Reverse Charge bald auch für Betreiber von Photovoltaikanlagen?
Im Rahmen der Verhandlungen über das Jahressteuergesetz 2013 ist in die Beschlussfassung des Bundestags vom 25.10.2012 auch eine Ausweitung der Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger (Reverse-Charge-Verfahren) im Zusammenhang mit Lieferungen von Gas über das Erdgasnetz und von Elektrizität aufgenommen worden.
Übertragung der Steuerschuld jetzt auch bei Lieferungen inländischer Unternehmer
Während die Übertragung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger nach der bisher geltenden Regelung auf die Lieferung von Gas (über das Erdgasnetz), von Elektrizität, Wärme oder Kälte über entsprechende Wärme- oder Kältenetze durch ausländische Unternehmer beschränkt war, soll die Lieferung von Gas und Elektrizität jetzt auch bei der Lieferung durch inländische Unternehmer unter das Reverse-Charge-Verfahren fallen (§ 13b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. b UStG-E).
Nur Unternehmer, die selbst Strom oder Gas liefern, sind betroffen
Allerdings ist die Übertragung der Steuerschuldnerschaft daran gebunden, dass der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der selbst solche Leistungen (also die Lieferung von Gas oder Elektrizität) erbringt (§ 13b Abs. 5 Satz 2 UStG-E). Die Lieferung von Gas oder Elektrizität an einen Unternehmer, der selbst nicht Elektrizität oder Gas liefert, fällt damit nicht unter das Reverse-Charge-Verfahrens, es bleibt bei der Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers.
Neuregelung wirkt sich auch auf Betreiber von Photovoltaik- und Windkraftanlagen aus
Auswirkungen werden sich – neben der Lieferung von Gas oder Elektrizität zwischen gewerblichen Strom- oder Gashändlern – insbesondere auch bei der Einspeisung von Strom aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen ergeben. In diesen Fällen wird nicht mehr der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer schulden, sondern der Leistungsempfänger.
Ein besonderes Problem könnte sich bei den Betreibern von Photovoltaikanlagen ergeben. Diese sind unternehmerisch tätig und speisen – zumindest nach den derzeitigen gesetzlichen Regelungen – die gesamte erzeugte elektrische Energie in das Netz ein. Der Strom für den eigenen Verbrauch wird dann vom lokalen Energieversorgungsunternehmen wieder zurück gekauft. Damit müsste nach der gesetzlichen Regelung, da der Betreiber der Photovoltaikanlage ein Unternehmer ist, der Elektrizität liefert, der Betreiber des Photovoltaikanlage für den Rückkauf zum Steuerschuldner werden. Ausdrücklich ergibt sich aus § 13b Abs. 5 Satz 3 UStG, dass der unternehmerische Leistungsempfänger die Leistung nicht für sein Unternehmen beziehen muss.
Die Gesetzesbegründung sagt etwas anderes
Nach der Gesetzesbegründung (Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP (Umdruck Nr. 3) zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2013) soll in diesen Fällen ausdrücklich keine Übertragung der Steuerschuld erfolgen. Wörtlich heißt es hier – allerdings ohne inhaltliche Begründung -: „Nicht hierunter fallen Betreiber von Photovoltaikanlagen, auch dann, wenn ihnen eine Erlaubnis nach § 4 Absatz 2 Stromsteuergesetz erteilt worden ist.“
Ob diese in der Gesetzesbegründung vorgenommene Einschränkung durchgreift, ist allerdings fraglich. Wenn die Einspeisung von elektrischer Energie aus Photovoltaikanlagen in das Netz eine Lieferung i. S. d. § 13b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. b UStG darstellt, ist der Betreiber der Photovoltaikanlage ein Unternehmer, der solche Leistungen ausführt. Damit könnte sich nach der Entwurfsfassung des Gesetzes entweder
- nur die Folge ergeben, dass die Einspeisung von Photovoltaikanlagen und ähnlichen Anlagen nicht unter das Reverse-Charge-Verfahren fällt (vom Gesetzgeber ist aber offensichtlich gewollt, dass hier die Übertragung der Steuerschuldnerschaft erfolgt; im Gesetzestext fehlt aber die Aussage, dass der Rückkauf von Strom nicht unter das Reverse-Charge-Verfahren fällt) oder
- dass auch der Rückkauf von Strom durch den Betreiber der Anlage unter die Regelung fällt – dies würde zu erheblichen praktischen Problemen führen.
Neuregelung muss noch vom EU-Ministerrat genehmigt werden
Die Ausweitung der Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens steht unter dem Genehmigungsvorbehalt des EU-Ministerrats. Ein Antrag auf Genehmigung soll mittlerweile gestellt worden sein. Um eine notwendige Anpassung der Abrechnungsmodalitäten zu ermöglichen, soll die Neuregelung erst zu Beginn des zweiten Monats in Kraft treten, der dem Tag der Veröffentlichung des Durchführungsbeschlusses des Rats der Europäischen Union zur Ermächtigung der Bundesrepublik Deutschland im Amtsblatt der EU (Reihe L) folgt.
Änderungen auch bei der Abrechnung
Wenn die Regelung in Kraft getreten ist, hat dies nicht nur Auswirkungen auf den Steuerschuldner, auch die Abrechnungen müssen entsprechend dem Reverse-Charge-Verfahren ausgestellt werden. In der Rechnung (oder Gutschrift) darf keine Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen werden und auf den Übergang der Steuerschuldnerschaft muss mit den Worten „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ hingewiesen werden (§ 14a Abs. 5 UStG-E).
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