Konkludenter Antrag auf Ist-Besteuerung

Aus einer Einnahme-Überschussrechnung kann sich ein konkludenter Antrag auf Ist-Besteuerung ergeben, der aufgrund der antragsgemäßen USt-Festsetzung konkludent genehmigt wurde.

Hintergrund

Streitig war, ob dem Verein V (bzw. dessen Rechtsvorgänger) die Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten durch das FA gestattet war.

V ermittelte seinen Gewinn in 2003 (wie auch in den Vorjahren) durch Einnahme-Überschussrechnung und erklärte in seinen USt-Erklärungen die Umsätze nach vereinnahmten Entgelten. Die USt wurde entsprechend den eingereichten USt-Erklärungen festgesetzt. Im Anschluss an eine USt-Sonderprüfung für 2006-2010 ging das FA davon aus, V sei die Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten nicht gestattet gewesen und erließ geänderte USt-Bescheide.

Das FG gab der dagegen gerichteten Klage mit der Begründung statt, da die in der USt-Erklärung 2003 angegebenen Umsätze den Einnahmen in der Einnahme-Überschussrechnung entsprochen hätten und dies dem FA bekannt gewesen sei, habe das FA durch die erklärungsgemäße Besteuerung für 2003 die Berechnung nach vereinnahmten Entgelten konkludent genehmigt.

Entscheidung

Der BFH teilt die Auffassung des FG und wies daher die Revision des FA zurück.

Grundsätzlich entsteht die USt nach vereinbarten Entgelten (sog. Sollbesteuerung) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums. Das FA kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen (Vorjahresumsatz nicht über 500.000 EUR, Befreiung von der Buchführungspflicht, Freiberufler) gestatten, die USt nach vereinnahmten Entgelten zu berechnen (sog. Ist-Besteuerung). Erforderlich dafür ist ein entsprechender Antrag, den das FA durch formlosen Verwaltungsakt genehmigt haben muss (§ 20 UStG).

Der Antrag muss nicht förmlich, sondern kann auch konkludent gestellt werden. Eine USt-Erklärung, bei der die Besteuerungsgrundlagen nach den tatsächlichen Einnahmen erklärt wurden, kann allerdings nur dann als konkludenter Antrag auf Ist-Besteuerung angesehen werden, wenn ihr deutlich erkennbar die Erklärung der Umsätze auf der Grundlage vereinnahmter Entgelte zu entnehmen ist. Das lag hier vor. Das FA hat die Verknüpfung zwischen den USt-Erklärungen und der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung erkannt. Denn in der USt-Verprobung hat der Bearbeiter auf die Gewinn- und Verlustrechnung hingewiesen.

Das FA hat dem Antrag auf Ist-Besteuerung auch zugestimmt. Bei der Gestattung handelt es sich um einen begünstigenden Ermessens-Verwaltungsakt. Dieser muss nicht ausdrücklich, sondern kann auch stillschweigend bekanntgegeben werden. Da die Gestattung der Ist-Besteuerung und die darauf beruhende USt-Festsetzung zwei verschiedene Verfahren betreffen, kann die USt-Festsetzung aber nur dann als konkludente Gestattung ausgelegt werden, wenn mit ihr nach außen erkennbar über die Steuerfestsetzung hinaus auch eine Entscheidung über den entsprechenden Antrag getroffen wurde. Diese Voraussetzung lag hier vor. Denn der antragsgemäßen USt-Festsetzung kommt der Erklärungsinhalt zu, dass der Antrag genehmigt wurde.

Hinweis

Die Entscheidung bekräftigt die bisherige Rechtsprechung, dass der Antrag auf Ist-Besteuerung nicht an Formen und Fristen gebunden ist (BFH v. 11.5.2011, V B 93/10, BFH/NV 2011, 1406) und dass auch für die Gestattung des FA, die im Ermessen der Behörde steht, keine besondere Form vorgesehen ist (BFH v. 22.2.2013, V R 72/12, BFH/NV 2013, 984). Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit kann jedoch mit bzw. neben einer USt-Erklärung ein konkludent gestellter Antrag auf Ist-Besteuerung nur dann angenommen werden, sich dieser Erklärungsinhalt deutlich erkennbar - z.B. aus der Verknüpfung mit der Einnahme-Überschussrechnung - ergibt.

Im Übrigen weist der BFH darauf hin, dass an die Entscheidung des FA über den gestellten Antrag keine übersteigerten Anforderungen zu stellen sind. Entscheidend ist der Empfängerhorizont der Beteiligten. Wurde ein konkludenter Antrag auf Genehmigung gestellt, hat die antragsgemäße Festsetzung den Erklärungsinhalt, dass der Antrag genehmigt wurde.

BFH, Urteil v. 18.8.2015, V R 47/14, veröffentlicht am 4.11.2015



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