Mieterabfindungen als anschaffungsnahe Herstellungskosten
Dabei handelt es sich um anschaffungsnahe Herstellungskosten. Ob unter diese Vorschrift auch Abfindungen fallen, die ein Wohnungskäufer den bisherigen Mietern zahlt, damit sie die Wohnungen vorzeitig räumen, und geplante Renovierungsmaßnahmen so schneller erfolgen können, hatte das FG Münster zu klären.
15 Prozent-Grenze überschritten
Im Streitfall hatte eine GbR eine denkmalgeschützte Immobilie mit vier Wohnungen für 1,2 Mio. EUR gekauft und in den folgenden zwei Jahren für 615.000 EUR renoviert. Vom Kaufpreis entfielen 836.818 EUR auf das Gebäude. Um Mieter zum vorzeitigen Auszug zu bewegen und die Renovierungsarbeiten einfacher zu gestalten, zahlte die GbR den Mietern Abfindungen von insgesamt 35.000 EUR. Diesen Betrag machte die GbR als sofort abzugsfähige Werbungskosten geltend.
Das Finanzamt behandelte die Abfindungen dagegen als anschaffungsnahe Herstellungskosten, weil unter Einbeziehung der weiteren Renovierungskosten die im Gesetz genannte 15 Prozent-Grenze in Bezug auf die Anschaffungskosten des Gebäudes überschritten waren.
BFH-Rechtsprechung zu Abfindungen
Den Einspruch gegen den ablehnenden Bescheid des FA begründete die GbR damit, dass nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil v. 7.7.2005, IX R 38/03) Abfindungszahlungen zur Beendigung des Mietverhältnisses zwecks Renovierung der Immobilie als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar seien, wenn die Wohnungen anschließend wieder fremd vermietet werden. Dies treffe auch auf die von ihr geleisteten Zahlungen zu. Ein "Ineinandergreifen" der Abfindungszahlungen mit den erfolgten Baumaßnahmen könne sich zudem nur auf Vorgänge beziehen, die bautechnischer Natur sind. Hieran fehle es, da die Abfindungen weder Erhaltungsaufwendungen noch Herstellungskosten darstellen würden.
Argumentation der Klägerin
Im Klageverfahren trug die Klägerin ergänzend zur Einspruchsbegründung vor, Mieterabfindungen seien keine Baumaßnahmen und auch nicht dazu geeignet, Mängel oder Schäden zu beseitigen. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass seitens des Gesetzgebers die Einbeziehung solcher Kosten gewollt sei. Vielmehr schränke der Gesetzgeber den Umfang der einzubeziehenden Kosten in § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG weiter ein, indem Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfielen, nicht in die Berechnung einzubeziehen seien. Eine gesetzliche Grundlage für die Umqualifizierung von Mieterabfindungen zu anschaffungsnahen Herstellungskosten fehle demnach.
FG Münster sieht unmittelbaren Zurechnungs- bzw. Veranlassungszusammenhang
Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen (FG Münster, Urteil v. 12.11.2021, 4 K 1941/20 F). Es begründet seine Entscheidung damit, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG so gefasst sei, dass als Aufwendungen "für" Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen nicht nur Baukosten im technischen Sinne in Betracht kämen. Vielmehr reiche ein unmittelbarer Zurechnungs- bzw. Veranlassungszusammenhang zu der baulichen Maßnahme aus.
Für dieses weite Verständnis spreche der Sinn und Zweck der Vorschrift, dass die Renovierung einer Immobilie unmittelbar nach deren Erwerb steuerlich mit dem Erwerb einer bereits renovierten und damit teureren Immobilie gleichgestellt werden solle. Im Fall des Erwerbs einer bereits renovierten Immobilie hätten sich vom Verkäufer zum Zweck der Renovierung getragene Mieterabfindungen in einem höheren Kaufpreis niedergeschlagen
Diese Auslegung stehe auch mit der Systematik weiterer gesetzlicher Regelungen in Einklang. Auch dem Herstellungskostenbegriff nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB liege ein weites Verständnis zugrunde. Die Abfindungen seien auch unmittelbar durch die Renovierungsmaßnahmen veranlasst, weil diese durch den Auszug der Mieter schneller und einfacher durchzuführen gewesen seien.
Revisionsverfahren beim BFH anhängig
Der BFH muss nun entscheiden. Das FG hat die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da der Frage, ob Abfindungszahlungen an Mieter zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG gehören können, grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die vom FG zugelassene Revision wurde eingelegt und wird beim BFH unter dem Az. IX R 29/21 geführt.
In vergleichbaren Fällen sollten Betroffene unter Hinweis auf das o.a. Revisionsverfahren gegen die ablehnenden Bescheide des Finanzamts Einspruch einlegen. Die Einsprüche ruhen dann nach § 363 Abs. 2 AO kraft Gesetzes bis zur Entscheidung durch den BFH.
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