Hintergrund
K war als Sachbearbeiterin (Chefsekretärin) bei einer GmbH, an der sie zu 5 % beteiligt war, beschäftigt. Neben ihren Lohneinkünften erhielt sie aus ihrer Beteiligung Kapitaleinkünfte von rund 18.000 EUR, auf die die GmbH 25 % Kapitalertragsteuer (nebst Solidaritätszuschlag) einbehielt.
In ihrer ESt-Erklärung für 2011 beantragte K die Besteuerung dieser Einkünfte nach der niedrigeren tariflichen Einkommensteuer. Das FA lehnte dies mit der Begründung ab, K habe aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung der GmbH ausüben können. Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt. Denn das Gesetz (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b EStG) stelle keine besonderen Anforderungen an die berufliche Tätigkeit des Gesellschafters.
Entscheidung
Die Einkünfte aus der Beteiligung an der GmbH fallen grundsätzlich unter den Abgeltungssteuersatz von 25 %. Dies gilt jedoch auf entsprechenden Antrag nicht bei einer Beteiligung von mindestens 1 % und wenn der Anteilseigner beruflich für die Gesellschaft tätig ist (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b EStG). Entgegen der Auffassung des FA ist die Option zur Regelbesteuerung nicht davon abhängig, dass der Gesellschafter aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit für die Gesellschaft einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben kann.
Der BFH beruft sich in erster Linie auf den Gesetzeswortlaut. Dieser ist eindeutig und nicht auslegungsfähig und enthält hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit des Anteilseigners keine Erfordernisse in qualitativer oder quantitativer Hinsicht. Der Gesetzesbegründung lassen sich zwar Anhaltspunkte für die Auffassung des FA entnehmen. In weiteren Ausführungen der Gesetzesbegründung wird diese Aussage jedoch relativiert. Danach ist (ohne Einschränkung) aufgrund typisierender Betrachtung bei Anteilseignern mit einer Beteiligung von mindestens 1 % und bei einer beruflichen Tätigkeit für die Gesellschaft von einer unternehmerischen Beteiligung auszugehen.
Für diese Auslegung spricht auch der Gesetzeszweck. Durch das Wahlrecht soll eine Überbesteuerung aufgrund des Werbungskostenabzugsverbots (§ 20 Abs. 9 EStG) vermieden werden. Da ohne das Antragsrecht der Werbungskostenabzug auch bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeschlossen wäre, widerspräche die Auslegung des FA dem Regelungszweck, eine Überbesteuerung zu vermeiden.
Die Revision des FA wurde daher zurückgewiesen.
Hinweis
Das BMF geht davon aus, dass eine berufliche Tätigkeit von "untergeordneter Bedeutung" für eine Option nicht ausreicht (BMF-Schreiben v. 9.10.2012, BStBl I 2012, 953, Rz. 138). Der BFH hält diese Auffassung für zweifelhaft, da sich auch insoweit im Gesetzeswortlaut keine Anhaltspunkte finden. Im Urteilsfall kam es darauf allerdings nicht an, da die berufliche Tätigkeit der K für die GmbH nicht von untergeordneter Bedeutung war.
BFH, Urteil v. 25.8.2015, VIII R 3/14, veröffentlicht am 7.10.2015
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