Zuzahlungen des Arbeitnehmers für den Dienstwagen
Hintergrund: Minderung des Arbeitslohns um Zuzahlungen für den Dienstwagen
Streitig war, ob bei Einbeziehung der privaten Pkw-Nutzung die Pauschalierungsgrenze von 450 EUR überschritten wurde.
Der Rentner R war bei einer GmbH geringfügig beschäftigt. Geschäftsführer war sein Sohn. Der monatliche Arbeitslohn bestand aus einem Gehalt von 75 EUR (!) und dem (nach der 1 %-Regelung ermittelten) Vorteil von 574 EUR aus der privaten Nutzung eines Dienstwagens.
Von dem Betrag von 574 EUR zog die GmbH monatlich 200 EUR ab, da R für die Anschaffung des Pkw in 2010 (einmalig) 20.000 EUR für den Nutzungszeitraum von 8 Jahren (96 Monate zu 200 EUR) gezahlt hatte (574 EUR ./. 200 EUR = 374 EUR). Dementsprechend ging die GmbH von einem Brutto-Monatsverdienst von 75 EUR + 374 EUR = 449 aus, so dass die Pauschalierungsgrenze (450 EUR) nicht überschritten war.
Das FA vertrat dagegen die Auffassung, die Zuzahlung sei nicht anteilig auf den Nutzungszeitraum zu verteilen. Die Zuzahlung sei im Zahlungsjahr auf den privaten Nutzungswert bis auf 0 EUR anzurechnen (574 EUR x 12 = 6.876 EUR). Der verbleibende Betrag sei sodann entsprechend in den Folgejahren anzurechnen. Damit sei die Minderung des privaten Nutzungsanteils bereits in 2010 bis 2012 ausgeschöpft, so dass ab 2013 der geldwerte Vorteil mit jährlich 6.876 EUR anzusetzen sei. Für das Streitjahr 2015 sei folglich ein Arbeitslohn von 75 x 12 = 900 EUR + 6.876 EUR = 7.776 EUR anzusetzen, so dass mit dem Monatsbetrag von 648 EUR die Pauschalierungsgrenze überschritten sei. Das FA veranlagte dementsprechend den R für 2015 ausgehend von einem Bruttoarbeitslohn von 7.776 EUR (abzüglich eines Werbungskosten-Pauschbetrags von 1.000 EUR).
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage des R statt. Die vereinbarte Verteilung der Zuzahlung auf die voraussichtliche Nutzungsdauer des Kfz sei anzuerkennen.
Entscheidung: Anerkennung einer zeitraumbezogenen Vereinbarung
Der BFH folgt dem FG und wies die Revision des FA zurück. Die Pauschalierungsgrenze ist nicht überschritten. Der pauschal besteuerte Arbeitslohn bleibt damit bei der Veranlagung des R außer Ansatz (§ 40 Abs. 3 EStG).
Minderung des geldwerten Vorteils
Zahlt der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber für die Nutzung eines betrieblichen Kfz zu privaten Fahrten (und zu Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte) ein Nutzungsentgelt, mindert dies den geldwerten Vorteil aus der Nutzungsüberlassung. Das Gleiche gilt, wenn der Arbeitnehmer einzelne Kosten des Pkw trägt (BFH v. 30.11.2016, VI R 2/15, BStBl II 2017, 1014, BFH v. 30.11.2ß16, VI R 49/14, BStBl II 2017, 1011) oder einen Teil der Anschaffungskosten übernimmt.
Verteilung zeitraumbezogener Einmalzahlungen
Einmalzahlungen, die der Arbeitnehmer für die Privatnutzung vereinbarungsgemäß zeitraumbezogen leistet, sind bei der Bemessung des geldwerten Vorteils auf den Zeitraum, für den sie geleistet werden, gleichmäßig zu verteilen und monatlich vorteilsmindernd zu berücksichtigen. Das gilt – entgegen R 8.1 Abs. 9 Nr. 4 (jetzt) Sätze 2 und 3 LStR und BMF v. 4.4.2018, IV C 5-S 2334/18/10001 (BStBl I 2018, 592, Rz 61) auch bei entsprechenden Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten eines ihm auch zur Privatnutzung überlassenen betrieblichen Kfz.
Anerkennung einer vertraglichen Aufteilung
Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Zahlungsweise und die sachliche (für Kraftstoff, Versicherung, Wartung usw.) oder die zeitliche Aufteilung sind anzuerkennen, sofern sie ernstlich gewollt sind und den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht widersprechen. Hiervon ausgehend ist die zwischen R und der GmbH vertraglich vereinbarte Verteilung der Zuzahlung zu den Anschaffungskosten der Besteuerung zugrunde zu legen. Die gleichmäßige Aufteilung der Einmalzahlung auf den vereinbarten Zeitraum von 96 Monaten stellt eine nach den wirtschaftlichen Gegebenheiten mögliche Gestaltung dar. Durch sie wird die Zuzahlung gleichmäßig auf die von den Vertragsparteien zugrunde gelegte voraussichtliche Dauer der Kfz-Überlassung verteilt. Die zeitliche Aufteilung erscheint weder willkürlich noch widerspricht sie den wirtschaftlichen Verhältnissen.
Kein Rechtsmissbrauch
Die zwischen R und der GmbH getroffene Gestaltung ist auch nicht rechtsmissbräuchlich. Die gleichmäßige Verteilung der Zuzahlung auf 96 Monate führt dazu, dass der Arbeitslohn des R pauschal besteuert werden kann. Die Pauschalierungsgrenze ist eingehalten. Die von R und der GmbH gewählte Möglichkeit wird vom Gesetzgeber ausdrücklich eingeräumt. Die Ausübung eines gesetzlich zugelassenen Wahlrechts stellt keine unangemessene Gestaltung dar.
Hinweis: Gestaltungsmöglichkeit
Die Entscheidung verdeutlicht, dass über eine Verteilung der Zuzahlung die Pauschalierungsgrenze eingehalten werden kann. Das setzt allerdings eine der Fremdüblichkeit entsprechende ernsthafte und klare Vereinbarung voraus. Fehlt es daran, verbleibt es bei der Zuordnung nach der Verwaltungsregelung, d.h. bei der Anrechnung der Zuzahlung auf den Nutzungswert im Zahlungsjahr und den Folgejahren bis auf 0 EUR, so dass nach verbrauchter Anrechnung keine Minderung des Nutzungswerts verbleibt. Übersteigt die Zuzahlung den Nutzungsvorteil, führt der übersteigende Betrag weder zu negativem Arbeitslohn noch zu Werbungskosten (BFH v. 30.11.2016, VI R 49/14, BStBl II 2017, 1011).
Zweifel an der Fremdüblichkeit des Arbeitsverhältnisses
Da der Sohn des R Geschäftsführer der GmbH war, könnte eine familienbedingte und damit steuerunerhebliche Unterhaltszahlung an R vorliegen. Der BFH konnte die Frage offen lassen. Denn bei Anerkennung wie bei Nichtanerkennung des Arbeitsverhältnisses muss die Gehaltszahlung (Lohn und Kfz-Nutzung) bei der Veranlagung des R als pauschalierter Arbeitslohn außer Ansatz bleiben.
BFH Beschluss vom 16.12.2020 - VI R 19/18 (veröffentlicht am 24.06.2021)
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