Aktivierung eines Vorsteuererstattungsanspruchs erst mit Veröffentlichung der EuGH-Rechtsprechung
Dass die EuGH-Rechtsprechung der Öffentlichkeit anderweitig bekanntgeworden ist, reicht für die Aktivierung der Forderung noch nicht aus, solange die Finanzverwaltung ihre der Entstehung des Erstattungsanspruchs entgegenstehende Rechtsauffassung tatsächlich noch nicht aufgegeben hat.
Geklagt hatte eine börsennotierte Aktiengesellschaft, der aus Anlass ihres Börsengangs Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden war. Einen Anspruch auf Erstattung dieser Vorsteuer hatte das Finanzamt verneint. Zu der 2005 ergangenen stattgebenden Entscheidung des EuGH in einem gleichgelagerten Musterverfahren zum österreichischen Umsatzsteuerrecht hatte die Finanzverwaltung zunächst die Auffassung vertreten, dass ihr keine unmittelbare Wirkung für die Rechtsanwendung in Deutschland zukomme. Erst im Oktober 2006 wurde das EuGH-Urteil im Bundessteuerblatt für allgemein anwendbar erklärt. Daraufhin wurde die zu erstattende Vorsteuer im April 2007 gegenüber der Klägerin festgesetzt. Gleichwohl sollte die Klägerin den Anspruch darauf nach Ansicht des Finanzamts bereits zum 30. September 2006 in ihrer Bilanz als Aktivposten ausweisen.
Dieser Auffassung hat der 6. Senat des FG Baden-Württembergs widersprochen und der gegen die Aktivierung zu diesem Zeitpunkt erhobenen Klage stattgegeben. Nach den Grundsätzen des sog. Vorsichtsprinzips sei der Anspruch solange nicht zu aktivieren, wie er vom Finanzamt bestritten werde und die Finanzverwaltung insgesamt eine seiner Entstehung entgegenstehende Rechtsansicht vertrete. Dies sei im Streitfall noch bis zum 4.10-2006 und damit noch über den 30.9.2006 (als maßgeblichem Bilanzstichtag) hinaus der Fall gewesen.
FG Baden Württemberg, Urteil v. 8.6.2013, K 2874/12
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