Hintergrund und Überblick


Umsetzung von BEPS-Maßnahmen und der EU-Amtshilferichtlinie

Der Bundesrat hat am 16.12.2016 den Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen zugestimmt. Gegenüber dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 5.9.2016 sind insbesondere auf Anregung des Bundesrats 19 weitere Änderungen in das Gesetz aufgenommen worden. Der Bundesrat hatte das Gesetz bereits am 1.12.2016 verabschiedet.

Basis des Gesetzespakets waren zunächst die Empfehlungen der OECD vom 5.10.2015, mit denen sich die Staaten durch konkrete Maßnahmen gegen unliebsame Gewinnverkürzungen bzw. -verlagerungen - Base Erosion and Profit Shifting, kurz: BEPS - schützen sollten. Daraus resultieren vor allem Änderungen zum Steuerrecht, mit denen auf vermehrt auftretende Gestaltungen zur "künstlichen" Minderung bzw. Verlagerung von erzielten Gewinnen reagiert wird. Auf diesem Weg gelangen die ersten dieser sog. BEPS-Maßnahmen in das deutsche Steuerrecht. Insbesondere werden

  • Informationsdefizite der Steuerverwaltungen abgebaut,
  • Ausmaß und Ort der Besteuerung stärker an die tatsächliche wirtschaftliche Substanz angeknüpft,
  • das Ineinandergreifen der einzelnen nationalen Steuersysteme erhöht und
  • ein zu Lasten der betroffenen Staaten unfairer Steuerwettbewerb eingedämmt.

Weiterhin sollen mit diesem Gesetz zwingende Änderungen aus der EU-Amtshilferichtlinie in deutsches Steuerrecht umgesetzt werden. Dabei handelt es sich vor allem um ein Mehr an Informationsaustausch zwischen den europäischen Staaten, auch verbunden mit dem weiteren Ziel eines fairen Steuerwettbewerbs innerhalb der EU.

Bereits im Referentenentwurf des BMF waren einige gesetzgeberische Reaktionen auf Rechtsprechung des BFH enthalten, welche vor allem das AStG, EStG und GewStG betrafen. Hinzu kamen zahlreiche weitere Anregungen, die der Bundesrat mit seiner Stellungnahme vom 23.9.2016 noch gern in das Gesetzespaket mit aufgenommen haben wollte. Im Rahmen der Erörterungen im Finanzausschuss des Bundestags am 30.11.2016 sind davon immerhin 19 weitere Änderungen in das Gesetz mit hineingekommen.

Einzig der etwas "sperrige" Name des Gesetzes blieb (noch) erhalten, obwohl angesichts der breiten Vielfalt an Änderungen die Bezeichnung "Jahressteuergesetz 2017" angebrachter wäre. Als Omnibusgesetz in Reinform ist dieses Gesetz faktisch längst ein JStG. Sind doch nun z. B. auch die Erhöhung der einkommensteuerlichen Freibeträge bzw. die Erhöhung des Kindergelds mit in diesem Gesetz verankert worden.

Überblick über die Änderungen

Konkret handelt es sich um folgende Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz:

  • Anpassungen zur Aufzeichnungspflicht für Verrechnungspreise mit einer zu erstellenden Stammdokumentation und einer länderspezifischer unternehmensbezogener Dokumentation.
  • Übernahme der Pflicht zur Erstellung und Mitteilung von länderbezogenen Berichten (sog. Country-by-Country-Reporting). Damit sollen multinationale Unternehmen die Übereinstimmung ihrer Verrechnungspreise mit dem Fremdvergleichsgrundsatz darlegen und dazu auch die notwendigen Informationen zur Überprüfung bereitstellen.

Neben diesen Punkten fließen in das Gesetzespaket aber auch noch Änderungen ein, mit denen die EU-Amtshilferichtlinie umgesetzt werden soll. Hierzu rechnen insbesondere

  • die Aufnahme von Verpflichtungen zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung. Dabei handelt es sich um Anpassungen aus dem EU-Amtshilfegesetz zur Informationsweitergabe an EU-Mitgliedsstaaten bzw. die EU-Kommission über grenzüberschreitende Vorbescheide und Vorabverständigungen zu Verrechnungspreisen (sog. Tax Rulings) bei international verbundenen Unternehmen.
  • Aufnahme des künftig erforderlichen sog. secondary mechanism für multinational tätige Unternehmen. Die Finanzämter sollen dadurch Informationen erhalten, mit denen eine Risikoeinschätzung für Verrechnungspreise besser möglich wird.
  • Weitere Änderungen ergeben sich aus der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung hinsichtlich der Erstellung länderbezogener Berichte für multinational tätige Unternehmen.
  • Ausdehnung des automatischen Informationsaustausches zu Finanzkonten auch auf neue Verträge der EU mit Drittstaaten.

Zu guter Letzt werden noch andere steuerliche Regelungen für Steuerbefreiungen und  für grenzüberschreitende Sachverhalte vorgenommen. Überwiegend handelt es sich dabei um eine gesetzgeberische Reaktion auf "unliebsame" BFH-Rechtsprechung, wie z. B.

  • ein neuer § 7a GewStG, der eine wirksame Erfassung für im Organkreis bezogene Dividenden der Organgesellschaft ermöglicht.
  • Auch Hinzurechnungsbeträge nach dem AStG sollen von der Gewerbesteuer erfasst werden können.
  • Inhaltliche Änderungen des Teileinkünfteverfahrens bzw. der körperschaftsteuerlichen Steuerbefreiung um bestimmte Steuergestaltungen zu unterbinden.
  • Änderungen zu § 50d Abs. 9 EStG, welche Unklarheiten in der Auslegung und Anwendung von DBA beseitigen sollen.
  • Ermächtigung des BMF eine Rechtsverordnung zu schaffen, mit welcher die in einigen DBA enthaltene Notifikationsklausel angewendet werden kann. Dies soll den Übergang von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode ermöglichen. Gleiches gilt für die in DBA enthaltene Kassenstaatsklausel.

Insoweit stellt das Gesetz ein sog. Nichtanwendungsgesetz dar, das bedeutende Änderungen für die Praxis enthält, die nach dem Gesetzestitel eigentlich nicht zu erwarten sind.

Schließlich sind auch noch Anpassungen des EStG an das Existenzminimum bzw. die Inflationsrate in das Gesetzespaket mit hereingenommen werden; dies sind

die Erhöhung der Grundfreibeträge, der Kinderfreibeträge, des Kindergelds bzw. Kinderzuschlags,

  • eine entsprechende Anpassung des Unterhaltshöchstbetrags und auch
  • die Tarifänderung zur Abmilderung der sog. kalten Progression.

Weitere nachgeschobene Änderungen bringen

  • Einschränkungen beim Abzug von Sonderbetriebsausgaben,
  • Sonderregelungen für Abfindungen,
  • Neuerungen bei der Besteuerung von Spekulationsgeschäften,
  • Maßnahmen gegen ein Cum/Cum Treaty-Shopping,
  • Änderungen bei der Tarifbesteuerung.
  • Andererseits entfällt die zunächst geplante Änderung des AStG.

Inkrafttreten

Das Gesetz tritt grundsätzlich am Tag nach dessen Verkündung in Kraft. Die Ermächtigungen für das BMF, entsprechende Rechtsverordnungen zu schaffen, sowie die Änderungen im EStG, KStG und GewStG gelten hingegen ab 1.1.2017.

Die im Gesetz enthaltenen Änderungen werden nachfolgend gegliedert nach den betroffenen Steuergesetzen im Detail dargestellt und erläutert.