Schenkungsteuer bei disquotaler Einlage in das Gesellschaftsvermögen einer KG
Hintergrund: Einlage in ein gesellschaftsbezogenes Rücklagenkonto
A war Kommanditistin einer KG. Bei dieser wird (neben gesellschafterbezogenen Konten) ein gesellschaftsbezogenes Rücklagenkonto geführt. Auf diesem Konto werden alle Einlagen erfasst, die nicht der Einzahlung des Festkapitals oder der Dotierung der gesellschafterbezogenen Rücklage dienen.
In 2012 trat der Ehemann (E) der A als weiterer Kommanditist in die KG ein. Seine Einlagen wurden auf dem gesellschaftsbezogenen Rücklagenkonto verbucht. Die Zahlungen sollten dazu dienen, den Erwerb eines Grundstücks zu finanzieren.
Das FA sah Zahlungen entsprechend der Wertsteigerung der Beteiligung der A an der KG als freiwillige Zuwendungen von E an und setzte SchenkSt gegen A fest. Das FG wies die Klage ab. A sei durch die Zahlungen als freigebige Zuwendungen auf Kosten von E bereichert worden.
Entscheidung: Disquotale Einlage führt zu steuerpflichtiger Zuwendung
Leistet der Gesellschafter eine Einlage, die über den aufgrund seiner Beteiligung an der KG geschuldeten Anteil hinausgeht (disquotale Einlage), liegt eine freigebige Zuwendung an die anderen Gesellschafter vor, weil sich deren Beteiligung am Gesamthandsvermögen erhöht, wenn der einbringende Gesellschafter keine entsprechende Gegenleistung erhält.
Nicht die Gesellschaft, sondern die Gesellschafter sind bereichert
Auch wenn zivilrechtlich die Gesamthandsgemeinschaft (KG, OHG, GbR) als Bedachte am Schenkungsvorgang beteiligt ist, ist nicht diese, sondern sind schenkungsteuerrechtlich die Gesamthänder vermögensmäßig als bereichert anzusehen (BFH v. 22.2.2017, II R 52/14, BStBl II 2017, 653, Rz 19). Der Bedachte i.S. des Schenkungsteuerrechts (der Gesamthänder) entspricht somit nicht dem Beschenkten i.S. des Zivilrechts (Gesamthandsgemeinschaft).
Vermögensverschiebung zwischen dem Einbringenden und dem Gesellschafter
Bei einer disquotalen Einlage in das Gesellschaftsvermögen einer Gesamthand (ohne entsprechende Gegenleistung) kommt es zu einer über die Gesamthand vermittelten Vermögensverschiebung zwischen dem einbringenden Gesamthänder und dem Gesamthänder, dessen Beteiligung am Vermögen der Gesamthandschaft sich aufgrund der Einlage erhöht. Dieser ist objektiv auf Kosten des einbringenden Gesamthänders bereichert. Unerheblich ist, dass – zivilrechtlich betrachtet – nicht die Gesellschafter Bedachte sind, sondern die KG, deren Gesamthandsvermögen sich durch die Einlage erhöht.
Zivilrechtliche Teilrechtsfähigkeit einer GbR
Dem steht die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Teilrechtsfähigkeit einer (Außen-)GbR nicht entgegen (BGH v. 29.1.2001, II ZR 331/00, BGHZ 146, 341). Danach kann die GbR zwar als Teilnehmer am Rechtsverkehr Träger von Rechten und Pflichten und im Zivilprozess parteifähig sein. Gleichwohl ist die GbR natürlichen und juristischen Personen einerseits und registerfähigen rechtsfähigen Personengesellschaften andererseits nicht in jeder Hinsicht gleichgestellt. Sie ist – anders als eine juristische Person – nicht ein im Verhältnis zu ihren Gesellschaftern völlig verselbständigtes Rechtssubjekt (BGH v. 14.12.2016, VIII ZR 232/15, BGHZ 213, 136, Rz 17 ff.). Der BGH selbst lässt Ausnahmen vom Grundsatz der Trennung zwischen der GbR und ihren Gesellschaftern (Trennungsprinzip) zu.
Die KG ist als Gesellschaft Beteiligte des Schenkungsvertrags
Unabhängig von der Rechtsprechung des BGH zur Teilrechtsfähigkeit der GbR geht der BFH davon aus, dass die KG rechtsfähig ist. Sie kann daher als eigener Rechtsträger, obwohl ihr nur das Vermögen ihrer Gesellschafter gesamthänderisch gebunden ist, zivilrechtlich als Beschenkte am Schenkungsvorgang beteiligt sein (BFH v. 22.2.2017, II R 52/14, BStBl II 2019, 38, Rz. 24).
Bereicherung der Gesellschafter
Gleichwohl ergibt die eigenständige schenkungsteuerrechtliche Beurteilung, dass die Gesellschafter, die über die KG am Gesellschaftsvermögen der KG gesamthänderisch beteiligt sind (§ 161 Abs. 2 i.V.m. § 124 Abs. 1 HGB, §§ 718 ff. BGB), als Bereicherte anzusehen sind.
Zahlung in das Gesellschaftsvermögen als Zuwendung an den Gesellschafter
Hiervon ausgehend ist die freiwillige Zahlung des E in das Gesellschaftsvermögen der KG bei der A anteilig als freigebige Zuwendung des E an sie zu werten. A wurde durch diese Zahlung bereichert, da sich ihre über die KG gehaltene Beteiligung am Gesamthandsvermögen entsprechend erhöhte. Die Zuwendung erfolgte freigebig. Eine Gegenleistung der A an E ist nicht ersichtlich.
Hinweis: Keine Anwendung der für Kapitalgesellschaften geltenden Grundsätze
Nach der BFH-Rechtsprechung zu Kapitalgesellschaften kann eine gesellschaftsrechtliche Zahlung an die Gesellschaft bzw. eine disquotale Einlage keine Schenkung auslösen. Denn wegen der rechtlichen Eigenständigkeit des Gesellschaftsvermögens fehlt es an einer zivilrechtlichen Vermögensverschiebung zwischen den Gesellschaftern (BFH v. 9.12.2009, II R 28/08, BStBl II 2010, 566). Der BFH lehnt die von der A begehrte entsprechende Anwendung dieser Grundsätze auf die Personengesellschaft – da sie kein selbständiges Rechtssubjekt ist – ab. Im Übrigen hat sich die Rechtslage bei Kapitalgesellschaften durch die Anfügung des § 7 Abs. 8 ErbStG (G. v. 7.12.2011, BGBl I, 2592) geändert. Die Werterhöhung des Anteils an der Kapitalgesellschaft aufgrund einer Einlage wird als Zuwendung an die Gesellschafter fingiert.
BFH Urteil vom 05.02.2020 - II R 9/17 (veröffentlicht am 06.08.2020)
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