Ergänzungsbilanzen und Sondervergütungen bei Personengesellschaften
Was versteht man unter einer Ergänzungsbilanz? Welche Positionen sind in dieser Bilanz auszuweisen?
Einzelheiten zur Erstellung und zu den auszuweisenden Korrekturposten in der Ergänzungsbilanz sind im Gesetz nicht geregelt; genauso wie eine Definition. Nur in den Vorschriften § 24 Abs. 2 Satz 1, § 24 Abs. 3 Satz 1 UmwStG und § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG wird der Begriff der Ergänzungsbilanz überhaupt verwendet. Bei der Ergänzungsbilanz handelt es sich um eine rein steuerrechtliche Korrekturbilanz, die der Reparatur der steuerlichen Gesamthandsbilanz dient (BFH, Urteil v. 25.04.2006, VIII R 52/04, BStBl 2006 II S. 847).
Durch die Ergänzungsbilanz werden die entsprechenden Wertansätze von Wirtschaftsgütern, die in der Steuerbilanz der Gesellschaft ausgewiesen werden, korrigiert (BF, Urteil v. 28.9.1995, IV R 57/94, BStBl 1996 II S. 68). Wirtschaftsgüter werden hingegen nicht ausgewiesen, auch wenn darauf Bezug genommen wird; und zwar weder aktive noch passive (BFH, Urteil v. 28.9.1995, IV R 57/94, BStBl 1996 II S. 68; Urteil v. 20.11.2014, IV R 1/11, BStBl 2017 II S. 34). Die Ergänzungsbilanz kann nicht aus der Handelsbilanz abgeleitet werden; eine entsprechende Bilanz wird handelsrechtlich nicht erstellt. Die Ergänzungsbilanz ist nur bei Korrekturbedarf aufzustellen und zwar für jeden Mitunternehmer separat. In den Folgejahren sind diese entsprechend fortzuführen.
Es wird zwischen der positiven und der negativen Ergänzungsbilanz unterschieden:
Was versteht man unter einer positiven Ergänzungsbilanz?
Die positive Ergänzungsbilanz weist ein entsprechendes Mehrkapital gegenüber der Steuerbilanz der Gesellschaft aus (BFH, Urteil v. 30.3.1993, VIII R 63/91, BStBl 1993 II S. 706). Das Mehrkapital wird auf der Passivseite ausgewiesen (BFH, Urteil v. 30.3.1993, VIII R 63/91, BStBl 1993 II S. 706).
Allgemeines Beispiel für eine positive Ergänzungsbilanz
Positive Ergänzungsbilanz des Mitunternehmers A zum 1.1.2020 | |||
Grundstück | 100.000 € | Mehrkapital A | 140.000 € |
Maschine | 30.000 € | ||
Fahrzeug | 10.000 € | ||
140.000 € | 140.000 € |
Die exemplarische Ergänzungsbilanz verdeutlicht den Bezug zu den aktiven und passiven Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens. Die benannten Wirtschaftsgüter können nicht beliebig gewählt werden. In dem dargestellten Beispiel wird der Wert des Grundstücks, der anteilig auf den Mitunternehmer A entfällt, um 100.000 EUR erhöht. Gesamthands- und Ergänzungsbilanz sind kumuliert zu berücksichtigen.
Was versteht man unter einer negativen Ergänzungsbilanz?
Im Umkehrschluss weist die negative Ergänzungsbilanz ein entsprechendes Minderkapital gegenüber der Steuerbilanz der Gesellschaft aus. Das Minderkapital wird auf der Aktivseite ausgewiesen.
Negative Ergänzungsbilanz des Mitunternehmers A zum 1.1.2020 | |||
Minderkapital | 100.000 € | Gebäude | 80.000 € |
Büroausstattung | 20.000 € | ||
100.000 € | 100.000 € |
Ergänzungsbilanzen sind beispielsweise bei den folgenden Fallgestaltungen aufzustellen:
- Übertragungen nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG,
- Einbringung nach § 24 UmwStG,
- entgeltlicher Eintritt von Gesellschaftern,
- entgeltlicher Wechsel von Gesellschaftern,
- Anwendung § 6b EStG als gesellschafterbezogene Steuerbegünstigung, usw.
Auch wenn im allgemeinen Sprachgebrauch von Ergänzungsbilanzen gesprochen wird, können derartige Wertkorrekturen auch bei Personengesellschaften, die ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln, von Bedeutung sein. In diesen Fällen sind – bei Bedarf – sogenannte Ergänzungsrechnungen zu erstellen und zwar laut BFH nach "Maßgabe der Grundsätze über die Aufstellung von Ergänzungsbilanzen" (BFH, Urteil v. 24.6.2009, VIII R 13/07, BStBl 2009 II S. 993). Die Ergänzungsrechnung hat zur Folge, dass die steuerrechtliche Gewinnverteilung vorübergehend angepasst wird; die handelsrechtliche Gewinnverteilung bleibt hiervon allerdings unberührt (BFH, Urteil v. 24.6.2009, VIII R 13/07, BStBl 2009 II S. 993).
Was versteht man unter einer Sondervergütung?
Sondervergütungen stellen Sonderbetriebseinnahmen des Mitunternehmers dar und Betriebsausgaben der Mitunternehmerschaft. Die Einnahmen des Gesellschafters werden durch § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HS 2 EStG in Einnahmen gewerblicher Art umqualifiziert (BFH, Urteil v. vom 18.7.1979, I R 199/75, BStBl 1979 II S. 750). Gleichzeitig wird das Sonderbetriebsvermögen dem steuerlichen Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft zugeordnet und ist so steuerverstrickt.
Durch die besondere rechtliche Ausgestaltung der Sondervergütung wird sichergestellt, dass Mitunternehmer dem Einzelunternehmer einkommensteuerrechtlich gleichgestellt bzw. angenähert werden (BFH, Urteil v. 25.2.1991, GrS 7/89, BStBl 1991 II S. 691). Der Einzelunternehmer könnte im Gegensatz zur Gesellschaft und den Gesellschaftern keinen schuldrechtlichen Vertrag mit sich selbst abschließen (sog. Insichgeschäft). Diese Rechtsfolge wird für Mitunternehmerschaften durch § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HS 2 EStG erreicht; das Schuldverhältnis zwischen Personengesellschaft und Gesellschafter, das aufgrund unterschiedlicher zivilrechtlicher Rechtspersönlichkeiten kein Insichgeschäft darstellt, sondern zivilrechtlich anzuerkennen ist, hat aufgrund dieser besonderen Vorschrift keine Auswirkungen auf den Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft; die Sondervergütung mindert zunächst den steuerbilanziellen Gewinn und erhöht dann in gleicher Höhe den Sonderbilanzgewinn (BFH, Urteil v. 2.12.1997, VIII R 15/97, BStBl 2008 II S. 174; Urteil v. 11.12.2003, IV R 42/02, BStBl 2004 II S. 353).
Die Rechtsbeziehungen zwischen Mitunternehmerschaft und Mitunternehmer sind im Ergebnis in der Steuerbilanz der Mitunternehmerschaft und in der Sonderbilanz korrespondierend zu erfassen (Wacker in Schmidt, EStG, § 15, Rn. 404). Dieses Prinzip wird als korrespondierende Bilanzierung bezeichnet (Wacker in Schmidt, EStG, § 15, Rn. 404; BFH, Urteil v. 16.3.2017, IV R 1/15, BStBl 2017 II S. 943; Urteil v. 6.3.2014, IV R 14/11, BStBl 2014 II S. 624).
Beispiel: A ist als Mitunternehmer zu 30 % an der gewerblich tätigen AB-OHG beteiligt. Zum 1.1.2019 schließt A mit der AB-OHG einen Mietvertrag zur entgeltlichen Überlassung eines Grundstücks, das im zivilrechtlichen Alleineigentum des A steht, ab.
Lösung: Sowohl A als natürliche Person (§ 1 BGB) als auch die Personenhandelsgesellschaft AB-OHG (§ 124 Abs. 1 HGB) sind rechtsfähig, so dass wirksam zwischen den Parteien eine schuldrechtliche Vereinbarung abgeschlossen werden kann (im Gegensatz zum Einzelunternehmer, der keinen Vertrag mit sich selbst abschließen kann). Der Vertrag hat zur Folge, dass der AB-OHG aufgrund der Mietzahlungen handels- und steuerbilanziell ein Aufwand entsteht. Gleichzeitig erhält A Vergütungen, die grundsätzlich als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG einzuordnen sind. Vorliegend ist allerdings die Qualifikationsnorm § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HS. 2 EStG einschlägig. Die Einkünfte sind aufgrund dieser besonderen steuerrechtlichen Vorschrift in gewerbliche Einkünfte, genauer Sonderbetriebseinnahmen, umzuqualifizieren. Mit dem Ergebnis, dass die korrespondierende Erfassung dazu führt, dass sich die Ausgaben der OHG auf Ebene der Gesamthand und die Einnahmen des A im Sonderbereich gegenseitig "aufheben". Gleichzeitig wird das Grundstück nun aufgrund der Überlassung an die AB-OHG zum aktiven Sonderbetriebsvermögen I. Damit sind die stillen Reserven des Wirtschaftsguts steuerverstrickt.
Autorin: Jessica Schleicher ist als Oberregierungsrätin in der OFD Nordrhein-Westfalen am Standort Köln tätig. Der Beitrag entstammt ihrem bei Schäffer-Poeschel schienen Buch #steuernkompakt Personengesellschaften |
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