2021 ist ein Kompromiss für die zukünftige Zusammenarbeit zwischen UK und EU gefunden worden. Dabei hat die EU ihr wesentliches Anliegen, ein "level playing field" zu schaffen, im Wesentlichen durchsetzen können. UK verpflichtet sich, die am 31.12.2020 bestehenden Standards hinsichtlich Wettbewerb, Arbeitnehmerrechten, Sozialleistungen und Umweltschutz beizubehalten. Außerdem enthält das Abkommen ein Verbot von Beihilfen, die selektiv wirken und den Wettbewerb verfälschen können. Darunter können auch Steuervergünstigungen fallen. Das Beihilfeverbot entspricht in etwa dem entsprechenden Verbot in Art. 107 AEUV.
Nicht durchgesetzt hat sich die EU mit ihrer Forderung, dass UK auch an künftige Standards der EU gebunden sein soll. Das war auch nicht zu erwarten, da aus Sicht von UK die Bindung an Standards, an deren Entwicklung sie nicht mitgewirkt hat, unannehmbar gewesen ist. Jedoch hat die EU das Recht, bei Verstoß gegen die Verpflichtung zur Wahrung der bestehenden Standards und auch bei künftigen Maßnahmen von UK, die erhebliche Schäden für Sektoren oder Regionen der EU verursachen, Zölle zu erheben. Das gilt auch für Fischerei, so dass nach Auslaufen der Vereinbarungen über Fangrechte ab 2026 die Möglichkeit eines Handelskriegs nicht gebannt ist. Das Problem der Fischereiquoten ist daher nicht gelöst, sondern nur um 5 Jahre verschoben worden. Damit wird sich die von den Anhängern des Brexits geäußerte Hoffnung, durch Absenkung der Standards eine Volkswirtschaft schaffen zu können, die der EU überlegen ist, nicht verwirklichen lassen.
Dem Vertrag v. 24.12.2020 sieht man noch die große Eile an, in der er fertiggestellt worden ist. Er ist offensichtlich aus den Ergebnissen der einzelnen Arbeitsgruppen zusammengestellt worden, so dass jeder Teil eine eigene Nummerierung der Vorschriften enthält. Hier wird noch eine Durchnummerierung und Anpassung der zahlreichen Verweise erfolgen müssen, so dass gegenwärtig eine Zitierung von Vorschriften des Vertrags schwierig ist. Der Vertrag liegt bisher auch nur in englischer Fassung vor, obwohl authentische Sprachen des Vertrags neben Englisch alle Amtssprachen der EU sind. Die endgültige Festlegung des Textes und die Übersetzung in die Amtssprachen der EU sollen bis zum 30.4.2021 erfolgen.
Der Vertrag ist nicht nur sehr umfangreich, sondern schafft auch eine Organisation, die durchaus als "bürokratisches Monstrum" bezeichnet werden kann. So wird nicht nur ein "Partnership Council" geschaffen, sondern auch 20 "Specialised Committees", diese wieder ergänzt durch "Working Groups" und "Domestic Advisory Groups".
Weiter in Kraft bleibt das Austrittsabkommen v. 24.1.2020, ABl L 29 v. 31.1.2020, S. 7 ff. Daher haben Staatsangehörige der Mitgliedsstaaten der EU, die gegenwärtig in UK leben, und Staatsangehörige des UK, die in Europa leben, weiterhin ein unbefristetes Aufenthaltsrecht in dem jeweiligen Gebiet. Weiterhin gilt auch das Irland-Abkommen. Das hat zur Folge, dass die Zollgrenze zwischen Nordirland und Großbritannien verläuft, nicht zwischen Irland und Nordirland.
Was bedeutet der Brexit steuerlich?
Aus steuerlicher Sicht hat der Vertrag v. 24.12.2020 durchaus Elemente eines „harten“ Brexits, aber jedenfalls wurde die Gefahr beseitigt, dass zwischen der EU und UK Zölle erhoben werden müssen. Andererseits schafft der Vertrag Zollschranken, was zu erheblichen administrativen Mehrbelastungen, Kosten und zeitlichen Verzögerungen im Handel zwischen der EU und UK führen wird. Es hat eine Zollabfertigung zu erfolgen, auch ist bei Einfuhren aus UK der Ursprungsnachweis zu erbringen, dass die Waren nur geringfügige aus anderen Drittländern stammende Elemente enthalten. UK ist somit ab 1.1.2021 "Drittland".
Für die Ertragsteuern bedeutet dies, dass die für EU-Staatsangehörige geltenden günstigen Vorschriften, die auf den Grundfreiheiten beruhen, nicht mehr anwendbar sind.
Für die Umsatzsteuer entfallen für das Gebiet von Großbritannien (England, Schottland, Wales) die Regelungen über innergemeinschaftliche Lieferungen und Leistungen; an ihre Stelle tritt die Einfuhrumsatzsteuer. Nordirland gilt auf Grund des Protokolls Irland/Nordirland zum Austrittsabkommen v. 24.1.2020 weiterhin als Gemeinschaftsgebiet. Das bedeutet, dass Lieferungen von und nach Nordirland innergemeinschaftlicher Erwerb bzw. innergemeinschaftliche Lieferung sind. Lieferungen zwischen Großbritannien und Nordirland sind dagegen Drittlandslieferungen. Hierzu BMF, Schreiben v. 10.12.2020, III C 1 – S 7050/19/10001 :002, n.n.v.
Zollrechtlich werden zwar keine Zölle erhoben, aber es hat eine Zollabfertigung einschließlich eines Ursprungsnachweises zu erfolgen. Die Zollabfertigung wird Kosten verursachen.
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