Stellplatz ist keine Nebenleistung zur Wohnungsvermietung

Bei der Vermietung von Stellplätzen handelt es sich nach einen Urteil des Thüringer FG nicht stets um eine unselbstständige Nebenleistung zur steuerfreien Wohnungsvermietung, auch wenn Wohnung bzw. Stellplatz von ein und demselben Vermieter an jeweils ein und denselben Mieter vermietet werden.

Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG

Ausgangspunkt des Streitfalls ist eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG, die das Finanzamt zu Lasten des Klägers vorgenommen hatte. Der Kläger hatte einen Gebäudekomplex mit Vorder- und Hinterhaus errichtet sowie Tiefgaragenstellplätze im Verbindungsteil zwischen beiden Häusern. Der Zugang zur Tiefgarage ist möglich, ohne das Mietgebäude zu betreten.

Da nach den ursprünglichen Planungen der gesamte Gebäudekomplex zur kurzfristigen Beherbergung dienen sollte, wurde die Vorsteuer in der Errichtungsphase geltend gemacht. Später änderte sich die Nutzungskonzeption, sodass nur noch ein Teil der Einheiten umsatzsteuerpflichtig zu kurzfristigen Beherbergungszwecken verwendet wurde. Andere Gebäudeteile vermietete der Kläger umsatzsteuerfrei dauerhaft zu Wohnzwecken. Die auf diese Gebäudeteile während der Bauphase geltend gemachten Vorsteuerbeträge werden laufend nach § 15a UStG berichtigt.

Nach den Feststellungen einer beim Kläger durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung bildet die Überlassung einer Wohnung und die Überlassung eines Stellplatzes an den jeweiligen Wohnungsmieter eine einheitliche Leistung, wobei die Stellplatzvermietung als eine unselbstständige Nebenleistung zur steuerfreien Wohnungsvermietung zu qualifizieren sei. Diejenigen Vorsteuerbeträge, die ausschließlich auf die an die Wohnungsmieter überlassenen Stellplätze entfielen, unterlägen somit ebenfalls der Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG.

Vermietung der Stellplätze

Die dagegen erhobene Klage ist begründet. Nach Ansicht des Finanzgerichts haben sich durch die Vermietung der Stellplätze an die Wohnungsmieter die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse nicht geändert, weil die Stellplatzvermietung nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG umsatzsteuerpflichtig erfolgt sei.

Soweit die Finanzverwaltung und die bisherige Rechtsprechung davon ausgehen, dass es sich bei der Vermietung der Stellplätze stets um eine unselbstständige Nebenleistung zur steuerfreien Wohnungsvermietung als Hauptleistung handele, wenn Wohnung bzw. Stellplatz von ein und demselben Vermieter an jeweils ein und denselben Mieter vermietet werden, findet diese rechtliche Wertung nach Auffassung des Finanzgerichts keine hinreichende Grundlage in der EuGH-Rechtsprechung.

So fehlt es im Streitfall am engen räumlichen Zusammenhang zwischen der Vermietung von Wohnungen bzw. Stellplätzen. Dies unter anderem deshalb, weil sich die Tiefgaragenstellplätze nicht unter dem Vorder- bzw. Hinterhaus im Sinne eines einheitlichen Gebäudekomplexes befinden, sondern in einem Zwischenkomplex zwischen Vorder- und Hinterhaus. So war insbesondere externen Mietern von Stellplätzen, an die der Kläger dort keine Wohnung vermietet hatte, der Zugang zur Tiefgarage möglich, ohne das Mietgebäude zu betreten. Auch ist zu berücksichtigen, dass es für die Vermietung von Wohnungen und für die Vermietung von Stellflächen jeweils einen eigenständigen Markt gibt und deshalb deren Anmietung nicht als einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang angesehen werden kann.

Revisionsverfahren beim BFH anhängig

Das Finanzgericht wendet sich mit seiner Entscheidung gegen die langjährige Verwaltungsauffassung, die ständige Rechtsprechung und die herrschende Literaturmeinung. Bislang gilt die Stellungplatzvermietung zu einer steuerfreien Wohnungsvermietung grundsätzlich als Nebenleistung. Dies gilt selbst dann, wenn die Wohnungsvermietung und die Stellplatzvermietung in zivilrechtlich getrennten Verträgen vereinbart werden.

Für die Annahme einer Nebenleistung ist jedoch ein räumlicher Zusammenhang zwischen Grundstück und Stellplatz erforderlich (vgl. ausführlich Abschn. 4.12.2 Abs. 3 UStAE mit Beispielen). Dieser Zusammenhang wird zumindest von der Finanzverwaltung noch bejaht, wenn der Platz für das Abstellen des Fahrzeugs Teil eines einheitlichen Gebäudekomplexes ist oder sich in unmittelbarer Nähe des Grundstücks befindet (z.B. Reihenhauszeile mit zentralem Garagengrundstück).

Der BFH muss nun darüber entscheiden, ob die Vermietung von Fahrzeugstellplätzen in Zusammenhang mit einer Wohnungsvermietung umsatzsteuerpflichtig ist oder ob die Stellplatzvermietung "weiterhin" als untrennbare Nebenleistung das steuerliche Schicksal der Wohnungsvermietung als Hauptleistung teilt (Az beim BFH V R 41/19).

Thüringer FG Urteil vom 27.06.2019 - 3 K 246/19


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