Keine bedingungslose Firmenwagennutzung bei "Minijob" im Ehegattenbetrieb
Hintergrund: Privatnutzung des Firmenwagens im Ehegatten-Minijob-Verhältnis
Der Ehemann (M) führt einen Einzelhandel mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. Seine Ehefrau (F) ist in ihrem Hauptberuf teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin. Von 2012 – 2014 stellte M die F im Rahmen eines Minijobs (geringfügige Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV) für 400 EUR monatlich als Büro- und Kurierkraft an. Der Arbeitslohn wurde im Wesentlichen durch die private Nutzungsmöglichkeit eines von F auch für die Kurierfahrten einzusetzenden Betriebs-KFZ abgegolten. Es handelte sich um von M gebraucht erworbene PKW zum Bruttolistenpreis 26.300 EUR bzw. 38.500 EUR. Den Sachbezug hieraus ermittelte M nach der 1 %-Regelung. Den Differenzbetrag zum Lohnanspruch von 400 EUR (zunächst monatlich 137 EUR; ab September 2014 15 EUR) zahlte er aus.
M ordnete beide Fahrzeuge seinem BV zu. Die vereinbarte Vergütung aus dem Minijob nebst Abgaben und sämtliche Fahrzeugaufwendungen erfasste er (unter Gegenrechnung des Verkaufserlöses für den ersten PKW in 2014) als Betriebsausgaben. Als Korrektiv für den insoweit zu hohen Betriebsausgabenabzug setzte er als fiktive Betriebseinnahme den Sachbezug aus der privaten Nutzungsmöglichkeit an.
Das FA ging davon aus, das Arbeitsverhältnis halte einem Fremdvergleich nicht stand. Einem fremden Dritten wäre im Hinblick auf die lediglich geringe Vergütung und die im Gegensatz dazu bestehende uneingeschränkte private Nutzungsmöglichkeit kein Fahrzeug zur Erfüllung des Lohnanspruchs überlassen worden. Folglich ordnete das FA die beiden PKW dem PV zu. Die damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen und Erträge ließ es ebenso unberücksichtigt wie die Lohnaufwendungen und die als fiktive Betriebseinnahme erfassten Sachbezüge aus der Nutzungsüberlassung. Aufwendungen, die durch einen betrieblichen Einsatz der PKW (Kurier- und Einkaufsfahrten) veranlasst waren, wurden nicht festgestellt. Für M ergaben sich daraus jährliche Gewinnerhöhungen zwischen 6.000 EUR und 7.000 EUR.
Das FG gab der Klage statt. Es vertrat die Auffassung, die Erfüllung des Lohnanspruchs aus einem Minijob durch die (unbeschränkte und selbstbeteiligungsfreie) private Nutzungsmöglichkeit eines Firmenfahrzeugs sei auch unter fremden Dritten üblich.
Entscheidung: Das Kostenrisiko des Ehemanns führt zur Verneinung der Fremdüblichkeit
Der BFH widerspricht dem FG. Im Rahmen der Gesamtwürdigung ist zu prüfen, ob die Vertragschancen und -risiken in fremdüblicher Weise verteilt sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Arbeitgeber typischerweise nur dann bereit ist, einem Arbeitnehmer ein Fahrzeug zur uneingeschränkten Privatnutzung zu überlassen, wenn sich nach überschlägiger Kalkulation sein Aufwand zuzüglich des Barlohns als wertangemessene Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft darstellt. Bei fehlender Wertäquivalenz zwischen der Gesamtvergütung und dem erwarteten Wert der Arbeitsleistung wird der Arbeitgeber die Fahrzeugüberlassung ablehnen bzw. zur Eingrenzung seines Kostenrisikos den Arbeitnehmer an den Kosten beteiligen oder ihm Nutzungsbeschränkungen (z.B. Privatkilometer-Begrenzung) auferlegen.
Bei niedrigem Gehalt besteht ein unverhältnismäßiges Kostenrisiko
Während sich bei einem hohen Gehalt der Umfang der Privatnutzung auf den Aufwand des Arbeitgebers nur verhältnismäßig gering auswirkt (z.B. nur in Höhe von 1 % bis 5 % des Grundgehalts) und daher bei der Kalkulation des Kostenaufwands untergeordnet sein kann, stellt sich das bei einem niedrigen Gehalt anders dar. Denn bei einer monatlichen Vergütung von – wie im Streitfall - z.B. nur 400 EUR, die (im Wesentlichen) durch die private PKW-Nutzung erfüllt wird, hängt der Gesamtaufwand des Arbeitgebers praktisch unmittelbar vom Umfang der Privatnutzung ab. Bei einer Steigerung der Privatnutzung kann sich somit der Gesamtaufwand des Arbeitgebers im Vergleich zu der vereinbarten Grundvergütung unverhältnismäßig (z.B. um 50 %) erhöhen. In diesem Fall besteht somit für den Ehegatten-Arbeitgeber die Gefahr eines überobligatorischen Entlohnungsaufwands. Dieses Risiko begründet die Fremdunüblichkeit und damit die steuerliche Nichtanerkennung des Arbeitsverhältnisses. Ein fremder Arbeitgeber eines geringfügig beschäftigten Arbeitnehmers würde diesem - wenn überhaupt - ein Fahrzeug nur unter einer Kilometerbegrenzung für private Fahrten oder einer (ggf. erst nach überschrittenem Kilometerlimit greifenden) Zuzahlung stellen. Denn eine schranken- bzw. zuzahlungsfreie Fahrzeugüberlassung führt zu einer ungerechtfertigten Verteilung der Vertragschancen und –risiken. Dieses Risiko des Arbeitgebers bestimmt sich nicht pauschal nach der für die Besteuerung des Arbeitnehmers geltenden 1 %-Regelung, sondern nach dem ihm tatsächlich entstehenden Kostenaufwand.
Feststellung der BV-Eigenschaft der PKW
Der BFH verwies die Sache an das FG zurück. Das FG hat festzustellen, ob die der F überlassenen PKW dem BV des M zuzuordnen sind. Sollte dies aufgrund eines lediglich geringfügigen betrieblichen Nutzungsanteils ausgeschlossen sein, entfiele sowohl ein Abzug der PKW-Aufwendungen als Betriebsausgaben als auch ein Ansatz der aus der Privatnutzung resultierenden fiktiven Betriebseinnahmen. Allerdings wären zumindest die auf die betriebliche Nutzung entfallenden Aufwendungen (Kurierfahrten) im Wege der sog. Aufwandseinlage als Betriebsausgaben anzuerkennen.
Hinweis: Konkretisierung des privaten Nutzungsumfangs
Die Minijob-Grenze wurde ab 2013 auf 450 EUR erhöht. Der BFH stützt die Fremdunüblichkeit auf das Kostenrisiko des Arbeitgebers. Die Gefahr eines überobligatorischen Entlohnungsaufwands wegen einer gesteigerten Privatnutzung würde ein fremder Arbeitgeber nicht übernehmen wollen. Gegen diese Betrachtung könnte allerdings sprechen, dass im Allgemeinen dem Arbeitnehmer seine jährliche private Fahrstrecke bekannt ist und er sie dem Arbeitgeber-Ehegatten im Rahmen der Vereinbarung der Privatnutzung mitteilt, so dass dieser seinen Gesamtaufwand entsprechend kalkulieren kann. Im Übrigen weist der BFH auf die Gestaltung hin, die Vereinbarung dahingehend zu konkretisieren, dass eine Kilometerbegrenzung für private Fahrten oder eine (ggf. erst nach überschrittenem Kilometerlimit greifende) Zuzahlung ausbedungen wird. Die steuerliche Anerkennung setzt aber jedenfalls voraus, dass der Gesamtaufwand des Arbeitgebers in einem angemessenen Verhältnis zum Wert der Arbeitsleistung steht.
BFH Urteil vom 10.10.2018 - X R 44-45 17 (veröffentlicht am 27.02.2019)
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