Absenkung der Altersgrenze für die Berücksichtigung von Kindern ist verfassungsgemäß
Hintergrund
Mit dem StÄndG 2007 wurde die Altersgrenze für berücksichtigungsfähige Kinder in Berufsausbildung oder in einer Übergangs- oder Wartezeit von 27 auf 25 Jahre abgesenkt. Die Änderung ist zum 1.1.2007 mit einer Übergangsregelung in Kraft getreten. Kinder, die in 2006 das 24. Lebensjahr vollendeten, wurden bis zum 26. Lebensjahr berücksichtigt. Kinder die in 2006 das 25. oder 26. Lebensjahr vollendeten, wurden wie bisher bis zur Vollendung des 27. Lebensjahrs berücksichtigt.
Der BFH hatte bereits in einem Grundsatzurteil in 2010 die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung bejaht (Urteil v. 17.6.2010, III R 35/09, BStBl II 2011, 176). Der BFH verneinte einen Verstoß gegen das Gebot der Verschonung des Existenzminimums, da die Eltern ihre Unterhaltsaufwendungen für über 25 Jahre alte Kinder nach § 33a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastungen abziehen können. Nachteile außerhalb des Steuerrechts (z.B. bei der Beamtenbesoldung), wurden vom BFH nicht beanstandet, da diese Folgen nicht durch die Heraufsetzung der Altersgrenze behoben werden müssten.
Die Entscheidung wurde - übrigens auch aus Kreisen des BFH - heftig kritisiert. Der Verfassungsbeschwerde wurden gute Erfolgsaussichten attestiert. Die Beschwerde wurde jedoch vom BVerfG nicht angenommen (BVerfG-Beschluss v. 22.10.2012, 2 BvR 2875/10).
Im aktuellen Fall ging es um eine Kindergeldfestsetzung für den Sohn einer Beamtin. Die Familienkasse hob die Festsetzung ab 1.2.2008 mit dem Hinweis auf, der Sohn habe im Januar 2008 das 25. Lebensjahr vollendet. Das nach Abweisung der Klage eingeleitete Revisionsverfahren wurde vom BFH bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde ausgesetzt.
Entscheidung
Die Revision wurde zurückgewiesen.
Nach der erwähnten Grundsatzentscheidung (in BStBl II 2011, 176) bestehen gegen die Absenkung der Altersgrenze und die Übergangsregelung keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Zudem erwähnt der BFH, dass die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen wurde.
Ergänzend hebt der BFH hervor, dass es für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit unerheblich ist, ob sich die aus der Absenkung ergebenden Folgen für die Beamtenbesoldung und -beihilfe ebenfalls verfassungsgemäß sind. Denn eine etwaige Verfassungswidrigkeit könnte auch anders als durch die (Wieder-)Heraufsetzung der Altersgrenze behoben werden, etwa indem besoldungsrechtlich auch ältere Kinder einbezogen werden, die sich noch in Ausbildung befinden und an die (nach § 33a Abs. 1 EStG) abziehbarer Unterhalt geleistet wird.
Hinweis
Obwohl das Durchschnittsalter der Hochschulabsolventen über 25 Jahre liegen dürfte, ist die steuerrechtliche Problematik mit der BFH-Entscheidung geklärt. Unterhaltsleistungen für in Ausbildung befindliche ältere Kinder können bei entsprechendem Nachweis nur als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG geltend gemacht werden. Verfahren, die im Hinblick auf die Verfassungsbeschwerde zurückgestellt wurden, können beendet werden.
Soweit sich durch die Absenkung der Altersgrenze außerhalb des Steuerrechts verfassungsrechtlich bedenkliche Auswirkungen ergeben, müssen die Einwendungen auf diesen Gebieten zu verfolgt werden. Es ist daher sehr zu bedauern, dass das BVerfG seinen Beschluss nicht mit Gründen versehen hat.
BFH, Urteil v. 11.4.2013, III R 83/09, veröffentlicht am 5.6.2013
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