Zurückbehalten von Forderungen bei Praxiseinbringung

Honorarforderungen eines Steuerberaters können als unwesentliche Betriebsgrundlagen bei einer Einbringung nach § 24 UmwStG zurückbehalten werden. Die zurückbehaltenen Forderungen sind als nachträgliche Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit nach § 24 Nr. 2 EStG im Zuflusszeitpunkt zu erfassen.

Hintergrund:

Bringt ein Freiberufler, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, seine Praxis in eine Sozietät ein, muss er anlässlich der Einbringung von der bisherigen Einnahmenüberschussrechung zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG übergehen und eine Übergangsgewinnermittlung durchführen. Im vorliegenden Fall war streitig, ob zurückbehaltene Honorarforderungen im Rahmen einer solchen Übergangsgewinnermittlung zu erfassen sind.

Der Steuerberater S führte zunächst eine Einzelpraxis, in der er den Gewinn nach § 4 Abs. EStG ermittelte. S vereinbarte mit weiteren Steuerberatern die Gründung einer Sozietät und verpflichtete sich, zum 2.1.1997 seine bisherige Praxis unter Aufdeckung aller stillen Reserven in die Sozietät einzubringen. Forderungen und Verbindlichkeiten, die bis zum 2.1.1997 entstanden waren, waren von der Einbringungsverpflichtung ausgenommen.
Das Finanzamt berechnete den Übergangsgewinn des S für 1997, indem es die am 31.12 1996 noch ausstehenden Forderungsbeträge gewinnerhöhend mit einbezog.

Entscheidung des BFH:

Der BFH entschied hingegen, dass S nicht verpflichtet sei, die zurückbehaltenen Honorarforderungen im Zuge der Einbringung seiner Einzelpraxis in die Sozietät als Ertrag in seiner Gewinnermittlung zu erfassen.

Die Voraussetzungen einer Einbringung i.S. des § 24 UmwStG mit der Folge der Begünstigung des Einbringungsgewinns nach §§ 16, 34 EStG lagen trotz der Zurückbehaltung der Forderungen vor, weil diese nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen einer freiberuflichen Praxis gehören (BFH, Urteil v. 13.9.2001, IV R 13/01, BStBl II 2002 S. 287).

Die zurückbehaltenen Forderungen musste S nicht in die Einbringungsbilanz der Sozietät einstellen, da bei der Übergangsgewinnermittlung nur die tatsächlich eingebrachten Wirtschaftsgüter zu erfassen sind. In Bezug auf diese Forderungen findet deshalb auch kein Wechsel der Gewinnermittlungsart statt. Das ist auch nicht erforderlich, weil die Forderungen nach Auffassung des BFH im Restbetriebsvermögen des S verblieben sind, deshalb weiterhin betrieblich verstrickt bleiben und eine spätere Erfassung der Zahlungseingänge als nachträgliche Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit nach § 24 Nr. 2 EStG sichergestellt ist.

Hinweis:

Das Finanzamt hat im vorliegenden Verfahren die Auffassung vertreten, dass es im Falle der Einbringung für die Ermittlung des Übergangsgewinns nicht darauf ankomme, ob der Einzubringende seine Forderungen mit einzubringen hat, diese im Restbetriebsvermögen belässt oder sie ins Privatvermögen übernimmt. Der Gewinn aus diesen Forderungen – so das Finanzamt – realisiere sich in allen Fallgestaltungen spätestens im Zeitpunkt der Einbringung. Alle bisherigen betrieblichen Vermögenswerte seien in der Übergangsbilanz zu erfassen. Andernfalls könne die Entstehung eines Übergangsgewinns vermieden werden. Ließe man die Forderungseingänge zeitlich unbegrenzt zu, verstoße dies gegen den Grundsatz der Gewinngleichheit. Diese Auffassung hatte der dem Revisionsverfahren beigetretene Bundesminister der Finanzen (BMF) unterstützt und vertieft.

Der BFH hat mit seiner Entscheidung dieser Auffassung eine Absage erteilt. Den Grundsatz der Gewinngleichheit sieht er damit schon deshalb nicht verletzt, weil die Gesamtgewinngleichheit erst mit dem letzten Geldeingang bei S erreicht sein müsse. Einen bestimmten zeitlichen Zusammenhang zwischen der Praxiseinbringung und der zu erwartenden Einziehung der Forderungen hält der BFH nicht für erforderlich. Er sieht darin auch nicht die Gefahr von „ewigem“ Betriebsvermögen. Denn entweder macht S seine Forderungen gerichtlich geltend und setzt damit den Einziehungsprozess in Gang oder es kommt nach bürgerlichem Recht nach drei Jahren zur Verjährung der Honorarforderungen, was zu deren Entwertung führt.

Der BFH sieht deshalb ausdrücklich auch keine Notwendigkeit für die Fiktion einer Entnahme der Forderungen ins Privatvermögen im Zeitpunkt der Einbringung, wie sie der BMF im BMF-Schreiben zur Anwendung des UmwStG v.11.11.2011 (BStBl I 2011 S. 1314) vertritt.

Urteil v. 4.12.2012, VIII R 41/09, veröffentlicht am 20.2.2013

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