Eintritt der Festsetzungsverjährung
Selbstanzeige für nicht erklärte Kapitaleinkünfte
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Im Februar 2010 erstatteten diese eine Selbstanzeige, da Einkünfte aus Kapitalvermögen in den Jahren 1999 und 2000 nicht erklärt wurden. Im April 2010 wurde deshalb ein Strafverfahren eingeleitet und ein Prüfungsauftrag an die Steuerfahndung erteilt. Diese forderte Unterlagen zu den Depots bzw. Konten an. Die Übergabe erfolgte im Rahmen eines Gesprächs im Juni 2010. Allerdings wies die Prüferin darauf hin, dass noch weitere Unterlagen erforderlich seien. In der Folgezeit waren für die Kläger keine Prüfungshandlungen seitens der Steuerfahndung ersichtlich. Im Juni 2011 und April 2012 erkundigte sich der steuerliche Vertreter der Kläger nach dem Bearbeitungsstand. Die Prüferin verwies auf die Vielzahl der Fälle. Im August 2013 wurde den Klägern mitgeteilt, dass die Unterlagen ausgewertet seien. Anschließend ergingen geänderte Steuerbescheide, gegen die die Kläger Einspruch erhoben. Sie vertraten die Auffassung, es sei Festsetzungsverjährung eingetreten. Nach Ergehen einer ablehnenden Einspruchsentscheidung erhoben die Kläger Anfechtungsklage.
Keine Festsetzungsverjährung eingetreten
Das zuständige Finanzgericht Düsseldorf sah indes die Klage zwar als zulässig, aber unbegründet an. Eine Festsetzungsverjährung sei hier entgegen der Rechtsauffassung der Kläger nicht eingetreten. Zunächst sei unstrittig, dass aufgrund der Steuerhinterziehung eine Verlängerung der Festsetzungsfrist auf 10 Jahre einschlägig sei. Der Ablauf der Frist sei dabei durch den Beginn der Steuerfahndungsprüfung gehemmt worden. Mit der Anforderung der Unterlagen im April 2010 habe die Prüferin dabei mit der Prüfung begonnen, da hierin eine Prüfungshandlung liege. Zwar sehe das Gesetz vor, dass diese Hemmung dann wieder entfällt, wenn die begonnene Prüfung unmittelbar nach Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten unterbrochen wird. Dieser Fall liege hier aber nicht vor. Zwar seien ab August 2010 bis 2013 keine nach außen ersichtlichen Prüfungshandlungen erfolgt. Doch könne nicht davon die Rede sein, dass die Unterbrechung unmittelbar nach Beginn erfolgt sei. Schließlich sei es nach der Übergabe der Unterlagen lediglich noch um die Auswertung der Unterlagen gegangen und nicht mehr um die Durchführung von Ermittlungsarbeiten.
Auswertung von Unterlagen über mehrere Jahre hinweg
Die Entscheidung ist wohl als zutreffend anzusehen, da es Sinn und Zweck der Regelung des § 171 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. § 171 Abs. 4 Satz 2 AO ist, dass eine Prüfung nicht nur pro forma begonnen wird, um eine Hemmung herbeizuführen. Da die Kläger hier aber alle wesentlichen Unterlagen bereits in 2010, also kurz nach Beginn der Prüfung, übergeben hatten, bestand die Arbeit der Steuerfahndung allein noch in der Auswertung der Unterlagen. Es ist sicherlich für Steuerpflichtige als sehr misslich anzusehen, wenn diese Auswertung mehrere Jahre in Anspruch nimmt, doch war dies hier wohl den Umständen geschuldet.
Steuerfahndungsstellen sind überlastet
Nach Bekanntwerden des Erwerbs der Steuer-CDs waren die Steuerfahndungsstellen schlicht überlastet. Ein pro forma Beginn der Prüfung wird man aber sicherlich nicht annehmen können. Eine generelle Aussage lässt sich gleichwohl aus dem Urteil nur schwerlich herleiten, da – wie das Finanzgericht Düsseldorf betont – stets die Umstände des Einzelfalles dafür maßgeblich sind, ob eine Prüfung nach Beginn wieder unterbrochen wird. Das Urteil ist vorläufig nicht rechtskräftig, da das Finanzgericht die Revision zum Bundesfinanzhof zur Rechtsfortbildung zugelassen hat.
FG Düsseldorf, Urteil v. 28.6.2018, 9 K 2592/16 E,AO, Haufe Index 12288838
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