Mitunternehmer bei nur kurzfristiger Kommanditistenstellung
Hintergrund: Kurzfristiger An- und Verkauf von Schiffsbeteiligungen
Zu entscheiden war, ob das FA in der Meinung, die X-KG sei nicht Mitunternehmerin der A-KG geworden, einen negativen Feststellungsbescheid gegenüber der X-AG erlassen konnte oder ob diese in die gesonderte und einheitliche Feststellung der A-KG einzubeziehen war. Unternehmensgegenstand der X-KG war der An- und Verkauf sowie die Vermittlung von Schiffsbeteiligungen. In 2008 (Streitjahr) erwarb sie Anteile an der A-KG (Publikumsfonds zum Betrieb eines Containerschiffs) und veräußerte sie nach kurzer Zeit mit Gewinn an die N-KG weiter. Nach dem Gesellschaftsvertrag war die Übertragung und Belastung von KG-Anteilen nur mit Zustimmung der Komplementärin der A-KG möglich. Die A-KG erklärte für das Streitjahr einen Tonnagegewinn nach § 5a EStG.
Das FA lehnte mit einem an die X-KG gerichteten negativem Feststellungsbescheid die Einbeziehung der X-KG in die Gewinnfeststellung der A-KG ab, da die X-KG wegen der zeitlich befristeten Beteiligungen und der von Anfang an geplanten Veräußerungen nicht Mitunternehmerin geworden sei. Dagegen erhob die X-KG Klage mit dem Begehren, den negativen Feststellungsbescheid aufzuheben und sie als Mitunternehmerin in den Gewinnfeststellungsbescheid der A-KG einzubeziehen. Das FG gab der Klage statt. Auch bei einer nur kurzfristigen Beteiligung sei eine Mitunternehmerstellung nicht ausgeschlossen.
Entscheidung: Voraussetzungen der Mitunternehmerschaft
Mitunternehmer i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist, wer zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft ist oder – in Ausnahmefällen – eine diesem wirtschaftlich vergleichbare Stellung innehat und Mitunternehmerrisiko trägt, Mitunternehmerinitiative entfaltet sowie Gewinnerzielungsabsicht hat (BFH v. 25.6.1984, GrS 4/82, BStBl II 1984, 751). Dementsprechend kann dem Erwerber eines Anteils die Mitunternehmerstellung bereits vor der gesellschaftsrechtlichen Wirksamkeit des Gesellschafterwechsels zuzurechnen sein, wenn er rechtsgeschäftlich eine auf den Erwerb des Anteils gerichtete, rechtlich geschützte Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann und die ihm die Übernahme des Mitunternehmerrisikos sowie die Wahrnehmung der Mitunternehmerinitiative sichert (BFH v. 25.6.2009, IV R 3/07, BStBl II 2010, 182). Hiervon ausgehend war die X-KG in 2008 bereits deshalb Mitunternehmerin der A-KG, weil sie mit dem Erwerb der Anteile an der A-KG zivilrechtlich Gesellschafterin mit sämtlichen nach dem Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Rechten und Pflichten geworden ist.
Mitunternehmer aufgrund wirtschaftlicher Zuordnung
Außerdem erwarb sie – aufgrund wirtschaftlicher Zurechnung – die Mitunternehmerstellung auch für die davor liegende Zeit, in der ihr die KG-Anteile gesellschaftsrechtlich noch nicht zustanden. Die X-KG wurde durch den Erwerb der Anteile (zivilrechtlich) Gesellschafterin der A-KG für die Zeit vom 1.2. bis 4.2. (vier Tage). Wegen der Zustimmung der Komplementärin zu der Übertragung konnte der Wechsel aufgrund des Vertrags vom 9.1. erst zum 1.2. stattfinden. Die Mitunternehmerstellung ging jedoch bereits mit dem Übertragungsvertrag am 9.1. auf die X-KG über. Denn bereits damit hatte sie eine rechtlich geschützte Position erworben, da die A-KG die Genehmigung zu der Übertragung nur aus wichtigem Grund hätte versagen können und ein solcher Grund nicht ersichtlich war. Da im Gesellschaftsvertrag die handelsrechtlichen Befugnisse nicht abbedungen waren, trug die X-KG auch ein entsprechendes Mitunternehmerrisiko und konnte Mitunternehmerinitiative entfalten. Sie trat in die Mitunternehmerstellung der Veräußerer ein. Die Mitunternehmerstellung entfiel sodann mit der Übertragung der Anteile auf die N-KG aufgrund des Vertrags vom 4.2. Die vereinbarte Rückwirkung der Veräußerung auf den 1.1. ließ die Mitunternehmerstellung nicht rückwirkend entfallen, da der X-KG bis zum Vertragsschluss die vertraglichen Gesellschafterrechte zustanden. Auch hinsichtlich der übrigen übertragenen Anteile hatte die X-KG für eine kurze Übergangszeit eine entsprechende Mitunternehmerstellung inne.
Hinweis: Mitunternehmerstellung schon vor der zivilrechtlich wirksamen Anteilsübertragung
Der BFH bestätigt, dass ein Kommanditist Mitunternehmer ist, wenn seine Stellung nicht wesentlich hinter dem handelsrechtlichen Bild eines Kommanditisten zurückbleibt. Das gilt auch für Gesellschafter von Publikums-Personengesellschaften. Wichtig ist der Hinweis des BFH, dass ein Mitunternehmeranteil aufgrund wirtschaftlicher Zurechnung auch schon vor der gesellschaftsrechtlich wirksamen Übertragung dem Erwerber zugeordnet werden kann, wenn er bereits eine Position erworben hat, die ihm nicht mehr entzogen werden kann. Das war hier der Fall. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass die Komplementärin der A-KG aus wichtigem Grund die Genehmigung der Anteilsübertragung hätte versagen können. Die KG-Beteiligung bestand somit – wirtschaftlich betrachtet – nicht nur für vier Tage (1.2. bis 4.2.), sondern schon vom 9.1. bis 4.2. (3 1/2 Wochen)
Kein Missbrauch bei gesetzlich vorgegebener Gestaltung
Im Übrigen verneint der BFH auch das Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs i. S. d. § 42 AO. Eine Mindestbeteiligungsdauer für den Erwerb einer Mitunternehmerstellung ist gesetzlich nicht vorgesehen. Auch dass der bei der Weiterveräußerung entstandene Gewinn in dem pauschal nach der Tonnage ermittelten Gewinn (§ 5a EStG) aufgeht, während bei einer Tätigkeit der KG als Vermittlerin zwischen Veräußerern und Erwerbern eine Vermittlungsprovision zu Einkünften aus Gewerbebetrieb geführt hätte, ist nicht zu beanstanden, da die X-KG lediglich die vom Gesetz vorgesehenen zivilrechtlichen Gestaltungen verwandt hat.
BFH, Urteil v. 22.6.2017, IV R 42/13, veröffentlicht am 6.12.2017.
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